Martin Noël in Albertina und zs art Galerie

Unbekannt aber gut!

Eine der größten Überraschungen der letzten Ausstellungsbesuche waren die Arbeiten von Martin Noël. Die Albertina zeigt aktuell eine Retrospektive des deutschen Minimalisten, Objekt- und Konzeptkünstlers. Bis 18. Februar präsentiert die zs art Galerie unter dem Titel "Der Raum dazwischen" Werke seiner mittleren Schaffensperiode.


Martin Noël war ein deutscher Künstler, 1956 geboren in Berlin, studierte er freie Grafik und Malerei in Köln. 2010 verstarb Martin Noël in Bonn. Vielen war sein Œuvre bis dato nicht bekannt, dass er in der Albertina eine große Ausstellung erhält, verwunderte zunächst – bis man die Ausstellung besuchte und ein sehenswertes Werk entdeckte.

Eine Wiederentdeckung des Holzschnittes

Tröstlich immerhin, dass Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, die Vorstellung des Künstlers mit den Worten einleitete. „Wenn Sie Martin Noël nicht kennen, geht es Ihnen wie mir“, kennengelernt habe er das Werk erst durch seinen Kollegen Wenzel Jacob. Offenbar war er schwer begeistert und richtete dem Künstler eine Retrospektive in der Albertina aus. Gut so, denn es ist wirklich ein markantes, singuläres Œuvre. Doch durchforstet man Noëls Biographie, so war es wieder einmal der umtriebige Galerist Thomas Mark der den reduktiv arbeitenden Künstler in Österreich nicht nur kannte, sondern auch 2008 und 2005 bereits in Wien in seiner damals von ihm geleiteten Galerie artmark ausstellte, 2006 war er bei der rittergallery in Klagenfurt zu sehen. Sein Werk ist zugleich eine Wiederentdeckung des Holzschnittes, ein höchst individueller Beitrag, in dem es dem Künstler gelingt das Medium zeitgenössisch zu interpretieren. Neben großformatigen Holzschnitten, in denen die Gestik der Linie sich über das gesamte Blatt erstreckt, wird in den meisten Arbeiten jedoch der Druckstock selbst zum eigenständigen Objekt.

Ausstellungsansicht, Martin Noël in Albertina, Foto: Reiner Riedler

Martin Noël hatte eine besondere Gabe, Strukturen zu sehen, in der Natur und der Stadt ebenso wie in Werken aus der Kunstgeschichte.

Leonie Pfennig

Zunächst dominiert die Farbe, zumal Martin Noël oft knalliges Rot oder zartes Rosa verwendet, doch schon bald ergibt sich ein kontrastreiches Wechselspiel mit dem freigelegten Holz, dem Duktus mit dem der Künstler sich mit dem Stichel ins Holz hineinarbeitet. Einzelne Druckstöcke zeigen einen Aufbau mittels verschiedener Materialflächen, doch zumeist sind es Linien, die sich über den gesamten Druckstock ziehen. Abstrakt, gestisch, reduziert oder in mehrteiligen, verästelten Linien. Sie greifen in die Oberfläche ein und reißen sie auf und schreiben sich wie Gräben in das Bild ein. Zuweilen wirken sie fast wie Narben, die an der Oberfläche sichtbar geworden sind.

Anregungen fand Noël im Alltäglichen, in den besonderen Details der urbanen wie ländlichen Umgebung. Risse, gekittete Brüche oder florale Schattenspiele an Wänden und Boden wurden zu Inspirationsquellen. „Martin Noël hatte eine besondere Gabe, Strukturen zu sehen, in der Natur und der Stadt ebenso wie in Werken aus der Kunstgeschichte. [...] er nahm die Eindrücke vielmehr mit dem Blick auseinander, sezierte sie und brachte sie in ein Gerüst von Linien und Flächen, bis nur noch eine Essenz, häufig auch ein Ausschnitt aus einem größeren Konstrukt übrigblieb“, schrieb Leonie Pfennig im Ausstellungskatalog der Albertina.

Martin Noël, M. L., 2010, Acryl auf Leinwand © Estate Noël, Foto: Mick Vincenz

 

zs art – Eine kongeniale Ergänzung

Neben dem Holzschnitt war es auch der Linolschnitt, dem Martin Noël einen wesentlichen Teil seines Schaffens widmete, und in der zs art Galerie einige Beispiele zu sehen sind. Während die Albertina Noël mehr als Objektkünstler in den Mittelpunkt rückt, sind in der Galerie feine Papierarbeiten zu sehen: Aquatinta Radierungen, Holz- und Linolschnitte bis hin zu Buntstiftzeichnungen auf Papier. Die Schau ist so eine kongeniale Ergänzung zur Museumsausstellung. Der Nachlass des früh verstorbenen Künstlers findet sich noch im Familienbesitz. Sein Werk weiterhin in der Kunstszene präsent zu halten, ist ein Anliegen, dem sich die zs art Galerie auch in Zukunft widmen möchte.

Albertina Museum Wien

Martin Noël. Die Retrospektive

bis 20.2.2022


ZS Art Gallery

Martin Noël. Der Raum dazwischen

bis 18.2.2022

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