Marina Sula bei Gabriele Senn Galerie, Wien
Gabriele Senn Galerie
Schleifmühlgasse 1a, 1040 Wien
Österreich
KünstlerIn: Marina Sula
Titel: I’m Sorry, I Can’t, Don’t Hate Me
Datum: 25. Oktober bis 20. Dezember 2019
Fotografie: Courtesy Gabriele Senn Galerie | Photo: Kunst-dokumentation.com
Ausstellungstext:
Die Arbeiten in I’m Sorry, I Can’t, Don’t Hate Me der in Wien lebenden Künstlerin Marina Sula schweben zwischen der Symbolik des Gewohnten und Alltags, psychisch inneren Welten, und dem Wunsch, Kontroll-Konstruktionen zu entwirren, beides inner- und außerhalb des Ausstellungbereiches.
I’m Sorry, I Can’t, Don’t Hate Me ist sowohl als funktionaler als auch ästhetischer Raum aufgebaut, wo Designmöbel und “Unnötigkeiten”, eine mit Flugzeugsitzgurten ausgestattete Bank, die Besucher einlädt, sich zu setzen, zu verweilen und eine Vielfalt von umliegenden Drucken in unterschiedlichen Größen aus dem Privatarchiv der Künstlerin zu betrachten. Die schwarzen Stühle, Sofas und Bänke, die vieldeutig an einen Warteraum erinnern, an ein Büro, einen Flughafen oder eine Hotelhallenszene, schafft eine streng strukturierte und fast sterile Atmosphäre, welche sich offensichtlich mit den verschiedenen Techniken und Motiven der Drucke schlägt, Drucke mit intimen, banalen, Verbraucher- und populären Bezügen.
Auf den ersten Blick fehlt den Bildern ein verbindender Erzählstrang. Eher schlagen sie einen Begriffsraum vor, in welchem Kunst als Hochkultur und Nichtkunst als niedere Kultur sowie deren jeweilige Verbreitungs- und Aufnahmearten ähnliche Interessen und Aufgaben zunehmend teilen können. Sula dehnt ihre Erforschung von Erreichbarkeit und Einordnung aus, indem sie die Art hinterfragt, wie darstellende Mechanismen – das Äußere – in das Innere eindringen und sich memetisch vermehren können, um eine Einheit von der Kultur und einem Glaubenssystem zu bilden. Der Individualismus tritt unmittelbar mit der nichthierarchischen Darstellung einer Vielheit von Schaffens- und Darbietungsweisen in Kunst, Werbung und Technik/Social Media auf. Das Bild als therapeutische Projektionsfläche, Erfüllung und Einheit wird hinterfragt samt der Anregung, es in der Werbung ebenso zu finden wie in Kunstwerken; die Form vorgestellt als Verwandlung der finanziellen, intellektuellen, zeitlichen und emotionalen Investition des Individuums.
Der architektonische Aufbau erlaubt Körpern im Ausstellungsraum, Teilnehmer zu werden sowohl im Schauen als gleichzeitig auch im Angeschautwerden, und lenkt den Brennpunkt auf den Akt der Aufnahme und Erwartung. Was ist der kritische Bereich, an wen gerichtet, und wem wird zugehört? Wird Kritik gegenüber Kunstsystemen nur möglich durch jene selben unverändert bleibenden Systeme? Der Titel der Ausstellung verbindet scherzhaft eine berühmte popkulturelle Szene eines schrillen Bruchs mit Ablehnungszweifeln, Einwirken und Koabhängigkeit, in welche Künstler und Betrachter verfangen sind. Wie auch immer, weit jenseits eines bissigen Griffs auf die Sache benennt die Künstlerin den möglichen Widerstand innerhalb des Körpers und insbesondere im Akt der Überführung des Materiellen ins Symbolische – ganz wie die Verwandlungen von Aschenbrödel oder Sailor Moon in “Crisis, Make Up!” als Verinnerlichung einer äußeren Kraft und umgekehrt verstanden werden können.
- Franziska Sophie Wildförster