JOHANNES KOFLER: Keine Geschichten zu später Stunde
Der Südtiroler Künstler Johannes Kofler zeigt in der Wiener Galerie Elisabeth & Klaus Thoman großformatige Arbeiten. Zarte Pastellfarben bilden dabei einen krassen Gegensatz zu den Bildsujets, hinter freundlichen Fassaden lauern subtile Hinweise auf raue Gewaltszenen.
„Ambivalent“ – dieses Wort umschreibt Johannes Koflers in der Galerie Thoman ausgestellte Arbeiten wohl am besten. Denn betritt man den hellen Showroom im 1. Bezirk, so meint man alles irgendwie schon einmal gesehen zu haben. Koflers Arbeiten erinnern an die expressive Farbgebung Maria Lassnigs ebenso, wie an Hubert Schmalix´ konsequent naive Flächigkeit. Flotter, nasser Pinselduktus verweist auf Koflers Ausbildung bei Siegfried Anzinger und Markus Lüpertz. Doch der Schein trügt. Denn obwohl sich der Maler offensichtlich vor seinen Idolen verneigt, gelingt es dem Südtiroler elegant sich selbst dabei nicht zu verleugnen.
Von Berglandschaften bis zu einer Zeder bei Nacht, von einem Feuerzeug bis zu einem T-Shirt (auf Jeansstoff) bauen sich die Narrative vorwiegend rund um gewöhnliche Sujets und Gegenstände. Die Geschichten, bestehend aus persönlichen Sehnsüchten oder Erinnerungen, dienen Kofler aber nicht als Vorlagen, sondern lediglich als Referenzpunkte, als Informanten und Impulsgeber. Der Künstler will eben gerade „Keine Geschichten“ erzählen, wie es der Titel der Ausstellung ankündigt. Reduziert und transformiert überträgt er seine Eindrücke auf die Leinwand - „Dieses Niemandsland schafft absichtlich viel Spielraum, wo jede Wahrheit willkommen ist.“ (Johannes Kofler, 2021)
Konkretes bestätigt sich - in einigen Fällen - lediglich durch die Titel auf den Leinwandrändern wie Schwäne im Wasser, oder wird von Kofler um zusätzliche Bedeutungsebenen erweitert (Sexfeuerzeug). Stets schwingt in dieser Behandlung des Sichtbaren eine spielerische Mehrdeutigkeit mit: Gegenständliches balanciert leichtfüßig an der Grenze zum Abstrakten während hinter schönen Fassaden der Schmerz lauert, sich Gewalt und Brutalität hinter einem Lächeln verstecken. So ziehen über einem (scheinbar) idyllischem Haus mit blauen Augen bereits dunkle Wolken herauf, ein süßes Äffchen baumelt am Strick, ein zerfließendes Gebirge entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als liegender Ausgebrannter, ein eng aneinander geschmiegtes nacktes Paar – mit Bär- und Löwenköpfen maskiert – feiert das rohe Fleisch vielleicht mit dem (anschließendem) gegenseitigen Zerfleischen.
Denn Kofler ist in erster Linie Maler. „Es geht um das Wie nicht um das Was“ – heißt es auch im Pressetext der Galerie. Und genau dort, in der Technik, verbirgt sich auch Koflers eigentlicher Beitrag zur zeitgenössischen Malerei. Auf Vorzeichnungen verzichtet der Südtiroler komplett, gemalt wird im Kopf. Doch nicht der Zufall führt die Hand, das Motiv wird bereits mit der Grundierung aufgebaut, während Hintergründe erst am Ende des Malprozesses entstehen. Bindemittel sorgen für einen bezaubernden Aquarelleffekt, der nicht nur als kompositorische Stütze fungiert, sondern gleichsam die Strenge verflüssigt, das Genre selbst hinterfragt und einen traumverhangenen Nebel des Dahinter durchschimmern lässt. Geschickt gleicht Kofler die Gewichtung seiner Malerei aus – der kräftigen Farbpalette begegnet er mit großformatiger Flächigkeit, die den Aufschrei - auch inhaltlich - bändigt. Pulsierende Umrisslinien halten den teilweise expressiven Pinselduktus zusätzlich im Zaum, geben den (beinahe) abstrakten Geschichten Halt. Johannes Kofler feiert die Malerei als solche. „Man kann viel von ihm erwarten,“ ist man in der Galerie überzeugt. Wir freuen uns schon darauf!
Johannes Kofler
Johannes Kofler, geb. 1982 in Sterzing, Italien, besuchte die Kunstschule St. Ulrich und studierte Design an der Freien Universität Bozen, Studium der Malerei bei Markus Lüpertz in Bad Reichenhall, 2014–2016 Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Siegfried Anzinger.
Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
Seilerstätte 7, 1010 Wien
Österreich