Ein fulminantes Jubiläum: 30. Artissima
Die Artissima in Turin feierte heuer ihre 30. Ausgabe. Die wichtigste Kunstmesse Italiens präsentiert sich in ausgezeichneter Form: Galerien aus 32 Ländern, oft stupende Gegenüberstellungen und Präsentationen innerhalb der kuratierten Sektionen und langfristige Kooperationen mit den Institutionen der Stadt positionieren die Kunstmesse als eine der vielfältigste im internationalen Vergleich.
»Vielleicht ist unser Stand heuer etwas zu lustig?« Mit dieser ironischen Aussage beschreibt Michael Wonnerth (Galerie Wonnerth Dejaco) die poppige Solopräsentation des Künstlers Daniel Ferstl. Bei einem kurzen Rundblick zu anderen Ständen wären ihm eher konzeptuelle, reduzierte Präsentationen aufgefallen, erklärt der Galerist. Wobei die fast skulpturalen, zusammengenähten Arbeiten Ferstls bei Sammlern durchaus beliebt sind. Auch die Preise verschrecken niemanden – von einer Edition um 650 Euro bis zum Großformat um 7000 Euro.
Es sind jedoch gerade die fein kuratierten und konzipierten Stände der Artissima, die das qualitative Bild der Kunstmesse mit 181 Ausstellern aus 32 Ländern prägen. Sei es bei Einzelpräsentationen oder bei den »Dialogen«, wie der Sektor aufgrund der Gegenüberstellung unterschiedlicher Positionen genannt wird. Hier werden Besucher bei zahlreichen Ständen positiv überrascht: Wie bei der Galerie Exile, die eine atemberaubende Skulptur aus gespannten Schnüren der japanischen Künstlerin Kazuko Miyamoto (Richtpreis 150.000 Euro; Edition 4800 Euro) den minimalistischen Papierskulpturen von Kerstin von Gabain gegenüberstellt; die Galerie Winter kombiniert schlüssig bearbeitete Fotografien des »Walking Artist« Michael Höpfner (2500 bis 12.000 Euro) mit Malerei und Skulpturen von Richard Nonas (Kleinstformate um 1500 bis 40.000 Euro).
»Wir konnten am Eröffnungstag Arbeiten von Józef Jarema verkaufen«, erzählt Marcus Peichl, Besitzer und Direktor der Galerie Crone Berlin/Wien. »Interessanterweise nur an Sammler aus Deutschland und Österreich. Was mich verwundert, da Jarema eine ganz tiefe, sehr persönliche Beziehung zu Italien und seiner Geschichte hatte.«
Crone setzt ein erfolgreiches Ausstellungsprojekt in Turin fort und präsentiert Jean Arp (45.000 Euro) gemeinsam mit Józef Jarma (5000 Euro). »Aber es haben schon auch italienische Museen und Institutionen ernsthaftes Interesse an Jaremas Arbeiten deponiert«, ergänzt Peichl. Die Galerie Nordés inszeniert einen poetischen Dialog zwischen der flächigen Malerei Miguel Marinas (2000 bis 7000 Euro) und den filigranen Skulpturen von Alberto Odériz.
Preis an Elisa Alberti
Die Galerie Krobath freut sich mit der Künstlerin Elisa Alberti, die für ihre stringente Soloshow mit dem Vanni Occhiali #artistroom Preis ausgezeichnet wurde. Einer der elf Preise (!!!), die während der Kunstmesse verliehen werden.
Freude herrscht auch bei einer Wiener Sammlerin, als sie den Stand von Monica de Cardenas besucht hat: Hier wird eine neue Werkserie des Malers Gideon Rubin präsentiert. Seine Preisrange liegt zwischen 12.000 und 55.000 Euro. Die Sammlerin konnte vor fünf Jahren bei der Art Basel Miami ein Kleinformat bei Karsten Greve noch um 1500 US-Dollar erstehen. Bei Charim stechen die intensiven Bilder der Malerin Eva Beresin ins Auge (zwischen 28.000 und 35.000; Bären-Skulptur 65.000 Euro). Die Künstlerin arbeitet derzeit an einer Werkserie, die im kommenden Jahr in der Albertina gezeigt wird und von Angela Stief kuratiert wird.
Der Prometeo Galerie aus Mailand ist es gelungen, atemberaubende Fotografien der 2019er-Biennale-Teilnehmerin Zanele Muholi zu präsentieren. Kein leichtes Unterfangen, denn die Künstlerin reduziert ihren Output immens und in Europa waren ihre Arbeiten kaum auf dem Primär-Markt zu finden. Bei Prometeo liegen die Preise zwischen 22.000 und 28.000 Euro. Während derselben Biennale hatte die Künstlerin Renate Bertlmann ihren großen Auftritt im österreichischen Hoffmann-Pavillon. Die Galerie Steinek widmet ihr in Turin eine Soloshow. »Noch ist sie nicht ganz bei neuen Sammlern angekommen. Das dauert noch etwas, trotz der Belvedere-Show«, erklärt die Steinek-Direktorin Carol Tachdjian. »Aber es war nett zu beobachten, wie langjährige Sammler bei der Vernissage im Belvedere ein Lächeln im Gesicht hatten – quasi als Bestätigung für ihr Engagement!« Die Preise für Bertlmann liegen zwischen 1500 Euro für die kleinformatigen Vintage-Fotos bis zur Skulptur um 30.000 Euro.