PETER KOGLER
Der Kunstraum Konrad ist ein Ausstellungsort für internationale Gegenwartskunst im Zentrum von Puchberg am Schneeberg. Oliver Laric, Hans Schabus, Walter Niedermayr, Alicja Kwade & Gregor Hildebrandt oder Matthias Noggler waren hier schon präsent und nun – noch bis 28. Oktober - Peter Kogler.
Eine Ausstellungsperformance, die man eher im urbanen Raum als in Puchberg vermuten würde. Aber eben das genau macht die Faszination aus – der Kunstraum Konrad schafft eine Plattform für Ausstellungen, Diskussionen, Gespräche, Vorträge und Artist Talks inmitten einer einer Landschaft, die für seine Freizeitmöglichkeiten bekannt ist. Und vielleicht ist das ja gerade das Besondere –völlig abseits der „Kunstszene“ Zeit zu haben für eine entschleunigte Kunstrezeption, niederschwellig, undogmatisch, einladend und in der Umsetzung hoch professionell. Stefan Schuster ist Künstler, Kurator, Herausgeber und Galeriemitarbeiter der mehr in Berlin als in Puchberg lebt, aber an dem Ort am Fuße des Schneebergs aufgewachsen ist und hier seine familiären Wurzeln hat. 2020 gründete er im ehemaligen Geschäftslokal seiner Familie den Kunstraum Konrad und macht aus einem Leerstand mit viel Engagement einen mittlerweile weit über Puchberg bekannten Kunstort – ein Best Practice Beispiel.
Ein Gespräch mit Peter Koger in Puchberg am Schneeberg
Nach der Präsentation seiner digitalen Skulpturen am Otto Wagner-Areal bespielt nun Peter Kogler noch bis 28. Oktober den Kunstraum Konrad und er war zum ersten Mal am Schneeberg, wie er erzählt. Es spricht für den Künstler, dass er dafür eigens eine Rauminstallation schuf und sich nicht damit begnügte bestehende Werke aufzuhängen. Wenngleich der Bogen den er mit seinen Arbeiten spannt auch eine frühe Leinwandarbeit umfasst, aber eben auch eine neue in in-situ Arbeit und einen sich scheinbar im Raum drehenden Globus. Formal eindrucksvoll sind auch die kleinformatigen Zeichnungen, Aquarelle und Collagen. Sie zeigen die bekannten Motive Peter Koglers, die zeigende Hand, die Ameise, das Gehirn. Es sind im Grunde stets die gleichen Motive, Informationen, wie sie Peter Kogler nennt, die er auf Nachfrage jedoch nicht mit einer Bedeutung aufgeladen sehen möchte. Wie etwa den Globus. Ist er ein Verweis auf die Fragilität unseres Planeten? „Ich habe das Motiv nicht in dieser Hinsicht aufgeladen, aber vielleicht hat der Betrachter diese Assoziationen.“ meint er. „Meine Motive haben einen universellen Charakter und sind meistens nicht spezifisch kulturell determiniert. So ist auch der Globus allgemein lesbar ebenso wie das Gehirn oder die Hand. Es sind visuellen Bausteine, die ich seit 40 Jahren verwende und in Variationen durchdekliniere.“ Seinen Arbeiten gibt er daher auch keinen Titel, da er keine Lesbarkeit vorgeben möchte. Bedeutungen werden oft erst auch durch den Kontext des Ortes oder der Zeit geschaffen.
War seine Ameisen-Installation 1992 auf der documenta IX bereits ein großer Erfolg so wurde fünf Jahre später sein Röhren-Allover als Visualisierung der unendlichen Verbindungen im Netzwerk des World Wide Web gelesen, waren doch 1997 bereits mehr als 6 Millionen Computer verbunden, bereits ein Jahr später erfolgte die Gründung von Google. „Damals haben wir begonnen, das Internet zu nutzen und irgendwie bereits verstanden, oder geahnt, was das für ein radikaler Wendepunkt sein wird, und vielleicht auch bereits welche Gefahren sich durch die neue Kommunikationstechnologie entwickeln. Hätte ich diese Arbeit zwei Jahre früher gemacht, wäre die Interpretation eine völlig andere gewesen und wahrscheinlich auch zwei Jahre später – denn dann war die Technologie schon eine selbstverständliche. Die Bedeutung hängt also immer sehr stark vom von einem spezifischen Zeitpunkt und einem spezifischen Ort ab und ist einer steten Veränderung unterworfen.“
Kogler selbst begann bereits 1984 den Computer für seine künstlerische Praxis zu nutzen: „Wir haben damals als wir die ersten MacIntosh Computer auf einer Messe gesehen haben gewusst, dass sich damit die Produktion von Bildern und die Kommunikation verändern wird, wie genau wussten wir damals noch nicht. Aber, dass dies einen radikalen Umbruch bedeutet war evident. Gleichzeitig war es der Computer ein Medium, das nahezu keine Vorgeschichte hatte – bezogen auf Kunst war das natürlich sehr attraktiv. Und es bot die Möglichkeit auch inhaltlich anzudocken, in der Reflektion darüber welche neue Rolle diese Technologie im sozialen, wirtschaftliche Bereich, in der Forschung und Gesellschaft spielen werden und bot eine Chance etwas formulieren, was in der Kunstgeschichte in dieser Form Neuland war. Mittels einer Oberfläche, die anders strukturiert war als alles bisherige.“
Verweilt man länger in der Ausstellung und reflektiert man die Anfänge der Kunst von Peter Kogler in den frühen 1980er-Jahren, so kippt die erste formale Einordnung einer Computerästhetik. Nicht nur die malerisch strukturierten Hintergründe auch die subtil ausgeführten Liniennetze lassen sich dieser nicht eindeutig zuordnen. Sicher heute sind den Möglichkeiten der Bildgenerierung am Computer keine Grenzen gesetzt, doch war dies in den 1980er-Jahren nicht so. Wir erinnern uns noch an die dicken Striche und das einfache Schriftbild der ersten Bildcomputer. Ebenso lassen sich Koglers feine Rasterbilder auch nicht in die digitale Bildwelt der Gegenwart einordnen und sind weit entfernt von dessen zuweilen makellosen, glatten Oberfläche und deren neuerdings so vorherrschender KI-Bildästhetik. Es macht wohl die Qualität seines Œuvres aus, dass Peter Kogler sich einerseits auf die Computerwelt bezieht, ihre technischen Möglichkeiten nutzt, um sich im nächsten Schritt jedoch mittels seiner eigenen prägnanten Formensprache dieser wieder maximal zu entziehen
Wittgenstein – Puchberg –Peter Kogler
Die Ausstellung von Peter Kogler steht auch in Bezug zum Ort Puchberg – ein Aspekt der sich erst im Laufe der Vorgespräche entwickelt hat. Nur wenige Meter vom Kunstraum Konrad entfernt wohnte in einer einfachen Unterkunft Ludwig Wittgenstein, als er von 1922 bis 1924 als Volksschullehrer in Puchberg tätig war. Ebendort besuchte ihn Frank P. Ramsey, der seit 1922 zusammen mit Charley Kay Odgen, Ludwig Wittgensteins „Tractatus Logico Philosophicus" ins Englische übersetzte, um mit ihm das Werk uns seine englische Übersetzung zu diskutieren. Ramsey selbst wurde später Director of Studies in Mathematics am King’s College. Aufgrund seiner Vermittlungstätigkeit bekam Wittgenstein ein Stipendium für das Trinity College in Cambridge. Wittgenstein selbst hatte bei Bertrand Russel in Cambridge studiert. Er gilt als Mitbegründer der mathematischen Logik – und legte damit die Basis für alles was später im Silicon Valley passierte „und damit schließt sich der Kreis zum Computer“, so Kogler. Ebenso gibt es eine Verbindung von Ludwig Wittgenstein zu Ernst Mach und dessen philosophische Ideen über Wissenschaft und Logik, auf dessen bekannte Zeichnung sich Peter Kogler auch in einer der Arbeiten bezieht.