Doppelschlag in Graz: Sonja Gangl & Meta Grgurevič im Künstlerhaus

Sonja Gangl, I borrowed optimism from the past, 2020, Ausstellungsansicht Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien, Graz, Foto: Thomas Gorisek

Sonja Gangl borgt für ihre aktuelle Ausstellung im Künstlerhaus in Graz den Optimismus der 1950er-Jahre und erprobt erstmals das Feld der Abstraktion. Dafür leiht sie sich die Bildformate der Heroen der amerikanischen Kunstgeschichte. Ein wohltuendes Ausstellungserlebnis.


Die 1965 in Graz geborene Schülerin Markus Prachenskys und Ernst Caramelles ist kein unbeschriebenes Blatt in Österreich. 2018 erst erhielt Sonja Gangl den Würdigungspreis für Bildende Kunst des Landes Steiermark für ihre präzise gezeichneten Naturstudien. Dem folgend wollte sie sich nun in eine andere Richtung herausfordern und schlägt ein neues Kapitel auf – die Abstraktion.

Große Linien durchziehen ihre Einzelausstellung im Hauptgeschoss des Künstlerhauses Graz. „Supra-Linien“, wie Gangl sie nennt. „Diese Malerei ist ein Widerspruch in sich. Es ist scheinbar gestische Malerei, die so tut als wäre sie schnell“, eigentlich aber entsteht sie in feinster Akribie. Die gemalten Motive der Serie gehen auf Bleistiftzeichnungen zurück, Vorarbeiten, die die Künstlerin für frühere Zeichnungen fertigte, sozusagen um das Material vorzubereiten – Stärke und Qualitäten zu proben und den Stift für die Zeichnung zu präparieren.

Der Zwischenschritt wird nun zum Akteur, indem Gangl diese Notizen des Prozesses überdimensional in Acryl gemischt mit Grafitpigment ausformuliert. Weil der Abrieb des Zeichenwerkzeuges ein „bewusster Akt“ ist, wie sie erklärt, ist es mehr als eine Kritzelei, denn „Papieroberfläche ist sehr empfindlich und verletzbar“, es ist also „eine andere Form der Konzentration“, die den Arbeiten innewohnt, erklärt Gangl. Eine Konzentration die sich im Kleinen und nun auch im Großen sehenswert ausgestaltet.

Sonja Gangl, I borrowed optimism from the past, 2020, Ausstellungsansicht Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien, Graz, Foto: Thomas Gorisek

Sonja Gangl, I borrowed optimism from the past, 2020, Ausstellungsansicht Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien, Graz, Foto: Thomas Gorisek

Bewusst fällt die Wahl der Größe der Formate aus und gibt den Arbeiten so interessanten konzeptuellen Mehrwert. Angelehnt an die kunsthistorischen Vorbilder des Abstrakten Expressionismus der späten 1940er- bis frühen 1960er-Jahre borgt Gangl die Bilddimensionen von Rothko, Pollock und Motherwell. Wie Kuratorin Jana Fratze es beschreibt, schreitet Gangl so auf „Gleichschritt mit ihren künstlerischen Ahnen“.

Diese Malerei ist ein Widerspruch in sich.

Sonja Gangl

Ein Bruch in Farbe, ebenfalls in der Schau in mehreren Varianten zu sehen, bezieht seine Formate auf Arbeiten von Lee Krasner, die Künstlerin, die lange im Schatten ihres berühmten Mannes stand und oft auf alten Leinwänden Jackson Pollocks arbeitete. So prägen Fragen nach Autorenschaft und medienreflexives Denken Gangls Herangehensweise. In Graz präsentiert sie einen harmonischen Schnitt in vier Werkzyklen der die Architektur des Hauses formal wie inhaltlich neckt und einen markanten Punkt im Œuvre der Künstlerin ausbalanciert.


Meta Grgurevič

Zeitgleich zur Ausstellung Sonja Gangls eröffnete Ende Jänner 2020 im Untergeschoss der Ausstellungshalle eine zweite Personale, die ebenfalls bis Anfang April zu sehen sein wird. Meta Grgurevič, 1979 in Ljubljana geboren, verwandelt die zweite Ebene des Künstlerhauses zu einem wunderlichen kinetischen Parcours. „Impossible Machines“ ist eine Ausstellung in zwei Teilen, die gleichzeitig in Maribor und Graz stattfindet und Schlüsselwerke der Künstlerin aus den letzten acht Jahren zeigt. Darunter eindrucksvolle Installationen, die atmosphärisch verführen.

Gespiegelte, automatisierte Sanduhren und selbstdichtenden Schreibmaschinen tauchen den White Cube in eine Neugierde weckende Filmkulisse mit Willy Wonka Assoziationen. Das eine oder andere Indiz gilt es aber zu erspüren, dass es hier um weniger oberflächliche Überlegungen geht, als der Schein vermuten lässt. Ein Beispiel: Über den Verlauf der Ausstellung trennt sich ein gestricktes Stück Kleidung nach und nach auf – für das Auge kaum wahrnehmbar verändert sich die Darstellung im Raum ebenso unbemerkt wie unser Umgang mit Waren, Maschinen und Technik sich kaum bemerkt immerzu an äußere Umstände anpasst, wobei der eine oder andere Aspekt wohl auf der Strecke bleibt und sich unwiederbringlich in Luft auflöst.

Künstlerhaus Halle für Kunst & Medien

Burgring 2, 8010 Graz
Österreich

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