Kommentar

Andrea Mayer ist neue Kulturstaatssekretärin

Die Kunst- und Kulturszene könne sich auf eine „kompetente Krisenmanagerin freuen, die diesem Bereich mit heißem Herzen zugetan ist“, betont Bundespräsident Van der Bellen heute bei der Angelobung der neuen Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer.


Am Montagabend hatte sich der erweiterte Parteivorstand der Grünen auf Andrea Mayer als Nachfolgerin von Ulrike Lunacek geeinigt. Am Dienstag folgte ihre offizielle Vorstellung, gemeinsam mit Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler. Sie habe Managementqualitäten und sei krisenfest, beschrieb er die künftige Kulturstaatssekretärin und betonte die Einigkeit der Entscheidung. 28 von 29 Stimmen sind im erweiterten Bundesvorstand der Grünen für Mayer abgegeben worden. „Andrea Mayer hat überzeugt und wird auch weiter überzeugen", so der Vizekanzler. Der Umstand das Mayer bislang als Beamtin eher dem Lager der SPÖ zugerechnet wurde, war dabei kein Problem, wie Kogler auf Anfrage eines Journalisten betont: was zählt ist nicht die Parteizugehörigkeit sondern die Kompetenz, Professionalität und das Engagement von Andrea Mayer, so Kogler.

Auch in der Kunst- und Kulturszene wurde die Wahl begrüßt. Mayer (vormals Ecker) gilt aufgrund ihrer bisherigen Laufbahn als gut vernetzt in der Kulturszene und hat den Ruf einer kompetenten, verhandlungsstarken Beamtin, die auch gut zuhören könne. Nach ihrem Jus-, Geschichte- und Germanistik-Studium, war sie in den 1990er-Jahren ins Kulturministerium von Rudolf Scholten (SPÖ) tätigt und wechselte später ins Wissenschaftsministerium. Unter Claudia Schmied wurde sie 2007 Chefin der Kunstsektion, unter Josef Ostermayer erweiterte sich 2015 ihre Verantwortung, als die Sektionen Kunst und Kultur fusioniert wurden. Darüber hinaus ist Mayer in zahlreichen Gremien und Ausschüssen. So saß sie in ihrer Funktion als Sektionschefin unter anderem in den Aufsichtsgremien der Salzburger und Bregenzer Festspiele, der Bundestheater, aber auch im Belvedere und im MuseumsQuartier und war als Mitglied von Findungskommissionen beteiligt an der aktuellen Auswahl mehrerer Kulturmanager. 2017 holte sie Alexander Van der Bellen als Kabinettsdirektorin in die Hofburg, wo sie seither seine Präsidentschaftskanzlei leitete. Drei Jahre lang leitete sie als Kabinettsdirektorin des Staatsoberhauptes die Präsidentschaftskanzlei – als erste Frau in dieser Funktion – und war somit die höchste Beamtin Österreichs. Nun steht sie vor der Herausforderung, sich auch als Politikerin bewähren zu müssen. „Life is what happens to you while you're busy making other plans“, zitierte Mayer am Dienstag eine Liedzeile aus John Lennons „Beautiful Boy“, die, wie sie meinte ihren aktuellen Gemütszustand beschreibe. Konkrete Maßnahmen präsentierte Mayer bei ihrem ersten Auftritt naturgemäß noch nicht. Als pirmäres Anliegen nannte sie Sofortmaßnahmen für freischaffende Künstler und Künstlerinnen, die am härtesten von der aktuellen Krise getroffen sind. Hier will sie sofort eine unbürokratische, finanzielle Hilfe verhandeln. Wie man diese Finanzierung nennt, so Mayer „ist mir reichlich egal. Hauptsache, wir finden etwas, das sie (die Künstler Anm.d.Red.) über die schwierigen Monate bringt." Unterstützung müsse „so schnell als möglich" abrufbar sein.

Wie man diese Finanzierung nennt ist mir reichlich egal. Hauptsache, wir finden etwas, das sie über die schwierigen Monate bringt.

Andrea Mayer

Weitere Unterstützung sagte sie den Museen, wie auch den Kulturinitiativen und der freien Szene zu. Man müsse Institutionen und die freie Szene finanziell absichern, damit sie weiterplanen können. Es könne ‚„nicht sein“, so Mayer „dass Institutionen aus ökonomischen Gründen" nicht aufsperren können. Man wolle einen Betrieb unter den gesundheitspolitisch notwendigen Rahmenbedingungen ermöglichen.

Rasche Lösungen sind gefragt – und auch die Verantwortung der zuständigen Minister

Andrea Mayer ist kompetent, in der Kunst- und Kulturszene hoch angesehen, sie kennt deren Anliegen und kann, wie sie in der Pressekonferenz betonte auf professionelle, ihr durch ihre frühere Funktion gut bekannte, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kultursektion zurückgreifen. Rasche Lösungen sind jetzt gefragt – für die Künstler und Künstlerinnen, für die insolvenzgefährdeten Institutionen und Museen, die ob der fehlender Besucher in den kommenden Monaten in die Zahlungsunfähigkeit zu schlittern drohen, für die vielen freischaffenden Künstler und in der Kulturszene arbeitenden Kuratoren, Kunstvermittler usw. Gefragt sind jedoch jetzt auch Kulturminister Werner Kogler und Finanzminister Gernot Blümel. Im Gegensatz zu Frankreich und auch Deutschland, hat man hier die Kunst und Kultur in dieser Krise allein der zuständigen Staatssekretärin überlassen. Die zuständigen Minister und auch der Bundeskanzler haben bisher, anders als etwa in Deutschland und Frankreich, wo dies auch Staatschefs Macron und Merkel selbst taten oder auch aktuell die Landeshauptleute in Salzburg und Niederösterreich, für die Kunst- und Kultur nicht lautstark Partei ergriffen. Diese Rückendeckung fehlte auch Ulrike Lunacek. Die beiden zuständigen Minister sind jetzt in der Verantwortung, um nicht die nächste Staatsekretärin, die über kein Stimmrecht im Ministerrat verfügt, im Regen stehen zu lassen – und damit die Kunst und Kultur. Werner Kogler sollte klar geworden sein, wie wichtig die Kulturszene ist, die ja durchaus auch, zumindest bislang, zu einem gewissen Teil zur grünen Kernwählerschaft zählt und Gernot Blümel, welchen Wirtschaftsfaktor die Kunst- und Kultur darstellt. Immerhin war er ja auch kurzzeitig für dieses Ressort verantwortlich.

Was wir uns noch wünschen

Ebenso könnte man jetzt auch über weitreichende Maßnahmen nachdenken, die die Kunstszene auch in der Zukunft stärken würde, wie die Abschreibbarkeit von Kunstankäufen, ein verstärktes Ankaufsbudget für Museen, die Senkung der Mehrwertsteuer auf 10 Prozent und attraktive Angebote, wie eine allgemeine Karte für die Bundesmuseen, um auch die vielbeschworene Identität mit den Kunst- und Kultureinrichtungen der heimischen Bevölkerung zu stärken. In vielen Ländern kann man die Sammlungen der Museen gratis besuchen, was unvermittelt wieder zur Frage der Basisabgeltung führt. Mit „Pay as you wish“ geht das Kunsthistorische Museum in seinen ersten Eröffnungswochen diesen Weg, freilich nicht ohne finanzielles Risiko, aber sicher mit großem Publikumserfolg.

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