Renate Bertlmann, Österreichischen Pavillon auf der 58. Biennale Arte 2019 in Venedig © Sophie Thun

Giardini, Arsenale und Aperol Spritz: Diese Woche startet zum 58. Mal die Venedig Biennale, eine der wichtigsten Veranstaltungen für zeitgenössische Kunst überhaupt. Als Einstimmung auf die "Mutter aller Biennalen" stellen wir bereits drei Highlights vor. Unseren ausführlichen Bericht über die Biennale und das vollständige Interview mit Renate Bertlmann, die den österreichischen Pavilion heuer bespielt, lesen Sie im PARNASS 2/2019, das am 23. Mai erscheint.


Renate Bertlmann im österreichischen Pavilion

Elisabeth von Samsonow: Sie sind heuer die Repräsentantin Österreichs auf der Kunst-Biennale von Venedig, auf der wichtigsten Kunstschau der Welt, der Mutter aller Biennalen – wie ist das für Sie?

Renate Bertlmann: Für mich kam das aus heiterem Himmel, der Anruf der Kuratorin Felicitas Thun-Hohenstein war eine Überraschung. Es ist für mich eine große Ehre, auch eine Herausforderung, an einer so wichtigen Biennale teilzunehmen, da gibt es große Erwartungen. Felicitas Thun-Hohenstein ist eine kluge, erfahrene und umsichtige Kuratorin, ich fühle mich sehr privilegiert, in einem so verständigen Team zu arbeiten. Das Ganze ist natürlich eine Riesenunternehmung. Ich bin sehr begeistert von der professionellen Begleitung, das ist ein Geschenk. Es wird im Zuge der Vorbereitung der Ausstellung für den Pavillon viel geforscht, die Forscherinnen kennen meine frühere Arbeit inzwischen besser als ich selbst (lacht). Eine solche Vertiefung ist für mich persönlich auch sehr wichtig. Ich fühle mich enorm unterstützt und aufgefangen.

ES: Wie schätzen Sie den Effekt Ihrer Präsenz in Venedig ein? Wird dieser Pavillon ein Fanal für die österreichische Kunst des jungen Jahrtausends?

RB: (lacht) Ich hoffe natürlich, dass diese Ausstellung einschlägt, und wir tun das Beste dafür, dass das so ist. Ich wünsche mir, dass vor allem meine Kunst präziser, im Sinne meiner umfassenden Intentionen, wahrgenommen werden kann. Ich habe ein Programm, eine Struktur anzubieten, nämlich die Trilogie von Pornographie, Ironie und Utopie. Ich spreche nicht nur von Gefühlen, sondern auch von harten Fakten, die uns alle angehen. Mein Wunsch wäre, dass diese Botschaft ankommt, dass meine Arbeit auch als eine Öffnung im Verhältnis der Geschlechter gesehen werden kann, aber auch als ein Hinweis für ein Zusichselbstkommen, jenseits der verstörenden oder provokanten Elemente. Ich bin eigentlich gelassen, ich bin sicher, dass der Pavillon gut und genau wahrgenommen werden wird.

Renate Bertlmann, Österreichischen Pavillon auf der 58. Biennale Arte 2019 in Venedig © Sophie Thun

Renate Bertlmann, Österreichischen Pavillon auf der 58. Biennale Arte 2019 in Venedig © Sophie Thun


Stanislav Kolíbal im Tschechischen Pavilion

Der österreichische Ausstellungsmacher und Museumsmanager Dieter Bogner konnte zusammen mit dem tschechischen Künstler Stanislav Kolíbal die offene Ausschreibung für den tschechischen Pavillon der 58. Venedig Biennale für sich entscheiden.

„Die Reduktion auf einfache Formen ist hier das Mittel, um sich mit Grundsatzfragen zu beschäftigen. Dabei war immer eine Ambivalenz an Zuständen bestimmend“, erläutert Kurator Dieter Bogner die Wichtigkeit der inhaltlichen Dimension von Kolíbals Arbeiten. Denn die massiven gesellschaftspolitischen Umbrüche seines Heimatlandes in den vergangenen sieben Jahrzehnten haben dabei immer wieder Spuren in seiner Kunst hinterlassen – oft ging diesen eine radikale Veränderung der Formensprache voraus. Zudem fügt sich ein künstlerischer Output, der in seinem Erscheinungsbild vor allem durch unsichere Übergangssituationen bestimmt wird, sehr passend in den diesjährigen Titel der Biennale, der bekanntlich auf die gegenwärtige Zeit großer Veränderungen und Zerwürfnisse anspielt.

Stanislav Kolíbal © Martin Polak 

Stanislav Kolíbal © Martin Polak 


Cathy Wilkens im Britischen Pavilion

PARNASS: Sie wird skulpturale Installationen, Objektarrangements und Gemälde produzieren, die „von Raum zu Raum fließen“ – was erwartet uns?

Zoé Whitley, Kuratorin: Die Künstlerin vertraut darauf, dass jeder von uns ihrer Arbeit seine eigene Art der Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dem Betrachter sollen so wenig Erwartungen wie möglich auferlegt werden. Die Installation hat eine poetische Qualität, man könnte sie sogar als träge beschreiben. Die ruhige Komplexität, die in Cathys Arbeit vorhanden ist, lässt mich genau überlegen, was wir ohne Sprache kommunizieren: Durch Tränen drücken wir nicht nur Traurigkeit aus, sondern auch unaussprechliche Freude. Wir tun dies auch durch unsere Körpersprache. Wie kraftvoll kommuniziert schon ein Baby seine Bedürfnisse, bevor es das Sprechen lernt! Die Ausstellung ist ein aufrichtiger Vorschlag, manchmal zu pausieren, um den Wert von Stille und Emotionen zu berücksichtigen, der über Worte hinausgeht.

P: Wilkes Arbeiten drehen sich oft um existenzielle Fragen.

ZW: Ich bin unablässig beeindruckt von der ruhigen Intensität von Cathys Arbeit. Sie bringt mich dazu zuzuhören, anstatt zu sprechen. Ihre Arbeit hat eine Qualität, die beinahe zeitlos ist. Sie befasst sich mit Themen, die uns alle betreffen, wie Vernetzung, Tod und Arbeit.

Cathy Wilkes, Untitled, 2019 (detail), Mixed Media, Dimensions variable, Installation view, Cathy Wilkes, British Pavilion, Biennale Arte, Venice, 2019. Photo: Cristiano Corte © British Council. Courtesy of the Artist, The Modern Institute/Toby Webster Ltd, Glasgow and Xavier Hufkens, Brussels

Cathy Wilkes, Untitled, 2019 (detail), Mixed Media, Dimensions variable, Installation view, Cathy Wilkes, British Pavilion, Biennale Arte, Venice, 2019. Photo: Cristiano Corte © British Council. Courtesy of the Artist, The Modern Institute/Toby Webster Ltd, Glasgow and Xavier Hufkens, Brussels


Weitere Fotos vom Österreichischen Pavilion finden sie in unserer Rubrik OnView!

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