Sotheby’s Wien schließt nach mehr als 40 Jahren

Sotheby's Wien, © Sotheby's Wien

Das Auktionshaus Sotheby's wird mit Ende Februar seine Wiener Niederlassung schließen. Diese Bombe ließ die Tageszeitung „Der Standard“ am Samstag platzen. Andrea Jungmann, die das Wiener Büro seit 2001 führt, bestätigte den Bericht gegenüber PARNASS.


Der offizielle Betrieb wird Ende Jänner eingestellt, im Februar stehe man den Kunden noch „by appointment“ zur Verfügung. Am 23. Jänner findet die letzte Vernissage von „Artist Quarterly“, einem Ausstellungsformat, das junge Kunst fördert, in den Sotheby’s-Räumlichkeiten im Palais Wilczek statt.
Kai Philipp Trausenegger widmet sich in der Ausstellung „Lobby Poems“ der fortschreitenden und komplexen Verschmelzung digitaler und physischer Realität.
„Auch wenn wir Ende Februar schließen, wollten wir dem Künstler die Möglichkeit geben, noch seine Arbeiten zu präsentieren“, sagt Jungmann. Die Vernissage wird gleichzeitig ein letztes Get-together und eine Abschiedsfeier von mehr als 40 Jahren Erfolgsgeschichte.

Der Grund für die Schließung sind Kosteneinsparungen. Das seit 2019 dem französisch-israelischen Medienmogul Patrick Drahi gehörende Auktionshaus ist schwer verschuldet. Sotheby’s musste sich im Vorjahr eine Finanzspritze von einer Milliarde Dollar von ADQ, dem Staatsfonds von Abu Dhabi, holen, der nunmehr ein Viertel des Unternehmens besitzt (PARNASS berichtete). Ein schwieriger Kunstmarkt gekoppelt mit hohen Investitionen, darunter der Kauf des Breuer Buildings, in dem sich das New Yorker Whitney Museum befand, ein neues Headquarter in Paris und neue Räumlichkeiten in Hongkong, brachten Sotheby’s in finanzielle Schieflage. Schon im vergangenen Sommer wurden Einsparungsmaßnahmen ausgearbeitet, erste Kündigungswellen gab es bereits in den letzten Monaten in London und New York. Wien ist eines der Opfer dieses Sparprogramms und es wird nicht das letzte sein.

Andrea Jungmann, Foto: Lukas Beck

Andrea Jungmann, Foto: Lukas Beck

Sotheby’s gibt damit einen wichtigen Standort für Akquisitionen auf. Wien hat im Laufe der Jahrzehnte insbesondere in den Bereichen der Restitution viele bedeutende Werke für Auktionen akquirieren können. Zu den wichtigen Restitutionen zählen etwa Gustav Klimts „Cassone“, das 30,8 Millionen Euro erzielte und laut „Standard“ bis heute den Rekord als teuerstes Landschaftsbild hält. Klimts „Wasserschlangen II“, sein „Bildnis Gertrud Loew“ und zuletzt Egon Schieles „Dämmernde Stadt“ sind nur ein paar der Werke, die Jungmann für Sotheby’s gewinnen konnte. Der Kunstmarkt lebt von Vertrauen, Diskretion, persönlicher Vernetzung und einem hohen Maß an Expertise, das gilt besonders, wenn es um Restitution geht. Über all diese Eigenschaften verfügt Jungmann, was ihr Track record eindrücklich unter Beweis stellt. Zu glauben, dass eine Betreuung von München aus, künftig ähnliche Ergebnisse erzielen wird, ist naiv. Als Gewinner wird Christie’s hervorgehen. Das Haus ist seit 1985 in Wien und kann auf eine ähnliche Erfolgsgeschichte zurückblicken. Sotheby’s überlässt dem härtesten Konkurrenten das Spielfeld, und das, obwohl das kleine Wiener Büro, das gerade einmal drei Mitarbeiter hatte, bei Kosteneinsparungen höchstens ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.

GUSTAV KLIMT, Wasserschlangen II, 1904 / 1906–07, Öl auf Leinwand, 80 × 145 cm Foto: Privatsammlung, courtesy of HomeArt

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