Gallery Diary - Galerie Kandlhofer | Hamid Nii Norteys
Faith in Strangers ist Hamid Nii Norteys erste europäische Einzelausstellung, die ihren Fokus auf Norteys neuester Werkreihe legt. Diese fesselnde Serie befasst sich dabei mit den vielfältigen sozio-politischen Komplikationen zum Thema Migration, die von historischen Bezügen über Expatriation bis hin zu politischer Verfolgung reichen.
Nortey, ein aufstrebender ghanaischer Künstler und Autodidakt (geb. 1987), entwickelte sein Interesse an der Malerei bereits als Schüler der Mandla Dada-Grundschule in La Accra, Ghana, von welchem Zeitpunkt an er Zeuge der beträchtlichen Veränderungen in der Stadt wurde. Seine berührenden und farbenfrohen figurativen Gemälde befassen sich eingehend mit der sich schnell entwickelnden sozialen Landschaft Ghanas sowie des Kontinents und beleuchten die diversen sozialen Klassen sowie die daraus resultierenden Entwicklungen der Generationen.
Norteys Werke zeichnen sich durch seine charakteristische Kreuzschraffurtechnik aus, die er auf die Haut seiner Figuren anwendet. Im Gegensatz zu der breiten und weichen impressionistischen Farbpalette des Künstlers erzeugen die eng aneinander liegenden parallelen Linien, die in Abstand und Breite variieren, eine raue, schlaffe organische Textur, die visuelle und taktile Qualitäten der natürlichen Haut vermittelt. Ausgehend von akribischen und spielerischen Skizzen entwickeln sich seine Porträts zu lebensechten und lebendigen visuellen Eindrücken.
Er reflektiert über seine Auseinandersetzung mit architektonischen Strukturen, um Szenerien unterschiedlicher Komposition, mit modernem Wohndekor und verschiedenen Bildperspektiven zu schaffen, die bei Betrachter:innen Nachhall finden und es bezwecken, sich physisch und emotional in die Geschichte der Porträtierten zu vertiefen.
Die Ausstellung Faith in Strangers ist in zwei Abschnitte unterteilt, wobei sich der erste auf historische und zeitgenössische Aspekte der afrikanischen und afroamerikanischen Migration konzentriert. Widergespiegelt wird diese Thematik in der zentralen Werkgruppe, welche die große Völkerwanderung in den USA aufgreift Die im Englischen übersetzte „Great Migration“ beschreibt die Bewegung von sechs Millionen Afroamerikaner:innen aus den ländlichen Gebieten der Südstaaten in die städtischen Gebiete der Nordstaaten zwischen 1916 und 1970, die motiviert waren, der rassistischen Gewalt zu entkommen und wirtschaftliche und bildungsbezogene Chancen im Norden wahrzunehmen. Nortey erörtert darüber hinaus Formen der afrikanischen Migration in alltäglichen Situationen sowie durch die Darstellung von Fulani Pathways, die sich auf die ethnische Gruppe der Fulani bezieht, welche als eine der größten nomadischen Volksgruppen gilt und zur reichen Kulturlandschaft Westafrikas beiträgt.
Der zweite Abschnitt konzentriert sich hingegen auf die Gegenüberstellung von erzwungener Migration und Freizeitreisen, um die erheblichen Unterschiede zwischen der westlichen Wahrnehmung und der afrikanischen Realität aufzuzeigen. Erzwungene Migration, die durch innere und äußere Konflikte motiviert ist und sich auf die Flüchtlingskrise der letzten Jahre bezieht, wird in elementaren visuellen Formen wie Verzweiflung, Hilflosigkeit, Gewalt und Tod dargestellt. In Verbindung damit liefern die Arbeiten After a while just living becomes a full-time job, no wonder we need a break und Pleasure without champagne is artificial eine kontrastreiche Realität des wirtschaftlich wohlhabenden Teils der afrikanischen Gesellschaft und liefern zudem eine tragisch selbstreflexive Ironie.
Der zentrale Dialog in Faith in Strangers wird durch Norteys akribische Analyse der historischen, politischen und sozialen Aspekte afrikanischer und afroamerikanischer Themen angesprochen, die durch das Konzept der Migration zum Ausdruck kommen, indem es diese in ihrer gewalttätigen und freudigen Realität zeigt.
Galerie Lisa Kandlhofer
Brucknerstraße 4, 1040 Wien
Österreich