Galerie Lohaus Sominsky

Magdalena Jetelová

Nach der gewaltsamen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ durch die Truppen des Warschauer Pakts entstanden aus einem Notruf Jetelovás erste Raucharbeiten, die Zerstörung ihres Zuhauses sowie die später folgende Teilung der Tschechoslowakei prägten ihr Werk auf politische Weise.


Die Galerie Lohaus Sominsky präsentiert die tschechische Künstlerin Magdalena Jetelová mit Werken aus den 1980er-Jahren bis heute. Ihre jüngsten Fotografien zeigen Eisberge in Patagonien, wo sie die Grenzverläufe der am Pazifischen Feuerring zusammentreffenden Kontinentalplatten mittels Laserprojektionen sichtbar macht. Auf die geologischen Veränderungen durch den Klimawandel verweisen ebenso projizierte Schriftzüge in den Eiswasserlandschaften. Für ein tieferes Verständnis ihrer Fotografien, Skulpturen und Zeichnungen ist die Biografie der 1946 in Semily geborenen Künstlerin von wesentlicher Bedeutung.

Licht ist Energie. Sie ist das große Thema meiner Kunst.

Magdalena Jetelová

PARNASS: Verstehen Sie sich als politische Künstlerin?

Magdalena Jetelová: Ich interessiere mich für gesellschaftliche Zusammenhänge und deren Veränderung. Aber in erster Linie bin ich Bildhauerin, arbeite mit dem Raum, zeichne mit Licht in der Landschaft oder mit Pyrotechnik. Die Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung des Raums war immer meine große Leidenschaft.

P: Könnten Sie Ihren Arbeitsprozess mit der Pyrotechnik genauer beschreiben?

MJ: Dieses Material hat eine wichtige Aussage in sich. Signalrauch wird von Hilfesuchenden auf dem Meer benutzt. Der Notruf ist als politische Aussage zu verstehen. Ich ziele auf die Leinwand, die Farben der Kartuschen mische ich so wie es für mich Sinn ergibt und manchmal brennen sich die Pigmente auch durch die Leinwand.

Installationsansicht, Magdalena Jetelová, Courtesy of Galerie Lohaus Sominsky

P: Wann haben Sie mit dieser Technik begonnen?

MJ: Nach dem Überfall auf die Tschechoslowakei 1968 waren die Grenzen sofort zu und ich musste in Prag bleiben. Ich habe in meinem Atelier eines dieser Rauchsignale während einer Performance mit Freunden abgefeuert. Natürlich kam die Polizei und dann habe ich schnell eine Leinwand darüber geworfen, um keine Probleme zu bekommen. Anschließend habe ich festgestellt, dass man mit dem Rauch auch auf sehr interessante Weise zeichnen kann. Dieses Interesse mich mit Energie auseinanderzusetzen, begleitet mich bis heute.

P: Ihre Fotografie-Leuchtkästen zeigen wiederum, wie Sie mit Laserprojektionen in die Landschaft zeichnen. Wie kam es dazu?

MJ: Nachdem sich Tschechien und die Slowakei trennten, fing ich an mich mit kontinentalen Trennungen zu beschäftigen, z. B. mit Erdkrusten, Kontinentalplatten oder den Grenzen zwischen Europa und anderen Ländern. In meinem „Iceland Project“ (1992) zeichne ich die Teilung von Island durch zwei Plattengrenzen mit einem Laser nach, um die sich der stetigen Veränderung unterworfenen Grenzen Europas und Amerikas sichtbar zu machen.

Installationsansicht, Magdalena Jetelová, Courtesy of Galerie Lohaus Sominsky

P: Was bedeuten die zusätzlich mit Laser projizierten Texte in Ihrer Serie „Pacific Ring of Fire” (2017)?

MJ: Ich bewundere die Energie der Natur, dieses Material, das immer in Bewegung ist, vergeht und sich weiterentwickelt. „Essential is visible“ ist eine große Aussage, nicht nur in einem politischen Sinn. In den Werken zum Pazifischen Feuerring in Patagonien zeige ich die geografische Teilung der Kontinente und durch die Texte wird klar, dass es auch um die bedrohliche Situation des Klimawandels geht.

P: Welche Bedeutung hat Licht als künstlerisches Medium für Sie?

MJ: Licht ist Energie. Sie ist das große Thema meiner Kunst.

Installationsansicht, Magdalena Jetelová, Courtesy of Galerie Lohaus Sominsky

P: Die Schwarz-Weiß-Fotografien vermitteln einen abstrakten Zugang zur Natur, der Dokumentation des Klimawandels. Warum diese Reduzierung?

MJ: Die Reduktion ist meine Handschrift. Für die Kunst, die ich mache, war mein Studium in Italien sehr maßgeblich, wo ich Einflüsse der Arte Povera aufgenommen habe. Meine Kunst ist nicht erzählerisch, sondern ich versuche immer an den Grund der Substanz zu gelangen.

P: Ihre „House“-Skulpturen entstanden kurz nach Ihrer Teilnahme an der Documenta 8 (1978), wo Sie ebenfalls monumentale Holzskulpturen zeigten. Stehen diese in einem Zusammenhang?

MJ: Auf der Documenta habe ich einen großen geteilten Holzstuhl gezeigt, der seine ursprüngliche Funktion verloren und eine neue gewonnen hatte. Das zerstörte Zuhause und die geteilte Form der Skulptur waren für mich eine klare visuelle Aussage. Die damalige politische Situation hatte mich zu einer Nomadin gemacht.

Installationsansicht, Magdalena Jetelová, Courtesy of Galerie Lohaus Sominsky

Lohaus Sominsky

Ottostraße 10, 80333 München
Deutschland

bis 21. Oktober 2023

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