Galerie ARTECONT Wien

Opernring 21, 1010 Wien
Österreich

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Di.-Fr.: 11-18 Uhr
Sa. 11-16 Uhr

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Eröffnung: Donnerstag, 12.September, 18 Uhr


Franz Grabmayr zählt zu den wichtigsten Künstlern seiner Generation und es ist zu erwarten, dass sich seine kunsthistorische Bedeutung auch international in den kommenden Jahren mehr und mehr herauskristallisieren wird. Ein Wesensmerkmal seines Schaffens ist die Auseinandersetzung mit Natur, mit Landschaftlichkeit, wobei sein Bestreben als Maler des 20. Jahrhunderts nie das "Abbild" sein kann.

Es ist ein manifestieren der Energie, die einer Landschaft, einer Situation innewohnt. Sei es ein Felsen, ein Baumstumpf, eine Feuerstelle oder die Trance einer Tänzerin - seine Arbeit hat immer etwas Archaisches und erinnert eher an einen Schmied in der Bronzezeit, der der Natur mit Hilfe des Feuers Form abringt oder an einen Alchemisten des Mittelalters. Jedoch ist sein Ziel nicht das, die unbändige Natur in eine Form zu zwingen, sondern das, der kontrollierten Natur des 20. Jahrhunderts, in unbemerkten Nischen wie einer Sandgrube, eine Ursprünglichkeit der Wahrnehmung, ein intuitives unmittelbares Erleben entgegenzusetzen. Dabei ist es die Farbe selbst, der seine ganze Aufmerksamkeit gilt.

Er versteht es wie kein Zweiter, die Materialität und Substanz von Farbe innerhalb einer intuitiv gesteuerten Eruption in den Vordergrund zu rücken und im kognitiven Wechselspiel mit dem Betrachter zu manifestieren, sichtbar - ja beinahe körperlich spürbar zu machen. Man hat Franz Grabmayr als Vorläufer, als "Vater" oder - wie sie selbst sagen - als "Vorbild" der "jungen Wilden“ gesehen. Oder auch, wie Konrad Oberhuber, der ehemalige Direktor der Albertina, als Vorläufer des Aktionismus. Kaum einer, der sich der Suggestion der Bilder Grabmayrs entziehen kann. Alles ist Farbe.

Deren Erscheinung sosehr wie deren Gewicht, deren Material wie deren koloristische Wirkung wird mit einer Konsequenz und Virtuosität in Einklang gebracht, der in internationalen Getrieben der Kunst einzig Eugène Leroy zur Seite zu stellen wäre. Dessen gespachtelte oder direkt aus der Tube auf - gedrückte Farbreliefs sind einerseits die nächsten Verwandten zu Grabmayr, andererseits nimmt Leroy durch die koloristisch homogenen, zentimeterdick geschichteten und gehäufelten Bilder eine völlig andere Position ein als Grabmayr. Grabmayr nutzt bewusst die Farbverwerfungen, er spielt mit dem aus der Bewegung heraus resultierenden Überschlagen der Farbe, mit den Sensationen die aus Überlagerungen verschiedener Koloritschichten entstehen. Grabmayr weiß auch um die Schwerkraft seiner Farbe. Nichts gelungener als wenn einer aus dem Farbleib herausgerissenen Schlucht ein Klumpen Farbe gegenübersteht, der langsam, der Schwerkraft folgend, absackt bis er der Lava gleich erkaltet und stehenbleibt.

Es gehört viel Erfahrung dazu, um dieses Eigenleben der pastos aufgetragenen Farbe nicht in ungeformtes Chaos ausufern zu lassen. Sosehr der Zufall sich sein Recht verschafft, er tut es doch nur innerhalb von Grenzen, die der Künstler vorgibt. Bei Leroy trägt sich das Drama der Farbe immer erst aus allernächster Nähe betrachtet zu. Man muss bei dem Franzosen die Farbe riechen können, um Ihr Leben angemessen zu sehen. Demgegenüber sind Grabmayrs Bilder sowohl nah als auch fernsichtig. Aufregend im Detail wie im Überblick. Selten wurde in der österreichischen Kunst die Krise in der Repräsentation von Natur, die der Aufstand der Abstraktion gegen die Nachahmung ausgelöst hat, ungezügelter zum Fundament einer Malkultur. Selten wurde die Selbstreferenz von Farbe und Material zur überzeugenderen ultima ratio der Malerei.

Auszug, Prof. Dr. Klaus Albrecht Schröder - Direktor der Albertina Wien , Katalog zur Ausstellung Franz Grabmayr, Österreichische Galerie Belvedere, 2002

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