Sebastian Isepp (1884-1954)
Das Museum des Nötscher Kreises – ein besonderes Kleinod im österreichischen Gailtal – feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen. Eröffnet wurde das Museum am 16. Mai 1998. Es ist dem Leben und Werk unter dem Namen „Nötscher-Kreis“ bekannten Künstlern gewidmet, die Anfang des 20. Jahrhunderts mit ihrer koloristisch dominierten Malerei sowie durch ihre Vernetzung in die Kunst- und Literaturszene die österreichische Kunst vor 1918 und in der Zwischenkriegszeit mitgestalteten. Die Jubiläumsausstellung widmet sich dem Werk von Sebastian Isepp.
Der Nötscher Kreis
Der Nötscher Kreis war eine Gruppierung von befreundeten Malern, die einerseits in dieser Region geboren wurden – wie Sebastian Isepp (1884-1954) und Franz Wiegele (1887-1944) – oder von auswärts nach Nötsch gezogen sind – wie Anton Kolig (1886-1950), der eine Schwester von Franz Wiegele heiratet und Anton Mahringer (1902-1974). Darüber hinaus kamen durch die Von Kolig eine Zeit lang in Nötsch betriebene Malschule im Sommer auch Künstler wie Gerhart Frank nach Nötsch.
Die Bewegte Vergangenheit des Museums
Das Museum ist im Geburtshaus Franz Wiegeles untergebracht. Am 17. Dezember trafen Fliegerbomben das Wohn- und Atelierhaus Franz Wiegeles, wobei der Künstler gemeinsam mit seiner Mutter Gertrud, seiner Schwester Hedwig Fina und deren Ziehtochter Maria Kassin den Tod fanden und viele seiner Werke zerstört wurden. Das Haus im Ortszentrum von Nötsch gelegen ist als Museum eine Besonderheit, betritt man es doch durch einen großen breiten Gang der an der Bäckerei von Hermine Wiegele vorbeiführt. Hinter dem Haus befindet sich die Mühle.
Es ist heute eine vielbeachtete Dokumentationsstätte der vier Künstler. Es möchte in seinen Ausstellungen sowohl einen repräsentativen Querschnitt durch ihr Œuvre, als auch anhand von zeitgenössischen Fotografien und Autografen einen Einblick in die persönlichen Lebensumstände der Maler ermöglichen sowie ihre zahlreichen, äußerst interessanten Verbindungen zu Künstlerkollegen, Kunsthistorikern und Intellektuellen ihrer Epoche transparent machen.
Sebastian Isepp
1884 in Nötsch geboren, war Sebastian Isepp der älteste Maler des Nötscher Kreises. Die Schulzeit in Marburg und das Studium in Wien führten dazu, dass er meist nur seine Ferien malend im Gailtal verbringen konnte. Bereits ab 1908 war Isepp mit seinen Werken regelmäßig bis 1918 in den Frühjahrsausstellungen der Wiener Secession vertreten, der er 1909 - 1911 als ordentliches Mitglied angehörte.
Eine Ausnahme bildete nur das Jahr 1911, in dem er sich an der für die österreichische Moderne richtungsweisenden „Sonderausstellung Malerei und Plastik" beteiligte, welche die „Neukunstgruppe" in den Räumen des Wiener Hagenbundes veranstaltete. Dabei wurden Isepp sogar zwei eigene Räume für die Präsentation seiner Bilder zur Verfügung gestellt, ein Privileg, das lediglich noch Oskar Kokoschka zufiel, mit dem ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verbinden sollte.
Die markanten Landschaftsformen des Gailtales, die Vegetation und das spezifische Licht in dieser Region gehörten zu seinen bevorzugten Darstellungssujets. Ein besonderes Spezifikum des Malers waren allerdings seine Winterlandschaften, mit denen er schon bei seinen Zeitgenossen Aufsehen erregte, und die ihm den Spitznamen „Schneeisepp“ einbrachten.
Internationale Karriere und Emigration
Isepp war in zahlreichen internationalen Ausstellungen, wie unter anderem in Dresden, Düsseldorf, Rom und Zürich präsent und unterhielt Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten aus Kunst, Musik und Literatur jener Zeit wie zum Beispiel Eugenie und Hermann Schwarzwald, Berta Zuckerkandl, Adolf Loos, Rainer Maria Rilke, Egon Wellesz, Carl Zuckmayer, Jakob Wassermann, oder Hugo von Hofmannsthal. 1915 meldete er sich für den Kriegseinsatz und ließ sich nach Kriegsende schließlich 1921 in Wien nieder.
Im Wesentlichen entstand sein Werk in nur zehn Jahren, da er nach dem Krieg den Schwerpunkt seiner Tätigkeit immer mehr von der eigenschöpferischen Malerei hin zum professionellen Restaurieren historischer Kunstwerke verlagerte – zunächst freiberuflich wurder er 1928 am Wiener Kunsthistorischen Museum angestellt und 1936 zum Leiter der Restaurierwerkstätte ernannte. Aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Frau Helene, Tochter des Wiener Bankdirektors Dr. Paul Hammerschlag und ausgebildete Sängerin, die er 1925 geheiratet hatte, musste Isepp 1938 Wien überstürzt verlassen.
Er emigrierte mit seiner Familie nach London. In England konnte er sich eine neue Existenz aufbauen und arbeitete als anerkannter Restaurator für das Ashmolean Museum in Oxford, die National Gallery und die königlichen Sammlungen, bis er am 3. Dezember 1954 in London verstarb.
Die Ausstellung, die von Sigrid Diwald kuratiert wurde zeigt eine chronologische Abfolge des Schaffens von Sebastian Isepp. Kein leichtes Unterfangen, denn viele Arbeiten des Künstlers sind nicht mehr zu erhalten oder weit verstreut. Doch umfasst die Schau die wichtigsten Werke und zeigt neben den bekannten Schneelandschaften auch jene Bilder, in denen Isepp die Natur sehr nahsichtig malte und fast schon expressive koloristische Töne anschlägt. Nachdem die letzte Werkschau einige Jahrzehnte zurückliegt eine längst notwendige Würdigung des österreichischen Künstlers.
Museum des Nötscher Kreises
Haus Wiegele Nr. 39, 9611 Nötsch im Gailtal
Österreich
bis 28. Oktober 2018