Ronja Berg, Betty Mü und  und Joseph Wandinger im WTS Gallery Space

Real I Irreal

Eröffnung Real / Irreal, WTS Gallery Space, v.l.n.r. Ronja Berg, Fritz Esterer (CEO WTS Group), Joseph Wandinger, Sonja Lechner (Kunstkonnex) Betty Mü, Foto: PARNASS

Wieviel Information kann ein Bild transportieren, beinhalten und wiedergeben? Welche Realitäten bildet es ab? Kann ein Gemälde ebenso eine zeitliche Abfolge vermitteln wie ein Film? Und was ist Wirklichkeit, gibt es nicht stets mehrere Realitäten – und welche Rolle spielt dabei die Perspektive und Erfahrung jedes Einzelnen? Bildrezeption auf schwankendem Terrain? Unter dem Titel „Real I Irreal“ zeigt die WTS Group in ihrem Gallery Space in der Firmenzentrale in München Ost mit Ronja Berg, Betty Mü und Joseph Wandinger drei künstlerische Positionen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Kuratiert wurde die Ausstellung von Sonja Lechner, die auch für den Aufbau der Firmensammlung verantwortlich ist.


Kunst als Verbildlichung der Wirklichkeit oder als ihre Konstruktion?

Das jeder ein Ereignis, eine Realität anders wahrnimmt, abhängig von der jeweiligen Perspektive, Erfahrung oder Biografie, ist ein Fakt – und die Verbildlichung eines Geschehens, würde daher ebenfalls zu verschiedenen Ergebnissen führen. Selbst die Fotografie bildet nicht die Realität ab, sondern nur den Ausschnitt und die Perspektive desjenigen der hinter der Kamera steht und, ist so gesehen stets auch eine Konstruktion der Wirklichkeit. Und die Digitalisierung hat in dieser Hinsicht noch mehr – ja unendliche Möglichkeiten geschaffen. Doch bereits im analogen Zeitalter sprach der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan davon, dass „Wenn es eine  Vorstellung der Realität gibt, dann ist sie extrem komplex und aus diesem Grund nicht fassbar“. Diese Zitat stellte Sonja Lechner in ihre Eröffnungsrede voran, um die einzelnen Werke zu beschreiben und mit dem Thema Real und Irreal zu verknüpfen.

 

Die vielfältigen Möglichkeiten Bilder unterschiedlich wahrzunehmen und durch digitale Tools in eine dynamische Bewegung zu bringen und dadurch zu verändern, zeigen die Werke von Betty Mü. Die Münchner Künstlerin ist ausgebildete Reprofotografin, arbeitete in den 1990er-Jahren in New York als Art-Directorin und experimentierte mit Super 8 Film und Video sowie Live-Visuals. Heute lebt und arbeitet sie wieder in München. In ihren Werken verbindet sie analoge und digitale Bilderfahrung. Der Betrachter kann mittels der Handy-App Artivive die bunte Blütenwelt auf den bedruckten Glastondi bewegen – neue dynamisierte Bilder entstehen. Ganz ohne App kann man jedoch mit dem Fingern über die Oberfläche ihrer neuesten Arbeit streichen, einer interaktiven Videoinstallation und so Flächen verschieben und eine neue Komposition erstellen. Was zunächst wie eine rein digitale Bildkonzeption erscheint hat, jedoch ihren Ursprung in der realen Welt. Es sind Landschaften, Blüten und vieles mehr, die Mü filmt und in der Folge digital weiterverarbeitet.

Betty Mü, Touch Scape, 2023, Interaktive Videoinstallation, Foto: PARNASS

Betty Mü, Foto: PARNASS

Ronja Berg ist Multimediakünstlerin, studierte Malerei an der Münchner Akademie und schloss aktuell ihr Studium „Jewellery & Metal“ am Royal College of Art in London ab. In ihrer Serie „Beautiful Objects“ verbindet sie Schmuck, Film und mit der Flüchtigkeit des Hologramms, das weder haptisch noch fotografisch fassbar ist. Sie zitiert den ikonischen herzförmigen „Blaue Diamanten“ aus dem Film Titanic, der als zentrales Motiv auch die verschiedenen Zeitebenen des Films verbindet. Darauf setzte sie die das Symbol des Uroboros – der kreisförmigen Schlange und lädt dieses Bild mit allerhand Assoziationen auf. Sie spricht damit aber auch die unterschiedliche Rezeption eines wertvollen Schmuckstückes an, das für viele Sinnbild des Begehrens ist, für andere schlicht Ausdruck von Kapitalismus. Es ist auch eine Auseinandersetzung mit der US-Filmgeschichte, die in den 1950er-Jahren gezielt Werbung für Diamanten machte, um den damit verbundenen Wirtschaftszweig anzukurbeln, so Ronja Berg. Und wer kennt es nicht das Lied Marilyn Monroes „Diamonds are the girls best friends“ – das nun nach dem Gespräch mit der Künstlerin auch wieder eine neue Perspektive erhält.

Joseph Wandingers Leuchtkästen seiner Diplomarbeit sind bereits Teil der WTS-Sammlung. In der Ausstellung zeigt er einen weiteren Leuchtkasten sowie drei Kunststoff-Leinwandbilder. Auch er spielt mit den verschiedenen Ebenen der Realität und irritiert unsere Wahrnehmung. Allein die Frage des Mediums lässt schon vieles offen, ist es Zeichnung, geformtes Papier, wie entstehen die Tiefenräume im Bild, oder ist es eine Fotografie? So oszillieren seine Bilder zwischen Zweidimensionalität und Illusionsräumen, verbinden sich Zeichnung und Skulpturales zu Bilder mit einer ganz eigenen prägnanten Formensprache.

Joseph Wandinger, Leuchtkasten, Foto: PARNASS

Joseph Wandinger, Leuchtkasten, Foto: PARNASS

Die aktuelle Sonderausstellung wird bis Ende Oktober zu sehen sein: Es handelt sich um eine Verkaufsausstellung, bei der die Künstler 100 % der Erlöse erhalten. Sie kann ebenso wie die Kunstsammlung im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden. Interessierte können sich zu den 1,15-stündigen geführten WTS Kunstführungen anmelden, die immer am letzten Freitag eines Monats angeboten werden. Die Anmeldung erfolgt an Florian Kestler unter mailto:Florian.Kestler@wts.de