Christy Astuy in der Galerie Jünger

Bis 5. Mai zeigt Christy Astuy in der Ausstellung „LA PAZZA“ in der Galerie Jünger in Wien ihre jüngsten Gemälde. In den unkonventionellen karnevalesken Szenerien begegnen den Besucher:innen Protagonist:innen, die in Astuys Œuvre immer wiederkehren: Ihr eigenes Alter Ego, Zitate aus der Kunstgeschichte wie aus der glamourösen Kinowelt Hollywoods sind zu einer sehr persönlichen Ikonographie verschmolzen, die hinter dem schillernden Humor auch Tiefsinn und Sentiment birgt.

Kunstgeschichte voller Feminität

Seit Ende der 1980er-Jahre präsentiert die in Kalifornien geborene und in Wien lebende Künstlerin Christy Astuy ihre eigenwillige und unangepasste Malerei am internationalen Parkett. Unbekümmert gegenüber aktuellen Strömungen oder Trends schafft sie konsequent ihre unorthodoxen Bildfindungen von ungewöhnlicher Gegenständlichkeit. In bravuröser Technik klassischer Ölmalerei und präzise gesetzten Kompositionen in feinsinniger Farbigkeit, öffnet sich ein Kosmos eigentümlicher Bilderzählungen, humoristisch, kritisch, auch selbstironisch.

Das Dargestellte ist autobiographisch motiviert, die Ikonographie künstlich versponnen. Mit unbefangener Selbstverständlichkeit tritt uns ein weiblicher Subjektivismus gegenüber, der sich nonchalant eines kunsthistorischen Repertoires bedient. Motivische Anspielungen und Zitate aus der klassischen Moderne, aus Gotik und früher Renaissance sind von Christy Astuy mit Genuss „gestohlen“, sich angeeignet und mit Achtsamkeit collagenhaft in pittoreske Szenerien montiert. Vor allem Zitate aus Malerei weit zurückliegender Epochen gibt sie detailliert wieder, denn gerade in deren aufwändiger Liebe zum Detail sieht sie eine fundamentale Liebe zur Welt, die das Geheimnis dieser Kunst und eine Wahrheit des Lebens darstellt.

In der Ausstellung „La Pazza“ taucht außer dem Antlitz der Künstlerin mehrmals der modifizierte Kopf einer gotischen Madonna auf oder en fasse das Gesicht Elisabeth I., das gleichzeitig Züge von Betty Davis trägt. Die Täuschung und das Artifizielle, das unserer gegenwärtigen Welt so eigen ist, wird beschworen.

Christy Astuy treibt ein lustvolles und exzentrisches Spiel mit ihren Versatzstücken und Anleihen, untermengt mit erotischen Momenten. Der seltsam untätige Erzengel trägt überladene Stiefel nach Dolce und Gabbana, sein weiblicher Unterkörper ist in aller Unschuld entblößt. Im Festmahl einer bizarren Gesellschaft werden weibliche Brüste freimütig dargeboten, überspitzt mit der berühmten Geste a la Schule von Fontainebleau.

Christy Astuy, Naked Angel, 2024, 111 x 80 cm, © Christy Astuy, Bildrecht: Johanna Lea Lassnig, Galerie Jünger

Damen tragen Schnurrbärte, manche Figuren zeigen Merkmale beiderlei Geschlechter. Es ist Christy Astuys Kommentar zur gegenwärtigen Gender-Diskussion, den sie mit einer doppelbödigen Beiläufigkeit ausspielt. Vielmehr konzentriert sie sich darauf die Darstellung zwischen Realem und Artifiziellem oszillieren zu lassen, das eine spiegelt sich im anderen wider um sich denn doch in atmosphärischer Rätselhaftigkeit zu versöhnen – ungeachtet aller intellektueller Anspielungen soll ihre Malerei vor allem Wonne bereiten.

Entgegen jeder feministischen Doktrin vertritt Christy Astuy ein feminines Selbstverständnis, das sich emphatisch zu einer Form von Leidenschaft und Liebe bekennt, die man als verrückt bezeichnen könnte, was zum Titel der Ausstellung geführt hat. „La Pazza“ ist ein affirmativer Auftritt für die Liebe: Christy Astuy zelebriert ihre Liebe zur Welt, zur Malerei, zur Künstlichkeit und zur Sinnlichkeit, lustvoll und subtil unterspült mit Kritik, Ironie und Humor