Studio Diary - Kai Trausenegger
Kai Trausenegger, geboren 1990 in Wien, studiert in der Klasse „TransArts, Transdisziplinäre Kunst“ an der Universität für angewandte Kunst und ist aktuell bei der von Klaus Speidel gemeinsam mit der TransArt Klasse konzipierten Ausstellung „TO BE CONSUMED BY. Stories to chew on, Stories to choke on.“, die Teil einer dreiteiligen Ausstellung bei Krinzinger Projekte ist, vertreten, die er co-kuratiert hat. Im Herbst ist er mit Galerie Smolka Contemporary auf der PARALLEL vertreten.
Bevor Kai Trausenegger in die „TransArt- Klasse“ an der Angewandten wechselte, studierte er zunächst Architektur auf der Akademie der bildenden Künste Wien und Istanbul, Technische Physik an der TU Wien sowie Kulturanthropologie auf der Universität Wien und widmete sich eine Zeit lang intensiv der Malerei. „Die Malerei sei für jeden Künstler unumgänglich, früher oder später kommt jeder damit in Berührung.“, meinte er in einem Gespräch mit Roxane Seckauer im „Uni-Standard“ 2019.
Doch schätzt er die Freiheit je nach Projekt das passende Medium zu wählen. „Die Zukunft der bildenden Kunst ist trans“, meinte er damals. So lässt sich auch keine eindeutige Formensprache in seinem Portfolio festmachen, allerdings Themenfelder, wie die Beschäftigung mit Medientheorie und auch die Auseinandersetzung mit Kunstgeschichte anhand von historischen Motivelementen, in dem er unter anderem von gotischen Formvokabular Anleihen nimmt, oder einen Ornamentteppich zu einem Multimediaobjekt umfunktioniert. Ebenso arbeitet er in der Malerei mit der Tondoform, die von der Renaissance bis hin zur Kunst des 20. Jahrhunderts, denkt man an Alfons Schilling, ikonisch besetzt ist. Zur Herstellung verwendet er moderne Produktionstechniken wie 3D Druck oder Präzisions-Laserfertigung und transformiert so die historischen Formen in zeitgenössischen Objekte. Sein Objekt „Homunkulus“ bei Krinzinger Projekte ist knallrot und raumgreifend. Bewusst, wie Kai Trausenegger im Gespräch erzählt. Ganz im Sinne der Ausstellung geht es auch hier um das Narrativ, um die inhaltliche Bedeutung eines Kunstwerkes, oder vielmehr darum, mit welcher Bedeutung dieses durch Texte erklärt, und damit inhaltlich „beladen“ wird.
"Oft sind es Themen, die in der Kunst immer wieder vorkommen, zumeist keine spezifischen sondern eher generische Themen, wie Kapitalismuskritik, Institutionskritik, Feminismus, Postkolonialismus. Doch oft kaufe ich dem Kunstwerk diese Bedeutung nicht immer ab. Das Konzept tritt zudem oft vor das Kunstwerk und wird dadurch beinahe wichtiger und führt zuweilen dazu, dass das Objekt zur Illustration des Konzeptes wird. Homunkulus untersucht diese Distanz zwischen der künstlerischen Repräsentation und dem theoretischen Konzept. Ich wollte für mich herausfinden, wie ich das umgehen kann und die inhaltliche „Beladung“ des Objektes erst in einem zweiten Schritt passiert."
Um das zu umgehen, bietet „Homunkulus“ dem Betrachter sieben Optionen an, wie es wahrgenommen werden möchte. Es funktioniert ein wenig, wie autogenes Training, in dem Trausenegger die Form der Selbsthypnose auf das Kunstwerk überträgt und letztlich den Betrachter dazu verführt, dieses mit den vorgeschlagenen Themen zu „beladen“. Man erhält Optionen anstelle einer Vorgabe.
Doch ist dies letztlich nicht auch wieder eine Beschränkung der freien Interpretation? Doch Trausenegger ist überzeugt, dass der Betrachter so in eine weit aktivere Rolle gebracht wird und letztlich, so hofft er, länger vor und mit dem Kunstwerk verweilt. Der Blickfang soll das Objekt sein. Das ist es auch – knallrot steht es mitten im Raum – erst im nächsten Schritt soll der Inhalt folgen. „Es ist eine Art Abfolge der Betrachtungsschritte, die ich generiere. In meiner Arbeit entwickelt sich das Narrativ zum Kunstwerk erst im Prozess. Es ist auch vielleicht eine Art von Rechtfertigung. Man arbeitet an etwas, das einen interessiert, und am Ende denkt man über das WARUM nach und auch darüber, wie man die Relevanz dieser Arbeit vermitteln kann.“ Denn man kann nicht irgendetwas machen, es gibt gewisse Grenzen, die man einhalten muss, ist er überzeugt. Kitsch ist zum Beispiel so ein Grenze, die, meint Trausenegger, man nicht überschreiten sollte.
Auch wenn er in seinen Objekten durchaus an dieser Grenze entlangarbeitet. Doch muss man darum wissen, um bewusst damit umzugehen und aufpassen „das die Arbeit nicht eklektisch ist oder zum Designobjekt wird“. Das ist „Homunkulus“ mit Sicherheit nicht, auch wenn das Objekt anschaulich zeigt, dass Trausenegger keinen Hang zum Minimalismus hat. Die Signalfarbe Rot, ebenso wie die Form und die Platzierung geben dem Objekt eine dominante Präsenz im Ausstellungsraum.
Eine zentrale Rolle in seinem künstlerischen Schaffen spielt ohnedies nicht das Objekt selbst, auch wenn es sich wie „Homunkulus“ so selbstbewusst in den Vordergrund spielt. Vielmehr interessiert ihn Metaebene der Kunst: „Fragen wie: Was ist Kunst, was kann Kunst und wo stehe ich als Künstler und was will ich mit meiner Kunst erreichen.“ Das Produzieren aus der Emotion heraus ist keine Option. „Für mich das Überlegen vom Schaffen der Kunst interessanter ist, als die Kunst selbst. Diese Metaebene interessiert mich mehr. Ich bin ein Künstler der viel mehr überlegt, als er tatsächlich schafft.“