Attersee im Belvedere 21

Zwischen Pop-Art, Postern und Prothesen. Attersee als Allrounder

Christian Ludwig Attersee, „Feuerstelle“, 2001, Mischtechnik mit Foto aus 1968 auf Karton, 36 x 48 cm, Privatbesitz | Foto: Atelier/ Archiv Attersee, Wien

Christian Ludwig Attersee bewegt sich zwischen Speisen, Segeln und erotischer Symbolik. 2019 wird ihm im Belvedere 21 mit „Attersee. Feuerstelle“ eine Ausstellung gewidmet, die vorrangig sein Frühwerk in den Mittelpunkt stellt – ein Fokus dem es auch gerecht wird.


Attersee, der 1940 in Pressburg als Christian Ludwig geboren wird, ist gleichermaßen renommiert wie revolutionär. Zu verdanken ist dies vorrangig seinem progressiven Frühwerk, das ihm zeitweise sogar internationale Bedeutung bescherte. In seinem Werk stehen Konsumgegenstände, wie die Attersee-Wurst, der Konsumkritik gegenüber und stärken das Bild eines potenziell polarisierenden Künstlers, der auch erst kürzlich für ein Werbe-Plakat zum Ski-Weltcup unter Kritik stand.

Attersee ist vielfältig. Ein Mann der ebenso auf dem Wasser, in der Musik, auf der Bühne, in der Sprache und in der Kunst zu Hause ist – Ein Segler, ein Sänger, ein Bühnenbildner, ein Schriftsteller, ein Künstler. Sein Werk ist ebenso vielseitig wie einheitlich und auch die derzeitige Ausstellung gibt Attersees vielfältigen Facetten den Raum, den sie zweifellos benötigen, um sich vollends zu entfalten. Die Vielfalt seines Œuvres zeigt sich nicht allein in dem Spiel mit verschiedensten Medien, die sich scheinbar gleichzeitig bedingen und beleben. Ob Graphik oder Collage, ob Fotografie oder Leinwand, ob Teppich oder Tapete, ob Zwei- oder Dreidimensional – Attersees künstlerisches Schaffen besteht über die Grenzen eines Mediums, weitet sie aus und lässt sie verschwimmen.

Der Bilderrahmen wird ebenso in seine Werke einbezogen, wie er selbst. Er wandelt zwischen Selbst- und Speiseninszenierung und arbeitet mit dem Phänomen Wetter, wie es vermutlich sonst keiner wagt. Tiere werden als Hundepelzhocker, Dackelstelze und Hundebüstenhalter zweckentfremdet und Natur wird gleichermaßen in ihrer Natürlichkeit thematisiert, wie aufgebrochen und „atterseeisiert“. Doch so vielschichtig seine Arbeiten auch seien mögen, so eindeutig ist doch seine unverkennbare Bildsprache, die sich nahtlos in all seinen Werken wiederfindet. Denn Attersee begreift die Ästhetik des Alltäglichen und lässt das Alltägliche ästhetisch erscheinen. „Kunst sollte [laut Attersee] nicht nur in Galerien zu finden sein, sondern auch im Alltag.“ – und so stehen Objekterfindungen wie das Attersteck den Speisekugeln gegenüber und bilden zusammen mit der Attersee-Wurst und den Schinkenfingern eine Collage des Kuriosen.

Christian Ludwig Attersee, Hundepelzhocker, 1968, Acryl und Lack auf grundierter Leinwand, 105 x 105 cm, Privatbesitz | Foto: Atelier/ Archiv Attersee, Wien © Bildrecht, Wien, 2019

Christian Ludwig Attersee, Hundepelzhocker, 1968, Acryl und Lack auf grundierter Leinwand, 105 x 105 cm, Privatbesitz | Foto: Atelier/ Archiv Attersee, Wien © Bildrecht, Wien, 2019

 

Nicht unbemerkt prägt sein Werk die subtile und weniger subtile Erotik und zieht den Betrachter nicht selten in eine Welt scheinbar skurriler Sexualität – dies jedoch ohne skandalös zu wirken. Vom Würfelbüstenhalter bis zum OBJEKT VAGINA scheut der Künstler nicht vor Kontakt mit dem Körper und findet sich auch selbst in einem Spiel mit den Geschlechtern wieder. Attersee inszeniert sich gleichermaßen männlich, wie androgyn und dies ohne an Authentizität zu verlieren – Attersee bleibt Attersee.

Attersee bleibt Attersee.

Katharina Müller

 

Neben großformatigen Leinwänden, widmet „Attersee. Feuerstelle“ dem Künstler auch einen Raum, der seine musikalische Seite in den Vordergrund rückt. Die Ausstellung ist somit sowohl ein visuelles als auch ein auditives Erlebnis, das nicht nur eine Person, sondern eine Persönlichkeit darstellt. Der Begriff Attersee scheint für Christian Ludwig Attersee zugleich Name, Ort, Symbol, Kunst und Teil seines Werks zu sein – verwoben und verbunden in seiner Person. Ob man ihn und seine Kunst nun feiert, hinterfragt oder fragwürdig findet, sei schlussendlich in den Raum gestellt und bleibt wohl auch dort stehen.


Kunstkritik ist dann gut, wenn sie sich ihren eigenen Raum sichert, eine Geltung beanspruchen kann und ohne sekundäre Begründung auskommt. (Stefan Lüddemann). Im besten Fall gibt die Kunstkritik der Kunst selbst einen neuen Raum. Fakt ist jedoch, dass sie nicht unabhängig von einem medialen Umfeld situiert werden kann und eine Praxis des Schauens, Beurteilens und Schreibens erfordert. In diesem Sinne geben wir auf unserer Website im Format "Junge Kunstkritik" jungen Autoren und Autorinnen die Möglichkeit ihre Kritiken zu veröffentlichen.

Belvedere 21

Quartier Belvedere, Arsenalstraße 1, 1030 Wien
Österreich

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