Gallery Diary - Galerie Lindner | Heinz Gappmayr

Die aktuelle Situation bedeutet eine enorme Belastung für die Kultur- und Kreativwirtschaft und auch für uns als Kunstmagazin. In dieser Zeit wollen wir unseren Beitrag leisten und geben Ihnen täglich Einblicke in die Ausstellungen der Galerien. Die Ausstellung ist noch bis 30. Mai zu sehen.


Das Elementare der Text- und Linienkonstruktionen besteht in der Insistenz auf die Allgegenwart des Raumes. Der konzeptuelle Ansatz und die formale Struktur bedingen sich gegenseitig. Raum und Zeit sind keine Wahrnehmungsobjekte. Die evokative Intensität der Begriffe wird erkennbar in den Veränderungen der Rezeption von Sichtbarem durch Indikatoren. Sprache und geometrische Formen bilden in der Vorstellung ein konstruktives Ganzes, das den Raum als zentrale Instanz voraussetzt. Das Werk Heinz Gappmayrs wird bestimmt von seinem Material, der Sprache, wobei der Begriff des Materials in diesem Zusammenhang problematisch ist. Er suggeriert eine Diskrepanz zwischen Oberfläche und dahinter liegender Bedeutung. Normalerweise ist das Material das Werkzeug des Künstlers. Das Wesentliche wird scheinbar dahinter sichtbar. Im Werk von Heinz Gappmayr jedoch ist das Verhältnis zwischen Materialität und Bedeutung viel komplexer. Dies liegt an der Struktur des „Materials“ selbst.

Die Sprache erscheint uns als etwas Selbstverständliches und Natürliches. Sie ist alltägliches Kommunikationsmittel, wir sind umgeben von Sprache und bedienen uns der Sprache durch das Sprechen und die Schrift. Die Sprache ist untrennbar mit dem Menschen verbunden. Wir teilen uns mit, hören zu, schreiben und lesen. Durch den natürlichen Prozess des Spracherwerbs sind wir es nicht gewohnt, über das Wesen der Sprache zu reflektieren. Wir reduzieren die Sprache oft auf ihre bloße Funktionalität, d.h. auf die Vermittlung von Inhalten. Diese Inhalte lassen die Sprache selbst in den Hintergrund treten. Dies gilt nicht nur für Aspekte des Alltäglichen, wie etwa in Gesprächen, Briefen oder anderen dialogischen Situationen. Auch in der Literatur ist die Sprache die Konstruktion einer Wirklichkeit, die außerhalb der Sprache selbst liegt. Es geht um narrative Kontexte, um Befindlichkeiten oder zwischenmenschliche Beziehungen. In der Dichtung spielen verschiedene Aspekte der Sprache wie Klang, Reim und Metaphorik eine wichtige Rolle, doch auch sie vermitteln das Bild einer außersprachlichen Welt, wie etwa in Landschaftsgedichten oder in der Liebeslyrik.

 

Multiple ZEIT, 1992/2020, Standardkartonschachtel für A4, 22 x 31 cm mit Siebdruck 21 x 29,7 cm, Auflage 15 + V, auf der Rückseite der Schachtel mit Nachlasstempel signiert

In Gappmayrs Werk ist die Sprache weit mehr als künstlerisches Werkzeug. Sie ist zugleich Material und Kunstgegenstand.

Die Bedeutung der Begriffe bestimmt die künstlerische Intention und Qualität. Daher die Vorliebe Heinz Gappmayrs für kategoriale Bestimmungen wie Zeit und Raum oder Begriffe, die Aspekte des Ontologischen umfassen wie Wahrnehmung, ist, sind, Licht, Gegenstand oder Objekt. Dies impliziert einen stark existentiellen Kern in Gappmayrs Werk, aber nicht in einem narrativ diskursiven Sinn. Vielmehr ist die Sprache selbst untrennbar mit dem Menschen verbunden. Die Rezeption der Werke, die konzeptuelle Bedeutung von Sprache, ihre Ideenhaftigkeit und die Priorität des Vorgestellten, dies alles wird in den Werken Heinz Gappmayrs erfassbar als ungeheuerliches, ja letztlich unbegreifliches Phänomen, das in der Kunst eine adäquate Form findet. Das Geheimnis der Voraussetzungen unseres Denkens und des Erfassens von Sinn, die Schönheit und Komplexität eines Systems sprachlicher Zeichen wird hier als künstlerische Realität sichtbar.


IMPRESSIONEN

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