"Knit & Weave" im Schloss Hollenegg

Textile Geschichten in alten Gemäuern

Aoi Yoshizaw, Foto: Flavio Karrer

Nach "Earth & Fire", "East to West", "Ash & Sand" oder "Woodland" ist also "Knit & Weave" das Thema, unter dem Designer:innen aus aller Welt heuer ihre Arbeiten dem historischen Interieur des Schlosses Hollenegg in der Weststeiermark gegenüberstellen dürfen.


 

Textilien sind ein wenig wie Bücher: Sie bewahren Geschichten auf und es ist unsere spannende Aufgabe, ihre Herstellung und Bedeutung zu erklären.

Alice Liechtenstein

Alice Liechtenstein öffnet als Hausherrin und Kuratorin wie jedes Jahr im Mai im Rahmen des Festivals "Designmonat Graz" die Türen ihres Zuhauses für Kunst und Kreativität. Die gebürtige Italienerin hat selbst in Mailand und Barcelona Design studiert, bevor sie nach Österreich zog und als Kuratorin tätig wurde. Alte Techniken neu zu interpretieren, sich von Gegebenheiten inspirieren zu lassen und Objekte brauchbar, kreativ und unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu gestalten, das sind einige der Themen, für die sich Alice Liechtenstein interessiert, beziehungsweise, die ihr als Auswahlkriterien für ihr Artist-in-Residence Programm und für die aktuelle Ausstellung dienen. „Es macht Spaß eine Ausstellung nicht in einen weißen Raum zu setzen, sondern die zeitgenössischen zu den historischen Objekten sprechen zu lassen“, bringt Co-Kuratorin Johanna Pichlbauer die Intention auf den Punkt.

Auf einen Open Call haben sich heuer sehr viele Designer:innen gemeldet von denen 30 Positionen in den Salons, Loggias, Gängen und Badezimmern Platz gefunden haben. Es geht um textile Arbeiten und bis auf zwei Männer sind es ausschließlich weibliche Protagonistinnen, deren Projekte hier zu sehen sind. Wer auf das Schloss zugeht, ist gleich in medias res, denn die Arbeit der aus Wien stammenden Designerin Theresa Hattinger ist nicht zu übersehen. „For Scale“, zum Vergleich, steht da in großen Lettern auf einem gelben Transparent. Es symbolisiert mit seinen 38 Quadratmetern die durchschnittliche Größe des Lebensraumes von Europäer:innen und wirkt auf der unermesslich langen und hohen Außenfassade des Schlosses eher klein. 

Alice Stori Liechtenstein, Foto: Lipp Zahnschirm, 2021

Alice Stori Liechtenstein, Foto: Lipp Zahnschirm, 2021

Fäden, Formen, Frauenpower

Am Stiegenabsatz vor dem Festsaal hat die Designerin Anna Resei ihren Auftritt. Sie hat in Kooperation mit dem Wiener Traditionshaus Wilhelm Jungmann & Neffe eine Serie von Seidentüchern gestaltet, deren Muster Elemente der barocken Architektur von Schloss Hollenegg enthalten. Den Saal selbst hat Alice Liechtenstein mit historischen textilen Artefakten aus dem Haus belebt. In den folgenden Salons sind unterschiedliche Geflechte des niederländischen Designerkollektivs Basket Club zu sehen, zwei gestrickte Skulpturen der Belgierin Emilie Palle Holm, eine Arbeit der Designerin Fransje Gimbrère, die aus Schnüren ein stehendes, irritierendes Objekt geschaffen hat, sowie eindrucksvolle, von der Decke hängende, farbenfrohe Gewebe im original erhaltenen Badezimmer einer Vorfahrin aus dem Hause Liechtenstein. Besonders sympathisch wirkt die Arbeit der französischen Künstlerin und Designerin Sarah Espeute im kleinen Speisezimmer: Nach einer Idee der Hausherrin gefertigt, wurde aus im Schloss gefundenen Stoffen ein weit ausladendes Tischtuch genäht, das als Hommage an lebende und verstorbene weibliche Familienmitglieder der Liechtensteins deren Namen in feiner Stickerei trägt.

Interessant auch, was die beiden männlichen Designer in Hollenegg zeigen: Stefan Adrian Troendle, ein Industriedesigner, hat mit 3D-Druck und Webtechnik an seinem Objekt einer Laufsohle experimentiert. Ganz anders Marcos Kueh, aus Borneo stammend, der eine dreiteilige Madonnenserie geschaffen hat, in deren Darstellung er Symbole und Architektur aus der asiatischen Ikonografie einfließen lässt.

Anna Resei, Foto: Lipp Zahnschirm

Anna Resei, Foto: Lipp Zahnschirm

Feines Gewebe aus zweierlei Fäden der Japanerin Aoi Yoshizawa, das Damenschuhpaar mit Besen als Sohle als Anspielung auf weibliche Tätigkeitszuschreibungen der Slowenin Hana Tavcar, die Wiederverwendung von Stoffabschnitten der Deutschen Paula Holzhauser und viele mehr laden ein, den Rundgang durch das 1163 erstmal urkundlich erwähnte und im 16. Jahrhundert zu einem repräsentativen Renaissanceschloss umgebaute Hollenegg zu unternehmen.

Knit & Weave

bis 01.06.2025

Samstag & Sonntag von 11.00 bis 18.00

Schloss Hollenegg for Design
8530 Hollenegg 1
www.schlosshollenegg.at

Theresa Hattinger, Foto: Flavio Karrer

Theresa Hattinger, Foto: Flavio Karrer

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