Atelierblicke!

Wie viel Raum braucht Kreativität?

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Wie nutzt man den begrenzten Platz eines kleinen Ateliers optimal? Diese Frage beantwortet die Künstlerin Lisa Breyer mit einer Mischung aus Pragmatismus und künstlerischer Intuition. Bei unserem Besuch in ihrem Atelier im 8. Wiener Bezirk im Juni zeigte sie, wie sich ein Raum nicht nur effizient, sondern auch atmosphärisch gestalten lässt.


 

Zerstören, neu zusammensetzen, weiterdenken

Schon beim Eintreten trifft man auf ein organisiertes Künstlerchaos in lebendigen Farben. Nach ihrem Abschluss an der Akademie der Bildenden Künste Wien im vergangenen Jahr widmet sich die gebürtige Deutsche heute intensiv der Malerei und Zeichnung. Ihr künstlerischer Fokus liegt auf dem Zusammenspiel von Figur und Raum – und auf einem Arbeitsprozess, der stark vom Fragmentarischen geprägt ist. Häufig beginnt sie mit Landschaftsskizzen oder Studien von Figuren, die sie aus unterschiedlichsten Quellen bezieht: von Statuen, Modezeichnungen oder Aktzeichnungen. Diese Fragmente setzt sie anschließend zu neuen Bildwelten zusammen. Dabei geht es ihr nicht um eine realistische Ganzheit, sondern um eine innere Logik – die für Betrachter:innen auch durchaus „unlogisch“ sein darf.

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Breyer beschreibt ihren Malprozess als ein ständiges Zerstören und Wiederaufbauen. Oft greift sie bewusst in bereits entwickelte Kompositionen ein, stört harmonische Abläufe, um neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden.

Ich mache mir ganz gerne Probleme in meinen Malereien.

Lisa Breyer

Ihr Atelier teilt sie sich mit einem Kollegen – praktischerweise liegt es direkt im Wohnhaus. Die leerstehende Wohnung sollte ursprünglich renoviert werden, doch da sich dies verzögert, nutzen die beiden den Raum nun zu einem günstigen Preis. Ein Glücksfall angesichts der prekären Atelierlage in Wien.

Der begrenzte Platz stellte jedoch anfangs eine Herausforderung dar. Möbel und Stauraum wurden daraufhin individuell angepasst, um funktionale Arbeitsbereiche zu schaffen. Besonders stolz ist sie auf ein eigens entworfenes „Lisa-Regal“ – ein Geschenk ihrer Architektinfreundin Ilina Kokaleska mit Anleitung im Ikea-Stil.

Ihr Atelier bleibt bewusst reduziert. An den Wänden hängen meist nur wenige Arbeiten – aktuelle Werke im Entstehungsprozess oder Bilder, an die sie anknüpfen möchte. Zu viele visuelle Reize vermeidet sie gezielt, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Denn viele ihrer Gemälde befinden sich ohnehin in einem dauerhaften Prozess: Lisa Breyer greift immer wieder auf ältere Arbeiten zurück, überarbeitet sie, verändert Farben oder Kompositionen.

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Auch im Umgang mit sich selbst sucht sie nach Strategien, um der Perfektion zu entkommen. Manchmal greift sie absichtlich zu einem viel zu großen Pinsel, um feine Details – etwa Gesichter – zu malen. Dadurch entsteht eine ungeplante, spontane Geste, die den Bildern eine besondere Lebendigkeit verleiht. Um sich von Erwartungsdruck zu befreien, malt sie zwischendurch sogenannte „Versuchsbilder“, in denen sie frei mit Farbe experimentiert, ohne ein fertiges Ergebnis im Blick zu haben.

Ihre Figuren entziehen sich klaren Zuschreibungen. Sie setzen sich aus verschiedenen Körperfragmenten zusammen, ohne dabei künstlich oder grotesk zu wirken. Ein Arm stammt vielleicht von einer Statue, eine Frisur aus einer Modezeichnung, andere Elemente aus alltäglichen Beobachtungen. Geschlechteroffene Darstellungen sind dabei kein Programm, sondern eine Einladung zur Interpretation: hohe Absätze oder lange Haare sind keine Festlegungen, sondern spielerische Codes, die gelesen, aber nicht festgeschrieben werden.

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Atelierblicke! Lisa Breyer, Foto: PARNASS

Im Herbst steht für Lisa ein neuer Abschnitt bevor: Eine dreimonatige Künstlerresidenz in Südspanien, dem Heimatland ihres Mannes. Das Land spielt schon jetzt eine wichtige Rolle in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung – nun möchte sie vor Ort ein Projekt entwickeln, das sich mit dem Ort und seinen Menschen befasst.

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Atelierblicke!


 

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