Nachgefragt

Im Gespräch mit Herbert Brandl

Reale Berge oder bewaldete Seenlandschaften inspirieren Herbert Brandl zu seinen mehr oder weniger assoziativen Bildern. Der international umtriebige 65-Jährige erweist sich in der Innsbrucker Galerie Elisabeth & Klaus Thoman wieder einmal als Neuerfinder seiner selbst. Edith Schlocker hat ihn für unser Rubrik Nachgefragt zum Gespräch gebeten. Ihren Artikel zur Ausstellung finden sie hier.


PARNASS: „Portage“ ist der Titel Ihre Ausstellung in der Innsbrucker Galerie Elisabeth & Klaus Thoman. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Herbert Brandl: Dieser Titel bezieht sich auf eine Reihe von Bildern, die von Youtube-Videos inspiriert sind, in denen es um die riesigen, von Seen durchsetzten Waldgebiete im Norden Kanadas geht. „Portage“ bedeutet die schwierigen Übergänge von einem See zu einem anderen genauso wie der von einem meiner großen Bilder zu einem anderen, die für mich letztlich so etwas wie aus Farben generierte Seenlandschaften sind.

P: Wie sehr sind Ihre Bilder geplant bzw. Ergebnisse eines intuitiven Malprozesses?

HB: Ich habe schon einen Plan, der allerdings spontan in eine andere Richtung ausschlagen kann. Folge ich bei meinem Tun doch prinzipiell dem Fluss der Malerei, versuche, auf sich ergebende Situationen malerisch zu reagieren, was höchst spannend, weil immer aufregend neu ist. Im Endeffekt malen sich meine Bilder sozusagen fast selbst, indem ich letztlich meinen Widerstand aufgebe, bestimmen zu wollen, was passiert. Wobei es mir schon wichtig ist, die Kontrolle über das, was sich auf der Leinwand tut, zu bewahren.

P: Lange sind Sie als Bergmaler abgestempelt worden, wogegen Sie sich immer verwehrt haben. Trotzdem spielen Berge auch in Ihren neuen Bildern eine zentrale Rolle.

HB: Ich sehe prinzipiell keinen Unterschied zwischen einem rein abstrakten Bild und einem, das Konkretes assoziiert. Wobei die Faszination an schroffen weißen Gipfeln wahrscheinlich mit kindlicher Prägung zusammenhängt, obwohl ich selbst kein Bergsteiger bin. Trotzdem haben meine Bergbilder letztlich durchaus reale Hintergründe, inspiriert durch Fotos oder Filme. Immer mehr fasziniert mich neben der menschenfeindlichen Archaik des Hochgebirgigen aber auch der Wald, nicht zuletzt das sanft Hügelige meiner südsteirischen Heimat.

HERBERT BRANDL | Atelieraufnahme, 2019 I Foto: Sabine Klimpt

HERBERT BRANDL | Atelieraufnahme, 2019 I Foto: Sabine Klimpt

P: Technisch sind Sie ein Experimentierer, der sich ständig neu erfindet. Wenn Sie etwa einen Gipfel in weißer Farbe auf eine Leinwand malen und diese dann auf eine leere, monochrom schwarz grundierte Leinwand klatschen.

HB: Das ist eine für mich spannende Variante der Monotypie. Nicht zuletzt durch die sich ergebenden minimalen dreidimensionalen Strukturen, die an immer feiner werdende Verästelungen von Pflanzen, Bäumen oder Blutgefäßen erinnern. Eingeschrieben in die große, durch die Technik des Abklatschens, fragmentierte Form.

© Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / WEST.Fotostudio

P: Das Ergebnis sind Bilder, die durch die Reduktion auf die Nicht-Farben Schwarz und Weiß letztlich das Flair des abweisend Kalten verströmen, das durch die Poesie der feinen Binnenzeichnung wunderschön relativiert wird. Obwohl in Ihrer Kunst eigentlich die Farbe die zentrale Rolle spielt.

HB: Mein Schwarz ist für mich allerdings eigentlich ein dunkles Blau oder Braun. Die Bilder, die Sie meinen, male ich ausschließlich im Sommer. Bin ich bei dem, was ich tue, doch sehr vom Licht abhängig. Es verändert mich und meine Wahrnehmung und letztlich mein malerisches Denken, grundlegend. Das ist leider so.

P: Allerdings überarbeiten Sie Ihre Bilder oft mehrmals, weshalb es oft Jahre dauert, bis für Sie eine Arbeit fertig ist.

HB: Das mach ich besonders bei Arbeiten, die auf einen ersten Blick glauben lassen, dass sich in ihnen nur wenig tut. Obwohl immer wieder ganz kleine, auch farbliche Veränderungen stattgefunden haben, sozusagen eine Sedimentation über einen längeren Zeitraum hinweg.

© Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / WEST.Fotostudio

P: Ihre komplett ungegenständlichen „Sommerbilder“ leben nicht nur durch die Sinnlichkeit des Farbigen, sondern auch durch die Spannung im Nebeneinander expressiver Pinselattacken und poetisch feiner Zonen, die Sie auf die Leinwand sprühen.

HB: Die Wahl der Technik ist sekundär. Sprühen ist für mich in Ordnung genauso wie der Pinsel und die Küchenrolle. Manchmal spazier‘ ich auch über ein Bild oder fahr‘ mit dem Besen drüber.

P: Die Deutung Ihrer Bilder lassen Sie bewusst offen. Da helfen auch die Titel nicht wirklich weiter.

HB: Eine konkrete Deutung wäre in den meisten Fällen auch nicht wirklich festlegbar. Auch die Titel sind eher als halbpoetische Annäherung zu verstehen. Sind letztlich dazu da, neugierig zu machen.

© Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / WEST.Fotostudio

P: Was für Projekte stehen in nächster Zeit an?

HB: Ich bereite gerade eine große Personale in einer Frankfurter Galerie vor, geplant sind weiters Ausstellungen in Budweis und Peking.

P: Peking klingt gut. Pflegen Sie doch ein großes Faible für ostasiatische Kalligrafien wie auch für die Eleganz der Kunst der Schwertkämpfer.

HB: Deren Schwerthiebe müssen genauso sitzen wie die Pinselhiebe auf der Leinwand. Diese Faszination ist ungebrochen, die für Fernreisen allerdings eher nicht.

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck

Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck
Österreich

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