Alfons Pressnitz & Stefan Wirnsperger

Alfons Pressnitz, Passenger, 110 x 90, Öl auf Leinwand, 2015

Rechbauerstraße 21

Rechbauerstraße 21, 8010 Graz
Österreich

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Donnerstag und Freitag: 15 - 18 Uhr

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CLOSE VIEWING DISTANCE


Close Viewing und Viewing Distance – so lässt sich die Klammer bezeichnen, um die gegensätzlichen Arbeiten von Alfons Pressnitz und Stefan Wirnsperger zusammenzuführen: kleine und große Welt, Privatsphäre und Öffentlichkeit, Persönliches und Kollektives, die Welt des Zimmers und die Welt der Stadt. Die Nahsicht auf Gegenstände und Räume steht der Sicht auf architektonische Strukturen gegenüber.

Mit seinem Blick auf eine stilllebenhaft erfasste Realität hat Alfons Pressnitz regelmäßig das Verstörende im scheinbar Vertrauten aufgesucht und ausgelotet. In seinen neuesten Papierschnitten inszeniert er ein scheinbar beunruhigendes Privattheater. Ein virtuoses Verwirrspiel mit dem Orientierungssinn beginnt: Das Auge wird gezwungen, sich schrittweise durch ein Chaos vorzutasten, als fürchte es die Kollision mit einem im Halbdunkel verborgenen Objekt. Eine für sich genommen banale Dingwelt wird nicht etwa vorgeführt, um eine ungeordnet wirkende Privatsphäre zu enthüllen. In undurchdringliches Schwarz getaucht, verliert sich alles im Ungefähren, ein paar Dinge werden in ebenso scharf wie bewegt konturierte Umrissfolien eingezeichnet und in ihrem physischen Vorhandensein mehr angedeutet als hervorgehoben. Ein Gefühl des nicht mehr Greifbaren, nicht mehr Vertrauten kommt auf und lässt unbefangene Nähe nicht mehr zu.

Anders als bei Alfons Pressnitz gibt es bei Stefan Wirnsperger ein optisches Überangebot an Konturen und Linien, Flächen und scharfkantigen Volumina. Was nicht heißt, dass die überaus harte Gegenständlichkeit dem um Orientierung bemühten Auge die Arbeit leichter machte. Niemand muss sich hier durch ein mystisches, allerlei Überraschungen bergendes Dunkel tasten. Wie unter gleißendem, kalten Licht soll die Lektüre einer Dingrealität fortgesetzt werden, die von nahezu erbarmungsloser physischer Präsenz ist. Fiktive Stadtlandschaften breiten sich aus, die an den Wildwuchs lateinamerikanischer Metropolen erinnern. Kein Wunder: Der Maler ist mit Mentalität und Klima Mexikos vertraut, was zugleich bedeutet, dass jener klassische Sehnsuchtsfaktor außer Kraft gesetzt ist, der hierzulande gerne mit der Macht des Lichts in warmen Zonen verbunden wird. Von „südlicher“ Heimeligkeit keine Spur. Urbane Strukturen, die nur noch Strukturen sind, aber keine gesicherten Lebensräume bilden. „Wer mag hier überleben, wenn nicht mit aller Härte?“, mag man fragen, sich die Alltagsrealität Lateinamerikas vor Augen haltend. Aber um Feldforschung, um die Auslotung von Milieus geht es hier nicht. Allein das Auge bleibt herausgefordert: Kunst ist Exploration.

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