Pop-Kultur und Konsum in Bewegung

Wer sich 2024 noch nicht mit dem Phänomen Stanley Cup auseinandergesetzt hat, lebt vielleicht wirklich in medialer Abgeschiedenheit, wer hingegen bei diesem Marken Drop erst interessiert zu lesen begonnen hat und jetzt so richtig angefixt ist mehr von aktuellen Tik Tok Trends zu wissen, der sollte rasch weiterlesen und in 1010 Wien die aktuelle Ausstellung von Daniel Ferstl besuchen.

Visuelle Reise durch die Welt der sozialen Medien

Bunt und in Bewegung präsentieren sich die neuen Arbeiten von Daniel Ferstl (*1982 Linz) in der Galerie Wonnerth Dejaco. Allesamt ein einziger Scroll durch die Lieblingsbilder der sozialen Medien – cuter Hund und das Trikot von Taylor Swifts Liebstem inklusive. Daniel Ferstl mokiert und paraphrasiert die Pop Kultur. Viel Ironie, noch mehr Humor und Subtilität im Plakativen sind seine Werkzeuge – zu ihnen gesellen sich Nadel und Faden. Gezeigt werden großformatige Collagen in Textil mit teils kinetischen Elementen; Hüte und Taschen gibt es noch obendrauf. Fast wie den Merch bei Ausgang von einem Konzert, offeriert Daniel Ferstl seine Fanartikel schon ab 300 Euro. Aber auch die Großformate bleiben im vierstelligen Bereich und damit eine Verführung. Mit ebendieser kennt sich Daniel Ferstl aus. Alles was Betrachter:innen der Ausstellung zu sehen bekommen spielt damit: Verführung zum Konsum, angestiftet von seinen Phophet:innen aka Influencern.

For You – !kneedeepinthehoopla , Daniel Ferstl, installation view, Wonnerth Dejaco, Vienna 2024, courtesy of the artist and Wonnerth Dejaco. Photo: Peter Mochi — For You – !kneedeepinthehoopla, Daniel Ferstl,installation view, Wonnerth Dejaco, Vienna 2024, courtesy of the artist and Wonnerth Dejaco. Photo: Peter Mochi

For You - !kneedeepinthehoopla“, so der komplexe Titel der Schau, ist hochgradig unterhaltsam, lustvoll und dabei auch ein bisschen tragisch-komisch sowie ein Fingerzeig. Jeder ist hier vertreten, auch wenn man nur indirekt vom Hype um limitierte Prime Flaschen oder Takis Knabbereien weiß, oder Vanilla Girls einem erstmal kein Begriff sind. Auch wenn man gefühlt „zwanzig Jahre zu alt“ (so geht es zumindest der Autorin dieser Zeilen) für die Phänomene unserer Zeit ist, ist man (hier) doch unaufhaltsam Teil vom Spektakel. Ferstl inszeniert Versatzstücke der Gegenwart eingefasst in strenge Rahmen, fast so, als wären sie schon Teil der zeitgeschichtlichen Archive, und eröffnet so einen neuen Blick auf Vielgesehenes. Einen Blick, der zwingt länger stillzuhalten als wir es noch gewöhnt sind. Ferstl analysiert, was für die Allgemeinheit funktioniert, und holt es in seine Kunst. Handgemachtes trifft auf Hochglänzendes, Kitsch auf Intellekt, digitaler Jugendkult auf seriöse Galeriewände und der Kapitalismus fordert den Eskapismus heraus. Im Kern der Beschäftigungen Ferstls und seiner spezifischen Interessenslage steckt der Konsum als Freizeitaktivität – gäbe es dafür einen besseren Rahmen als den der Kunstgalerie? Wohl kaum.