Katrin Hornek

Hornek beeindruckt in der Secession

Ort
Kunstszene
Künstler
testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer (im Bild), Mani Obeya, Martina De Dominicis, Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

Wie kommen radioaktive Partikel auf den Karlsplatz? Die Künstlerin Katrin Hornek war Teil eines Forschungsteams, das in einer Probe der Erdschicht dort Plutonium nachwies.


Sie folgte dessen Spuren bis zu Atomwaffentests und fragte: Was macht die das mit unseren Körpern und dem Planeten? Ihre Ausstellung „testing ground“ in der Secession versinnlicht derzeit ausgehend von der Radioaktivität die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt im Zeitalter des Anthropozäns.

Anthropozän

Die unheilvollen Auswirkungen des menschlichen Handelns für unseren Planeten sind in Katrin Horneks Ausstellung multisensorisch erfahrbar. Ihre Installation taucht den hellen Raum der Secession in eine düstere Atmosphäre, bei der unterschiedliche visuelle und performative Elemente, Sound und Geruch, Formen und Materialien zusammenkommen. Hier begibt man sich mit allen Sinnen in die Forschung zum Anthropozän – auch wenn nüchterne Fakten zu Grunde liegen. Hornek, die performative Kunst studierte und 2021 den Otto Maurer Preis erhielt, ist als Mitglied der interdisziplinären Forschungsgruppe „The Anthropocene Surge“ an den materiellen Spuren des Anthropozäns in sämtlichen Verflechtungen interessiert. Für „testing grounds“ diente ihr der radioaktive Niederschlag am Karlsplatz aus Ausgangspunkt. Sie begann, Belege für Strahlenbelastung nach Atomwaffentests seit 1945 zu sammeln und setzte dabei auf Kollaboration mit Forschenden und Kunstschaffenden verschiedener Disziplinen, zusammen bearbeitete man Datenmengen teils intuitiv, teils wissenschaftlich.

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Das Ergebnis des Forschungsmarathons ist nun das immersive Raumerlebnis in der Secession, das Hornek mit der Klangkünstlerin Zosia Hołubowska, der Tänzerin, Choreografin und Autorin Sabina Holzer und der Performerin und Choreografin Karin Bauer geschaffen hat. Plattformen und mit schwarzem Lack eingefasste Pools am Boden deuten eine zerfallende Landschaft an, die Pools ähneln in den Umrissen außerdem Chromosom 9 und 21: eine Anspielung, dass unsere Knochen Plutonium einlagern. Im Raum verteilt liegen Handhelds in Gestalt von Schildkröten: Die Tiere seien Umweltbotschafter, weil ihre Panzer Plutonium lange speichern, so die Künstlerin. Auch auf ihre mythologische Bedeutung beim Bikini-Atoll verweist sie, jenes Gebiet der Marshallinseln im Pazifischen Ozean, das vor über 60 Jahren bei Atombomben-Tests radioaktiv verseucht wurde. An der Raumdecke brachte Hornek Scans des Atolls an. Wer den Kopf in den Nacken legt, blickt von unten auf den „Baker“-Krater am Meeresboden: Es ist eine verkehrte Welt im Anthropozän.

Katrin Hornek, A Landmass To Come, 2020, kollektiv geformte Tonlandschaft, Sound, 35 min, im Auftrag der 2nd Riga International Biennial of Contemporary Art, 2020, Ausstellungsansicht, Foto: Kristine Madjare, © Bildrecht, Wien 2021

Katrin Hornek, A Landmass To Come, 2020, kollektiv geformte Tonlandschaft, Sound, 35 min, im Auftrag der 2nd Riga International Biennial of Contemporary Art, 2020, Ausstellungsansicht, Foto: Kristine Madjare, © Bildrecht, Wien 2021

„There will be no songs to sing“

Das Moment der Umkehrung interessiert Hornek ebenso wie Querverbindungen. Die Plattformen nehmen die Formen des Korallenriffs auf, in den Pools spiegeln sich die Scans. Bis in die Ecken ist weißer Mamorsand verstreut, eine Referenz an Korallenstaub, der sich bei den Atomexplosionen mit Schadstoffen verbunden und weltweit verteilt hat. Zu den visuellen Elementen kann man auf den Bildschirmen der „Messenger“-Schildkröten Zusatzmaterial abrufen - Erzählstränge von Hornek und Holzer - und sich tiefer in das Thema mit all seinen Wechselwirkungen begeben. Mit dem Sichtbaren spielt auf auditiver Ebene auch ein Soundscape von Hołubowska zusammen: Die Komposition (von Dröhnen bis field recordings) füllt den Raum subtil und versucht, dem Material eine emotionale Ebene zu geben

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Bei der Tanzperformance, die zweimal wöchentlich stattfindet, schwappt durch die Bewegung die an Erdöl erinnernde Tinte in den Pools fast über. „There will be no songs to sing“, endet sie in Gesang. Das Körpergedächtnis – das, was jenseits der Worte und Forschungsergebnisse liegt – ist hier zentral. Auch am eigenen Körper erfahren Besuchende die Installation: Der schwarze Boden aus recycelten Gummireifen erinnert nicht nur daran, dass die Secession nach dem Krieg als Reifenlager diente. Sein beißender Gummigeruch setzt sich auch unangenehm in der Nase fest, und beim Gehen schreiben sich die Fußabdrücke in ihn ein – wie die Spuren des Menschen im Anthropozän.

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer, Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer, Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez (im Bild), Karin Pauer (im Bild), Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez (im Bild), Karin Pauer (im Bild), Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer (im Bild), Mani Obeya, Martina De Dominicis, Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer (im Bild), Mani Obeya, Martina De Dominicis, Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer, Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

testing grounds, Performance mit Cat Jimenez, Karin Pauer, Mani Obeya (im Bild), Martina De Dominicis (im Bild), Ausstellung von Katrin Hornek, Secession 2024, Foto: Eva Würdinger

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, testing grounds. In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska, Ausstellungsansicht, Secession 2024, Foto: Sophie Pölzl

Katrin Hornek, A Landmass To Come, 2020, kollektiv geformte Tonlandschaft, Sound, 35 min, im Auftrag der 2nd Riga International Biennial of Contemporary Art, 2020, Ausstellungsansicht, Foto: Kristine Madjare, © Bildrecht, Wien 2021

Katrin Hornek, A Landmass To Come, 2020, kollektiv geformte Tonlandschaft, Sound, 35 min, im Auftrag der 2nd Riga International Biennial of Contemporary Art, 2020, Ausstellungsansicht, Foto: Kristine Madjare, © Bildrecht, Wien 2021

Secession

Friedrichstraße 12, 1010 Wien
Österreich

Katrin Hornek
testing grounds

In Zusammenarbeit mit Karin Pauer, Sabina Holzer und Zosia Hołubowska

8. März – 2. Juni 2024

Ausstellungsgespräch mit Buchpräsentation: 25.April, 18 Uhr

Performances im März: 16. März 14-17 Uhr, 19. März 13-16 Uhr, 23. März 14-17 Uhr, 27. März 11-14 Uhr, 30. März 13-16 Uhr