PETER WEIERMAIR (22. April 1944 – 26. November 2021)

Der Kunsthistoriker, Herausgeber, Kurator und Museumsdirektor Peter Weiermair verstarb letzten Freitag im Alter von 77 Jahren nach langer, schwerer Krankheit. Er war ein international renommierter Kurator und galt als ausgewiesener Spezialist für die Fotografie.


Peter Weiermair stammte aus Oberbayern, wuchs jedoch in Innsbruck auf, und studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Innsbruck und in Wien. Zunächst war er vor allem von Innsbruck aus publizistisch tätig. So schrieb er in den 1960er und 1970er Jahren für die Salzburger Nachrichten Ausstellungsbesprechungen und kulturpolitische Kommentare, 1964/1965 erschien unter seiner Ägide die Zeitschrift „Ansichten“. 1966 gründete er den Verlag „allerheiligenpresse“ und 1968 das „Forum für aktuelle Kunst“ in Innsbruck, das er bis 1979 leitet. Neben seiner journalistischen Tätigkeit arbeitete Peter Weiermair in Innsbruck auch als Kurator an der Tiroler Landesgalerie Galerie im Taxispalais. 1980 erfolgte der Wechsel nach Deutschland, wo er den Frankfurter Kunstverein leitete und ist als Professor für zeitgenössische Kunst und Kunstvermittlung an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach tätig war. 

Weiermair beschäftigt sich schon sehr früh mit der Fotografie als eigenständige Kunstform. Seine Berufung als Direktor des Salzburger Rupertinums mit seinen Schwerpunkt Fotografie, war daher keine Überraschung. Weiermair folgte 1998 auf den Museumsgründer Otto Breicha (1983–1998) und setzte mit Blick auf eine ganz junge, international agierende Kunstszene neue Impulse im Rupertinum.  Er war bestrebt das Museum – ganz im Sinne des Gründungsdirektors Otto Breicha – noch wesentlich stärker als Haus der Fotografie zu positionieren.

Die veränderte politische Situation zur Jahrtausendwende veranlasste Weiermair aber bereits 2000 ein attraktives Angebot aus dem Ausland anzunehmen. Mitte 2001 wird er Direktor der Galleria d'Arte Moderna in Bologna, die er bis 2007 leitete. Zwischen Jänner und Juli 2001 fungierte Weiermair mit seiner Nachfolgerin Agnes Husslein als Doppelspitze des Rupertinums. Das Gebäude in der Salzburger Altstadt wird durch einen Neubau auf dem Mönchsberg erweitert, das heute unter dem Namen Museum der Moderne Salzburg bekannt ist. Seinen Plan, Salzburg zu einem wichtigen Standort für die Fotografie auszubauen, hier etwa eine Stiftung für Fotografie einzurichten, kann Weiermair nicht verwirklichen. Nach seiner Direktion in Bologna lebte Peter Weiermair wieder in Innsbruck und arbeitet als freier Kurator vornehmlich in Österreich. So kuratierte er u.a. beim Europäischen Forum Alpbach und 2009 für die Kunsthalle Wien die Themenausstellung „Das Porträt. Fotografie als Bühne“. 2014 war im Arnulf Rainer Museum in Baden die von Peter Weiermair kuratierte Ausstellung „Rainer und die Alte Kunst“ zu sehen. Im Mittelpunkt stehen Überarbeitungen von Werken alter Meister wie Rembrandt, Harmenszoon van Rijn, Francisco de Goya, Vincent van Gogh, Leonardo da Vinci, Antonio Canova und Franz Xaver Messerschmidt. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Kurator veröffentlicht Peter Weiermair zahlreiche Publikationen zur Körperfotografie des 19. und 20. Jahrhunderts. Der homoerotische Blick bestimmt als roter Faden seine thematische Arbeit, der nicht nur dem tabuisierten nackten Körper Sichtbarkeit verleiht, sondern gleichzeitig auch die Geschlechterrollen in ihrer Fragilität vor Augen führt. 

Ausstellung „Aspekte der Neuen Sachlichkeit“, 18. Juli – 26. August 1972, Archiv TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol, 1972

Als ehemaliger Präsident der „International Association of Curators of Contemporary Art“ (IKT) verfügt Weiermair über gute Kontakte zu den renommierten Sammlungen in Europa. 1998 verleiht ihm der Frankfurter Magistrat die Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main. Sowohl das Museum der Moderne in Salzburg als auch die Galerie Krinzinger würdigten den Kunsthistoriker mit einem Nachruf.

Peter Weiermair war einer der speziellsten und obsessivsten und für die Kunstszene wichtigsten Verleger, Erneuerer, Kunstvermittler, Kurator und Sammler im Österreich der letzten Jahrzehnte. Er hat Fotografie als Kunst und Kunst als Fotografie entscheidend mitbestimmt und international in ein neues Licht gerückt und junge Kunst national und international neu positioniert. Die thematische Ausstellung als solche auf internationaler Ebene hat er mit erfunden. Er war ein großer Freund der Künstler*innen und Galerien, vor allem im menschlichen Bezug. Im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Direktor des Frankfurter Kunstvereins hat er diesen inhaltlich neu formuliert. Das Salzburger Rupertinum und die Galleria d’Arte Moderna in Bologna, die er beide international neu situierte, prägte er als Direktor maßgeblich.

Ursula Krinzinger, Galeristin, Wegbegleiterin und Kunstgefährtin von Peter Weiermair (Quelle: Nachruf Galerie Krinzinger, MdM Salzburg)

 

Ausstellung „Reimer Jochims“, 12. Jänner – 8. Februar 1981, (Peter Weiermair verabschiedete sich mit dieser Ausstellung von der Galerie), Archiv TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol, 1981

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