So viel Interesse wie noch nie

DIE ZEHNTE POSITIONS BERLIN ART FAIR 2023

Positions, Berlin Art Fair, Foto: Dominik Friess

Die Hangarhallen fünf und sechs im stillgelegten Flughafen Tempelhof haben den rauen Charme, mit dem sich Berlin so gern schmückt. Auch wenn es in der Stadt für Künstler fast keine Nischen mehr gibt, hält sich der Mythos vom Berlin der vielen Möglichkeiten noch ein wenig und zieht die Besucher an. Und so wurde auch die zehnte Ausgabe der Positions Art Fair vom 14. bis 17. September wieder ein Publikumserfolg. Nach Aussagen der Veranstalter des größte bisher. Es kamen so viele Besucher wie noch nie. 28.000 waren es an den vier Tagen, die sich die Angebote von 100 Galerien aus 20 Ländern ansahen. Zum klassischen Galerieprogramm kamen Erweiterungen durch eine Abteilung für junge Modedesigner, einen überraschend kleinen Bereich für NFTs und eine Abteilung mit Kunstwerken für unter 1.900 Euro.


 

Gedränge gab es nicht, die Hallen sind groß genug, die Liegestühle im Außenbereich mit Blick auf das riesige, stille Flughafenfeld waren überaus beliebt. Im Inneren sah man wenig Spektakuläres, dafür viel längst Totgesagtes. Realistische, figürliche Malerei zum Beispiel. Die Neue Leipziger Schule und ihr Erfolg um die Jahrtausendwende hat einen Teil der  jungen Künstlergeneration ganz offensichtlich stark beeindruckt. Sie malt Menschen und versucht, Geschichten zu erzählen, wie sie lange nicht üblich, ja verpönt waren. Diese Hinwendung zum Erzählerischen, zur Figur überrascht und unterhält, überzeugt jedoch nicht vollständig, denn in der Wiederholung, in der Adaption des Bestehenden liegt kein großer Reiz. Beeindruckend ist der neue Wille zum Geschichtenerzählen trotzdem. Schließlich galt die realistische Malerei lange als rückschrittlich, diktaturgesteuert und war Teil des Bilderstreits zwischen Ost- und Westdeutschland. Jetzt sind es vor allem Galerien aus Westdeutschland, die realistische, figürliche, gegenständliche Kunst zeigen. Zum Beispiel die Galerie Kellermann aus Stuttgart, deren Künstler Fabian Pfleger (*1991) in seinem großen Gemälde „Die Schöne und das Biest“ Versatzstücke des Ukraine-Krieges in einem düsteren Szenario zusammenstellte. Subtil ist das nicht, aber leicht verständlich. 

Positions, Berlin Art Fair, 2023, Foto: Natalia Carstens

Positions, Berlin Art Fair, 2023, Foto: Natalia Carstens

Andere gehen den Weg in Richtung Surrealismus, wobei viele dieser Arbeiten wirken, als wären sie Illustrationen für Märchen oder Fantasy-Serien. Wie „Die Vorleserin“ von Michael Streun, eine lichtdurchflutete Rückenansicht, deren Textzettel sich in Sternenstaub aufzulösen scheint. Die Vorbilder in Pop- und Alltagskultur sind offensichtlich, auch die Vorbilder der Hyperrealistin Carole Feuerman, deren kleinplastische Schwimmerinnen sogar Wassertropfen auf der hyper-glatten Haut tragen.

Das alles sind starke Positionen, ein Trend zum unverbindlich-dekorativen ist trotzdem weithin sichtbar. Ebenso wie das Spiel mit den Vorbildern. Nicht nur einmal erinnern Farben und Farbflächen an die Gemälde von Maria Lassnig. Matthias Gálvez sucht seine Vorbilder in der Barockmalerei, erinnert jedoch eher an Max Ernst und Arno Rink. Es gab zwar auch Arbeiten von Lyonel Feininger und Max Beckmann, David Hockney und Georg Baselitz in Berlin zu kaufen. Der Schwerpunkt lag jedoch eindeutig auf junger, noch nicht etablierter und nicht so teurer Kunst, die für unter 10.000 Euro angeboten wurde. Die nächste Positions Art Fair in Berlin ist die Paper Positions vom 25. bis 28. April 2024.

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