ART BASEL ONLINE VIEWING ROOM – eine Bilanz

Online oder real – wie erfolgreich sind die Online-Portale? Während im aktuellen COVID-19 Shut Down viele Galerien auf der Welt um ihre Existenz bangen, scheint global dennoch der Online-Handel zu funktionieren. Beispiele sind etwa das Auktionshaus Ketterer, das bereits in der Vergangenheit erfolgreich auf Online-Auktionen setzte, und laut dpa zu 90 Prozent seiner Versteigerungen im Netz durchführt. Doch hört man von Galerien im mittleren Segment oft, dass die Online-Verkäufe nicht in Schwung kommen. Dennoch die Kunst-App Angebote boomen. Doch setzen sich diese Apps, die scheinbar wie Schwammerl aus dem Boden schießen auch wirklich durch? Aktuell wirbt ein Schweizer Tech Unternehmen um Kunden der Kunstbranche und Galeristensohn Lucas Miro präsentierte eine neue Plattform, die Galerien die Möglichkeit gibt, mittels 3D-Scanning Technology Ausstellungen Online zu kreieren.


Bringt der aktuelle Shut Down hier eine Veränderung? Und wer profitiert von den Online-Portalen – nur die Big Player der Kunstszene oder auch das mittlere Segment der Galerieszene, jene die Künstlerinnen und Künstler entdecken, über Jahre begleiten und Aufbauarbeit leisten? Das wird interessant sein zu evaluieren. Die erste Online-Ausgabe der Art Basel Hongkong ist jedenfalls erfolgreich verlaufen. Verkäufe werden gemeldet – auch hier dominieren die großen Galerien die abschließende Pressemeldung der Art Basel, die jedoch Verkäufe in allen Galeriesegmenten meldet. Angeblich 40 Prozent der Anfragen seien von neuen Käufern, meinte Elena Soboleva, Direktorin für Online-Sales bei David Zwirner zur dpa. Online sei ein wichtiger Kanal nicht nur für die bereits existierenden Kunden. Das Ende des klassischen Geschäftsmodells der Galerien und Messen sieht sie dadurch jedoch nicht gefährdet. Virtuelle Betrachtungsräume seien eine Alternative für Sammler, die unter anderem auch mit Blick auf Klimaschutz nicht mehr von einer Messe zur anderen reisen wollen. In den kommenden Monaten will die Schweizer Messegesellschaft dieses neue digitale Projekt weiterentwickeln. Wir sind gespannt und halten sie am Laufenden. Soweit so gut. Was ich mir wünschen würde? Dass die Sammler vermehrt auch abseits der großen Messen das qualitätvolle und vielfältige Angebot der heimischen Galerien nutzen!

ART BASEL ONLINE VIEWING ROOM – eine Bilanz

Der Art Basel-Online-Viewing Room, schloss am 25. März 2020. Es war die erste Online-Messe dieser Art und ein Versuch die Verluste der Händler abzufangen, die durch die Absage der Art Basel Hongkong zu erwarten waren. Viele der Galerien, insgesamt 235 und damit 90 Prozent der Händler, nutzen die kostenlose Möglichkeit ihre Arbeiten zu präsentieren. Pro Galerie wurden zehn Werke in dem Viewing Room ausgestellt – identische Messestände als White Cube gestaltet – mehr als 2000 Werke wurden also präsentiert und offensichtlich mit Erfolg, denn an sieben Tagen der Art Basel Hongkong Online wurden 250.000 Besucher aus aller Welt gezählt, laut Pressemeldung der Art Basel. Wie auch in der realen Messe, waren die ersten drei Tage für die VIP-Sammler reserviert.

 Mary Weatherford, Splendor in the Grass, 2019 © Mary Weatherford/Fredrik Nilsen Studio/Courtesy Gagosianv

We’ve received very strong feedback from collectors across the globe, commenting on the strong quality of the 2.000-plus artworks available to explore in one digital space. For many small and mid-sized galleries, our platform offered the first opportunity to explore the approach of an online viewing room and to connect in this way with new potential clients from around the world – which is especially important today.

Marc Spiegler, Global Director, Art Basel

Und es wurde verkauft: Das Gemälde „Die andere Seite vom Ölfleck“ von Georg Baselitz etwa, oder „Splendor in the Grass“ von Mary Weatherford. Gleich zu Beginn der Kunstmesse Art Basel Hongkong waren im Viewing Room des Branchenriesen Gagosian von insgesamt zehn Werken schon sieben veräußert. Ebenso meldete David Zwirner laut dpa Verkäufe. So wurde ein Gemälde von Marlene Dumas für 2,6 Millionen Euro verkauft. Zwirner ist im Bereich Online-Sales bereits erfahren. Er gehörte zu den ersten Galeristen, die 2017 mit Viewing Rooms, Online-Betrachtungsräume, startete. Laut Elena Soboleva, der Online-Verkaufschefin des Galeristen sind die Verkäufe im Netz seitdem ständig angestiegen: 2018 um 159 Prozent, 2019 um 400 Prozent (Quelle: dpa)

Auch der österreichische Händler Thaddaeus Ropac war erfolgreich und verkaufte am VIP-Tag vor der Eröffnung ein Gemälde von Jules de Balincourt um 140.000 US-Dollar. Er hätte angesichts der Krise keine großen Erwartungen gehabt und habe die teuersten Werke nicht ausgestellt, sagte Thaddaeus Ropac der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Die Internet-Messe sei ein interessanter Weg, aber vor allem sei sie eine Art Schaufenster, die die Kunstwelt untereinander in Verbindung halte.

Wir hatten bereits zuvor unseren eigenen Viewing Room eröffnet. Als dann der Viewing Room der ABHK eröffnet wurde konnten wir unsere Besucherzahlen verdoppeln und die Galerie konnte auch Werke von Künstlern verkaufen, die nicht im Viewing Room vertreten waren. (...)

Patricia Schmiedlechner, Communication & Press , Galerie Thaddaeus Ropac

„Nach den ersten Stunden haben wir viele Kontakte gemacht, vor allem in Asien“, so Ropac zur dpa. Auch Patricia Schmiedlechner, verantwortlich für Communication & Press in der Galerie Thaddaeus Ropac bestätigt das große Interesse am Art Basel Viewing Room im Gespräch mit PARNASS: „Wir hatten bereits zuvor unseren eigenen Viewing Room eröffnet. Als dann der Viewing Room der ABHK eröffnet wurde konnten wir unsere Besucherzahlen verdoppeln und die Galerie konnte auch Werke von Künstlern verkaufen, die nicht im Viewing Room vertreten waren. So zum Beispiel ein Gemälde von Lee Bull an einen Sammler in Asien für 90.000 US-Dollar und auch Werke von Antony Gormley und Oliver Beer.“

Jules de Balincourt Merging Island, Divided Island, 2017, Oil on panel, 203,2 x 228,6 cm, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg © Jules de Balincourt, Photo: Jason Mandella

The feedback from galleries across Asia has been overwhelming.

Adeline Ooi, Director Asia, Art Basel

„To stay connected” war wohl eines der wesentlichsten Assets der Online Messe, wie auch Adeline Ooi, Director Asia, Art Basel vermerkt: „The feedback from galleries across Asia has been overwhelming. While the Online Viewing Rooms cannot replace the in-person conversations and exchanges that our galleries were looking forward to at Art Basel Hong Kong, our initiative provided a platform to stay connected with collectors and to build new relationships during a very difficult time for many galleries.”

In den kommenden Monaten will die Schweizer Messegesellschaft dieses neue digitale Projekt weiterentwickeln. Wir sind gespannt und halten sie am Laufenden.

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