Elisabeth Noever-Ginthör im Gespräch

Die Kreativwirtschaft vernetzt sich: Creative Days Vienna

Marshmallow Laser Feast, Works of Nature, ACMI, 2023. Foto: Eugene Hyland,© Marshmallow Laser Feast.

Wie prägen digitale Technologien die Zukunft von Kunst und Kultur? Das befragen am 5. und 6. Juni 2024 die Creative Days Vienna 2024, die im Rahmen des Startup-Festivals ViennaUP stattfinden.


Sie bieten Gelegenheit die Schnittstellen von Kreativwirtschaft und Technologie zu erkunden und laden alle Kreativschaffenden Wiens zur unkomplizierten Vernetzung ein. Expert:innen unterschiedlichster Sparten stehen für Gespräche offen, zusätzlich werden Workshops, Touren, Vorträge aber auch Performances geboten – bei freiem Eintritt. Ein Gespräch mit Elisabeth Noever-Ginthör, Abteilungsleiterin Creativity & Business der Wirtschaftsagentur Wien, die das Festival ausrichtet.

PARNASS: Worum geht es bei den Creative Days Vienna und wer wird hier angesprochen?

Elisabeth Noever-Ginthör: In diesem Jahr sind wir in der fünften Ausgabe der Creative Days Vienna. Sie sind unser Format, um technologische Auswirkungen auf Kreativität zu untersuchen – wie verändern sie den kreativen Prozess selbst? Was bedeuten sie für die Vermarktung und die Produktion von kreativen Produkten? Niemand kann es sich heute mehr leisten, sich nicht mit Technologie auseinanderzusetzen. Das Wesentliche dabei ist, ein Verständnis zu entwickeln, wie wichtig es ist, Technologie zu gestalten, sie positiv zu nutzen und mit den eigenen Inhalten zu konnotieren.

P: Was ist 2024 neu?

ENG: Dieses Jahr agieren die Creative Days unter erneuerter Ausrichtung. Einerseits haben wir uns mit der Klima Biennale kurzgeschlossen, alle Formate nehmen Bezug auf aktuelle Fragen des Klimawandels. 

Lilli Noever-Ginthör, Wirtschaftsagentur Wien, Foto: Karin Hackl

Lilli Noever-Ginthör, Wirtschaftsagentur Wien, Foto: Karin Hackl

Übrigens ist das auch ein Schwerpunkt in allen Förderprogrammen der Wirtschaftsagentur: die Chance eine Subvention zu erhalten, fällt deutlich höher aus, wenn auch Umweltziele im Vorhaben formuliert sind. Andererseits liegt ein zweiter Fokus der Creative Days auf unserem derzeitigen Förderschwerpunkt „Culture & Technology: Fokus Festivals“: Wie können wir Wiener Kulturfestivals dabei unterstützen, kreative technologische Lösungen im Festivalbetrieb einzusetzen.

P: Aus diesen beiden Schwerpunkten speist sich das Programm, so findet der erste Tag am Festivalareal der Klima Biennale am Nordwestbahnhof statt.

ENG: Wir sind mit der Biofabrique Vienna auf der Klima Biennale Wien vertreten – es handelt sich um die erste Biofabrique im urbanen Raum in Europa. In diesem Pilotprojekt bespielen wir einen Raum auf dem Festivalgelände, in dem aktiv an neuen Materialen aus dem Ressourcenpool der Stadt geforscht wird. Gemeinsam mit Artivive bieten wir im Rahmen der Creative Days einen Workshop an, der den Fragen nachgeht: Wie lassen sich Forschungsergebnisse anders abbilden und vermitteln? Wie kann man Materialrechercheprozesse sichtbar machen? ­­

P: Ein großes Highlight ist am ersten Tag das Opening Event. Unter anderem wird hier eine Keynote von Barnaby Steel geboten, dessen Virtual Reality Produktion „Evolver“ vor wenigen Tagen in Cannes gefeiert wurde. Wie kam es zu diesem tollen Programmpunkt?

ENG: Mit Barnaby Steel arbeiten wir schon länger und es ging darum jemanden zu finden, der sich aus kreativ-technologischer Sicht mit dem Klimawandel beschäftigt. Barnaby Steel und sein Experiential Art Collective Marsmallow Laser Feast erzählen in einer sensitiven, sensiblen Weise, wie Mensch, Natur und Technologie zusammenspielen. Es geht ihm dabei, wie er selbst sagt um „a deeper sense of wonder“. Er wird dieses Jahr auch eine Masterclass halten, die im kleineren Rahmen Austauschmöglichkeiten bietet. Sie ist schon ausgebucht, doch die Keynote im Rahmen des Openings ist offen für alle. Zu erleben wird es an diesem Abend auch eine performative und interaktive Klanginstallation von Maja Osojnik mit dem Black Page Orchestra in Kooperation mit Wien Modern geben.

Civa Nikohavranek, 2023, Tour

Civa Nikohavranek, 2023, Tour

P: Seit 20 Jahren investiert die Stadt Wien in die Kreativwirtschaft. Ist die Schnittstelle von Kultur und Technologie hier ein besonderes Interesse?

ENG: Die Kreativszene in Wien ist auch ein starker Wirtschaftsfaktor. Rund 18.000 Unternehmen sind in diesem Bereich tätig. Die Kreativwirtschaft erwirtschaftet einen Bruttoumsatz von ungefähr 12 Milliarden Euro jährlich und überholt damit die Bauwirtschaft sowie Tourismus und Gastronomie. Culture & Technology ist ein Schwerpunkt, den wir seit mehreren Jahren legen, ein Jahresprogramm mit den Creative Days als Highlight. Dazu gehören auch eine eigene Podcast- Reihe, maßgeschneiderte Förderprogramme und Workshops zum Thema, verteilt über das ganze Jahr. 2023 haben wir beispielsweise eine Förderung für technologische Innovationen für Museen ausgeschrieben und dieses Jahr liegt der Schwerpunkt dieser Förderung auf Wiener Kulturfestivals. Die erste Runde unserer Förderung „Culture & Technology: Fokus Festival“ ist bereits abgeschlossen und brachte tolle Projekte hervor – darunter etwa der Independent Space Index, Open House, das junge Festival FAVOURITE FALL, aber auch Wien Modern.

P: Die Festivals sind am zweiten Tag der Creative Days Teil des Programms. Was erwartet uns am 6. Juni?  

ENG: Am Vormittag touren wir in das Brick 15 zum großen Netzwerktreffen, hier gibt es noch freie Plätze, zu denen ich herzlich einlade. In Einzelsessions kann man sich in diesem offenen Format mit Expert:innen austauschen. Persönliche Projekte aus dem Gaming Bereich können außerdem in einem Workshop mit Garnett Lee weiterentwickelt werden; es gibt die Gelegenheit mit ihm, einem der führenden Gaming Produzenten, im kleinen Rahmen zu besprechen, wie man sein eigenes Game am besten herausbringt. Dann geht es nachmittags ins Belvedere 21 zu einem Diskursprogramm, das wir gemeinsame mit dem Medienkunstfestival CIVA programmiert haben. „Was ist eigentlich Intelligenz, wie entsteht sie?“ ist dort die zentrale Frage. Wir haben dazu auch gerade einen Podcast mit James Bridle, Medienkünstler und Technologieautor, gemacht. Mit seinem Statement „Intelligence emerges from the world, it is not just something that exists in our heads“ – bezieht er Natur, Umwelt und Technologie in die Debatte über Intelligenz mit ein. Gleichzeitig wird Bernhard Günther, der künstlerische Leiter von Wien Modern, sein Programm vorstellen. Im Anschluss besuchen wir das Haus der Republik der Wiener Festwochen.

Marshmallow Laser Feast, Works of Nature, ACMI, 2023. Foto: Eugene Hyland, courtesy of Marshmallow Laser Feast.

Marshmallow Laser Feast, Works of Nature, ACMI, 2023. Foto: Eugene Hyland, courtesy of Marshmallow Laser Feast.

P: Welche Teilnehmer treffen bei den Creative Days zusammen?

ENG: Die Creative Days finden im Rahmen des Startup-Festivals Vienna­Up statt, das ist für uns sehr interessant, weil dieser Kultur und Technologie-Schwerpunkt stark in die Startup-Szene hineinspielt. Über die ViennaUp kommen viele internationale Gäste nach Wien und es ergeben sich immer wunderbare neue Verbindungen.

P: Wien wird international zweifelsfrei als kulturelles Zentrum wahrgenommen, wie steht es um die Wahrnehmung als technologische Drehscheibe?

ENG: Wien vereint zahlreiche Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen und bietet eine Reihe hochkarätiger Institutionen und Netzwerke. Unsere Aufgabe sehen wir darin, diese miteinander zu verknüpfen, um neue Räume zu eröffnen und Synergien zu schaffen. In unserer täglichen Arbeit haben wir das Privileg, sehr interessante Menschen, die an der Schnittstellte von Kreativität und Technologie arbeiten, kennenzulernen. Am Nachmittag des 5. 6. diskutieren im Rahmen der Creative Days Zeynep auch Aksöz und Mark Balzar von OpenFields, Lehrende an der Angewandten und an der TU Wien, die sich intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz in der Architektur auseinandersetzen. Sie erörtern, wie man Klimawandel nicht nur messbar, sondern auch erfahrbar machen kann. Auf einem anschließenden Panel diskutiert dann Piero Visconti vom IIASA (The International Institute for Applied Systems Analysis) mit den Künstlerinnen Claudia Larcher und Margarete Jahrmann mögliche Zukunftsszenarien, die sich auf die wechselseitige Entwicklung von Natur, Kreativität und Technologie beziehen.

Creative Days Vienna 2022, Manuel Bonell © esel Lorenz Seidler

Creative Days Vienna 2022, Manuel Bonell © esel Lorenz Seidler

P: Mit den Creative Days wird die „Content Vienna“ eingeleitet – was erwartet uns hier?

ENG: „Content Vienna“ ist ein Wettbewerb für digitale kreative Gestaltung, den wir seit 2009 ausloben. Diese aktuelle Förderung startet am 5. Juni und ist bis 18. September offen. Es werden fünf Projekte mit 10.000 Euro prämiert und zwei Sonderpreise zum Schwerpunkt „Digital Literacy“ in der Höhe von 5000 Euro vergeben.

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