Gallery Diary - NIKOLAUS RUZICSKA | SEBASTIEN de GANAY
In der Galerie Nikolaus Ruzicska sind Arbeiten von Sebastian de Ganay und Anna Mansel bis 12. Januar 2023 zu sehen.
Eine Leitfrage zieht sich durch das gesamte Werk von SEBASTIEN de GANAY (*1962 Boulogne-Billancourt): What defines a painting? Was ist notwendig, um ein Kunstwerk als Malerei definieren zu können? Seit Anbeginn seiner künstlerischen Tätigkeit im New York der 1980er Jahre hinterfragt der Künstler den Wahrnehmungsprozess und experimentiert mit unterschiedlichsten Materialien. Am Schnittpunkt zwischen abstrakt und gegenständlich verbindet er Farbe und Form zu eigenständigen, oft humorvollen Bildfindungen. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren verwendet SEBASTIEN de GANAY Leinwände für seine Kunst: in Kombination mit Betonstahlstäben erforscht der Künstler in der Werkserie Canvas + Grid die Parameter der Malerei.
Betonstahl, auch Bewehrungsstahl, Armierungs- oder Moniereisen genannt, ist ein industriell hergestelltes, genormtes Material, welches zur Verstärkung von Stahlbetonbauteilen benutzt wird. Vor allem seine haptischen Qualitäten, die gerifelte Oberfäche, animierten den Künstler, mit dem Baustof zu experimentieren: der Stahlstab steht für die gemalte Linie, seine Dreidimensionalität ruft Schattenwürfe und Refexionen auf der Leinwand hervor. Die Platzierung der Stäbe fußt auf reiner Intuition. In Kombination mit strenger Geometrie und der vorrangigen Verwendung der Farben Gelb und Weiß, fühlt man sich an Werke Piet Mondrians und Kasimir Malewitschs erinnert. An diesen denkt man besonders bei Betrachtung eines einfärbigen Werkes aus der Serie: die ursprünglich grauen Stäbe sind weiß lackiert, die quadratische Fläche zwischen diesen wurde von SEBASTIEN de GANAY mit pastosen Pinselstrichen weiß bemalt. Malewitschs Weiß auf Weiß aus dem Jahr 1917 taucht vor dem inneren Auge auf. In den OPSD + Grid (= Open System Disc) betitelten Werken ersetzt eine kleine runde Sperrholzplatte die Leinwand.
Durch die Umkehrung der Größenverhältnisse zwischen Trägermaterial und darauf platzierten Stahlstäben erscheinen diese dominanter als in den Canvas + Grids. Assoziationen zu vergitterten (Bullaugen-)Fenstern werden wach.
Die dritte Werkgruppe unserer Ausstellung, Wall Pallets, ist ebenso wie die beiden Grids in den letzten Monaten im Atelier des Künstlers in Bad Deutsch-Altenburg entstanden. Paletten werden ihrer Funktionalität als Lastenträger enthoben, indem sie SEBASTIEN de GANAY zu Bildträgern umfunktioniert. Ihrer Mobilität beraubt dienen sie, dem Sockel einer Skulptur gleich, als Fundament einer monochromen Holzskulptur, die durch ihre Farbigkeit und Beschafenheit erneut den Wahrnehmungsprozess des Betrachters erweitert: man glaubt, Metallobjekte vor sich zu haben. Es handelt sich aber in Wahrheit um monochrom lackiertes Holz, welches teils durch seine reliefartige Oberfäche eine rhythmische optische Schwingung erzeugt, teils keilartig der Wand vorgelagert ist.
Die Kunstwerke von SEBASTIEN DE GANAY haben nicht nur einen hohen ästhetischen Wert, sondern sind auf einzigartige Weise Instrumentarien zur Hinterfragung gängiger Klassifzierungen von Kunst.
Die Werke von ANNA MANSEL sind allesamt Unikate, von Hand in ihrem Atelier in Wien gefertigt. Der Fokus ihrer Kunst liegt, der japanischen Tradition des Wabi-Sabi und Kintsugi folgend, auf der Schönheit im Imperfekten: der Gebrauch der Objekte veredelt ihr Erscheinungsbild und ist ausdrücklich erwünscht.
Galerie Nikolaus Ruzicska
Faistauergasse 12, 5020 Salzburg
Österreich