Katja Strunz | Eingeschlossene Zeit
Noch bis Ende Jänner (verlängert) zeigt die Galerie Krobath die sehenswerte Einzelausstellung von Katja Strunz. Faltung und Collage prägen die künstlerische Praxis der in Berlin lebenden international renommierten Künstlerin. Ihre Leinwandbilder bestechen durch die besondere Struktur und Farbe der von ihr verwendeten Materialien. In der Galerie Krobath ist eine Auswahl zu sehen, aber vor allem sind es die beiden Objekte, die sich in den Hauptraum der Galerie einschreiben.
„Gilded Palace of Sin“ und „Are We Enfolding or Going to Unfold“ sind beide 2022 entstanden und aus lackierten, beziehungsweise pulverbeschichten Stahl. Zusammen mit den Wandfarben, die ihnen einen zusätzlich Prägnanz verleihen, entstand eine raumgreifende Installation. So korrespondiert die Skulptur mit dem fragenden Titel „Are We Enfolding Or Going To Unfold“ mit seiner blauen Farbgebung mit der dahinter liegenden Wand. Zwischen den beiden vom Boden aufragenden Stelen füllt wie ein Fächer oder Blasebalg ein Stück Metall den Raum aus. Die Konstruktion suggeriert eine Beweglichkeit, die jedoch nicht erfüllt wird.
Katja Strunz, geboren 1970, studierte zunächst Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte, bevor sie mit dem Studium der Malerei und Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe begann. Ihre Arbeiten sind, so charakteristisch und interessant sie auch formal sind, doch stets mit komplexen Fragestellungen, mit philosophischen, naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen verbunden. „Das Einfalten von Material bezeichnet in meiner Arbeit metaphorisch ein Zusammenfallen von Hier und Dort, von Damals und Jetzt, eine posttraumatische Kontraktion, in der die Erfahrung des physischen Raums schwindet.
In früheren Arbeiten und Ausstellungen stehen die Formen des Fallens und Einfaltens, des Kollabierens, Schrumpfens, Einbruchstellen und Fragmentierungen im Vordergrund. Die Ausstellung ‚Eingeschlossene Zeit‘ dreht sich um "das Auffalten und um Momente des Anhaltens und des Neufaltens und der damit einhergehenden Transformation.“, so Katja Strunz im Interview mit Luisa Heese, Direktorin des Museums im Kulturspeicher, Würzburg im Pressetext zur Ausstellung.
Die Ausstellung steht auch im Kontext einer, wie es wir erleben, „brüchigen Gegenwart“, wie der Autor Hans Ulrich Gumbrecht in seinem gleichnamigen 2019 erschienen Buch formulierte, in der überlieferte Gewissheiten und Weltbilder zerfallen und neue Visionen für die Zukunft noch nicht entwickelt sind. Die Konstruktion von Zeit und Welt ist aus den Fugen geraten – und hier sind auch die jüngsten Werke der Künstlerin zu verorten, die in der Galerie Krobath präsentiert werden. Durch die besondere Oberflächenstruktur ihrer „pulp paintings“ schwingt in ihren minimalistischen Arbeiten stets auch ein poetischer Grundton mit, der den strengen Konstruktivismus durchbricht. Dazu gesellt sich nun auch ein spürbarer Weltschmerz, die Zukunft tritt als zu befragende Instanz hervor, so Heese.
„Motive wie die Faltung, das Ineinanderschmiegen von Raum und Zeit, symbolisch deutbar als Einbruch der Geschichte in die Gegenwart, bleiben wiederkehrende Motive – doch sind es in diesen neuen Werken nicht nur die splitterhaften Verflechtungen von Vergangenheit und Gegenwart, sondern Möglichkeiten der Entfaltung von Zukunft, die befragt werden: die Schaffung eines Möglichkeitsraums, der veränderbar vorausliegt und nach dem Prinzip Hoffnung Ernst Blochs ausgerichtet ist: Hoffnung als kraftvolles, utopisches Potential, um nicht aussprechbare, nicht darstellbare Traumata zu überwinden; um eingeschlossene Zeit ins Fließen zu bringen.“
Galerie Krobath
Eschenbachgasse 9, 1010 Wien
Österreich