Irving Penn in Salzburg

Die Galerie Thaddeaus Ropac zeigt in Salzburg lange verborgene Fotografien des legendären Vogue-Fotografen Irving Penn. Obwohl sie die Ästhetik seiner Modeaufnahmen teilen, verstärkt „The Bath“ sein skulpturales Verständnis für Körperformen nochmals.

Es ist eine eigentümliche Geschichte, die wir eher aus Romanen kennen: Die aktuell in Salzburg präsentierten Fotografien lagen ewig nicht ausgearbeitet in Irving Penns Atelier. Die Galerie Ropac zeigt nun seine Hommage an eine Choreographie.

Streng in Gruppen von vier oder einzeln auf einer Höhe gehängt, erzählt die Ausstellung formal nichts von dem Kontext, dem die Bilder entstammen. Irving Penn wurde 1967 für seine berühmte Dokumentation unterschiedlicher Milieus und Figuren des Summer of Love in San Francisco beauftragt, die als „The Incredibles“ erschien. Ohne Anna Halprin je getroffen zu haben, machte er ihre choreographische Arbeit zu einem Teil davon. Im Magazin Look wurden die Fotografien der nackten Tänzer:innen allerdings nie veröffentlicht; die Herausgeber:innen hielten sie für zu explizit. Der Schritt, die 14 ausgewählten Bilder mit von Penn gewohnter Präzision als Silbergelatinedruck auszuarbeiten, passierte erst 1995 durch die Anfrage der Choreographin für ihr Archiv.

Ihre Tanzkompanie galt als radikal für die Zeit, weshalb Penn sie wohl in die Charakterisierung aufnehmen wollte. „The Incredibles“, wo Hell’s Angels, Hippies und Rocker sich in Studiomodels verwandeln, hat viel gemein mit seinem mehr als 100 Vogue-Covers prägendem Stil. Vergleicht man „The Bath“ aber mit dem Rest der Fotodokumentation, so stechen die Fotografien heraus. Sie entbehren Penns sonst strenger Inszenierung, bei der jedes Detail vorherbestimmt wirkt. Die Bilder verkörpern dieselbe Präzision in der Lichtführung und wirken doch spontaner – gemeinsam ist ihnen lediglich der Studiohintergrund. Separiert von der Serie hängen in einem anderen Raum Porträtfotografien (Picasso, Cocteau und Balthus) sowie zwei Papierarbeiten von Penn.

Irving Penn, The Bath (F) (Dancers' Workshop of San Francisco), 1967 Gelatin silver print, print made 1995, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul © The Irving Penn Foundation

Eine Mischung aus Aquarellfarben, Pigment und Gummi erzeugt Flächen, die an Farbfotogramme erinnern – und damit neben der tänzerischen noch auf andere künstlerische Avantgarden verweisen. Darüber hinaus verbinden sich die Arbeiten jedoch nicht mit den Bildern der Choreographie.

Die Tänzer:innen kommen Penns skulpturalen Verständnis von Körpern im Bild entgegen, weil sie sich mit ihren Gesten beim Waschen in bloße Formen verwandeln, wenn sie sich berühren oder umschlingen. Anstatt der Performance wird eher der Eindruck einer Skulpturengruppe vermittelt und so eigentlich auch die vorgeworfene Erotik aus den Bildern genommen. In der aufgenommenen Probe fehlen zudem Wassergefäße, wodurch das Waschen gegenüber den Szenen der Berührung unwichtig wird. „The Bath“ wurde mehrmals vom San Francisco Dance Workshop aufgeführt und in Rezensionen für die Intimität gelobt – nicht aufgrund der Nacktheit, sondern wegen der emotionalen Nähe zu den Tänzer:innen. Anna Halprins Ansatz, Bewegungen auf Wesentliches zu reduzieren und Alltägliches zum Ritual zu machen, überträgt sich in Irving Penns Aufnahmen, welche die fürsorglichen Gesten spürbar machen und festhalten. Einzig, wenn Daria Halprin, die Tochter der Choreographin, die Teil des Workshops war, sich in einem Bild den Betrachter:innen zuwendet, bricht der Eindruck von Körpern, die sich organisch zusammenfügen und um einander kümmern.