Various Others – Treffsicher kuratiert

Die Münchner Kunstcrowd mag über zu hohe Mieten für Galerieräume und schwierige Bedingungen für junge Künstler:innen klagen, doch das Galerienfestival Various Others lässt keine schlechte Laune aufkommen und bietet ein durchwegs spannendes, klug kuratiertes Programm.
Knust Kunz Gallery Editions
Klug ist man hier schon allein deshalb, weil man sich mit einer wunderbar komponierten Schau in die aktuelle Ausstellung „Fünf Freunde“ (Cage, Rauschenberg, Cunningham, Twombly, Johns) im Museum Brandhorst einschreibt. Die Galerie setzt unterschiedlichste Arbeiten in Bezug zu ihrem Protagonisten John Cage: Bruce Naumanns Grabstein „Partial Truth“, Pass-Stücke von Lena Grossman, eine auf Papier geklebte Zigarettenschachtel von Robert Motherwell… Cage lauert hier hinter jedem Kunstwerk und beweist, dass Konzept die Ästhetik nicht verhindert!
JOHN CAGE. PETITE OUVERTURE
bis 5. Juni 2025 | Ludwigstrasse 7, 80539 München

John Cage, KNUST KUNZ GALLERY EDITIONS, Foto: Wameser
Françoise Heitsch
Ganz klare Verbindungen schafft Antje Engelmann in einer Doppelschau (mit Klaus vom Bruch), in der es um Körper geht, die aus Normierungen ausbrechen wollen. Die Künstlerin zeigt dies eindrucksvoll mit ihrem Selbstporträt „Steinfrau“. Engelmann liegt, mit großen Steinen beschwert, an einem Fluss, ihrer Erkennungsmerkmale beraubt: eine klare Hommage an Meret Oppenheims Werk desselben Titels. Die Arbeitsweise mag eine andere sein, und doch gleichen sich die Bildnisse in der stillen Unterdrückung, die sich darin manifestiert.
IN A BODY
bis 28. Juni 2025 | Amalienstrasse 19, 80333 München
VO markiert nicht nur den Beginn der Kunstsaison in München, sondern hat sich auch als fester Bestandteil im internationalen Kunstkalender etabliert.

Antje Engelmann, Galerie Françoise Heitsch, Foto: Alexandra Markl
Britta Rettberg
Ein weiterer Beweis dafür ist eine wunderbare Arbeit Laura Ní Fhlaibíns, die dem selbstbewussten Titel der dortigen Gruppenschau „This Must Be The Place“ durchaus gerecht wird. In ihrer zarten Wandmalerei beschäftigt sich Ní Fhlaibhín mit Verwundbarkeit und bezieht chronische Krankheiten in der Natur und im Menschen aufeinander. Aus persönlichem Erleben kommt das Nachdenken über den Schutz aller Lebewesen: kosmische Architektur!
THIS MUST BE THE PLACE
bis 21. Juni 2025 | Gabelsbergerstrasse 51, 80333 München

Laura Ní Fhlaibín, Britta Rettberg, Foto: Alexandra Markl
Nir Altman
Traumähnliches gelingt – wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise – dem schottischen Duo Littlewhitehead in seiner Schau „Now the east wind hunts“. Die Mitte des Raums nimmt ein paraventähnliches Holzgitter ein, durch das der besagte Ostwind bereits durchgepfiffen hat; an einigen Paneelen kleben letzte Papierfetzen oder hängen zerrissene Hoodies in ausgewaschenen Farben. Werke wie „Sleeping earth“, „Frigid air“ oder „Snowfall on leaf“ umgeben die Skulptur: Winterlandschaften in einer Sommerausstellung. Die Wandbilder sind in Gips gearbeitet und erinnern an japanische Silk Screens, in ihrer Ästhetik kontrastieren sie stark mit dem zerpflückten Objekt in ihrer Mitte. Und doch: Die Atmosphäre ist ruhig, den Schnee auf den Bildern meint man fallen zu hören – das ideale Refugium an kommenden heißen Tagen!
NOW THE EAST WIND HUNTS
bis 28. Juni 2025 | Gabelsbergerstrasse 83, 80333 München

Littlewhitehead, System block, 2023, © Courtesy of the artist and Nir Altmann, Munich_zugeschnitten
Paulina Caspari
Pastellige Farbkombinationen auch hier; gleich anfangs wird der Blick von einer übergroßen und doch zarten „Moon flower“ von Antonia Brown gefesselt. Wie ein Gruß aus einer anderen Welt scheint sie auf dem Betonboden gelandet zu sein – nicht umsonst ist die Gruppenschau mit „my galaxy“ betitelt. Jeanne Gaigher zeigt ihr Universum mit bemalten Stoffen, auf denen (vielleicht galaktische) Wirbel die Seerosen Claude Monets in Erinnerung rufen. Sanfte Farbtöne auch in Hojeong Lees Arbeiten: Ein wunderbar abstraktes „Chocolat“ oder ein „Kalter Griff“ können zwar als galaktische Formen interpretiert werden, bieten aber auch genug Raum für eigene Assoziationen. Hier schwebt so einiges!
MY GALAXY
bis 28. Juni 2025 | Augartenstrasse 33a, 80333 München

Molly Rose Lieberman, I Am In Love With My Center Peace, 2023, © the artist and Theta, New York
Galerie Rüdiger SchÖttle
Um Architektur in unterschiedlichen Ausformungen geht es auch hier, wo mit der Verpflichtung der Künstlerin Leiko Ikemura als Kuration ein Coup gelungen ist. In ihrer Schau „Breaking the walls, Dino appears“ zeigt sie eigene und fremde Werke, um die „Mauern zwischen Architektur und Kunst einzureißen“ (obwohl man einen solchen Kraftakt der sanft auftretenden Künstlerin nicht wirklich zutrauen möchte). Häuser etwa begreift sie als Schutz und Gefahr zugleich, seit in ihrer Kindheit ihr Zuhause von einem Taifun zerstört wurde. Haus als Heim rezipiert sie wiederum in ihrer Skulptur „Haus-Frau“, die sie klar in die Tradition Louise Bourgeois‘ und deren „Femme Maison“ setzt. Damit kombiniert sie etwa das Modell einer Bibliothek von Thomas Schütte oder ein Step Painting von Martin Creed, das wie Tortenarchitektur daherkommt, ein Augenzwinkern. Großformatige Fotografien komplettieren die Schau: Thomas Struth lässt riesige technische Modelle zur Skulptur werden, während Thomas Ruff ein Bauwerk Mies van der Rohes quasi im Vorbeifahren einfängt – ein traumähnlicher Charakter für ein Werk, das materialistischer nicht sein könnte.
BREAKING THE WALLS, DINO APPEARS
bis 1. August 2025 | Amalienstrasse 41, 80799 München

Leiko Ikemura, Galerie Rüdiger Schöttle, Foto: Alexandra Markl
Palais Montgelas
Eine Empfehlung noch: Nur am 17. und 18. Mai wird es im Bayerischen Hof nochmals die Gelegenheit geben, im angeschlossenen Palais Montgelas zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Goetz in den Räumen aus dem frühen 19. Jahrhundert zu sehen. Cindy Shermans Selbstporträts vertragen sich sehr gut mit den historischen Damenporträts aus der Sammlung des Hotels. Aber dass auch eine rosafarbene Schaukelskulptur von Hannah Levy im Watteau-Salon ihren logischen Platz findet ist bemerkenswert. Entdeckerfreuden!
IM RAHMEN VON "TOO SOON TO SAY – THE UNCONFERENCE"
17. und 18. Mai 2025 | Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz 2-6, 80333 München

Palais Montgelas, Too Soon To Say – The Unconference, Foto: Silvie Aigner