Künstlerinnen im Schatten ihrer berühmten Partner

Overshadowed – Susan Rothenberg

Susan Rothenberg, Galisteo, NM, 2008, Foto: Jason Schmidt

Die Kunstgeschichte titulierte die Künstlerinnen an der Seite von Malern und Bildhauern gerne als Partnerinnen, Assistentinnen, Schülerinnen, Modelle und Musen – und das bis hin in die Moderne und die Kunst nach 1945. Beispiele gibt es genug: die Bauhaus-Fotografin Lucia Moholy, die heute weniger bekannt ist als ihr Mann László Moholy-Nagy, Anna Albers, Lee Krasner, Meret Oppenheim, Leonora Carrington, Dora Maar und viele weitere exzellente Künstlerinnen. Nicht allen gelang es, aus dem Schatten ihrer Ehemänner herauszutreten. Viele gaben auch nach ihrer Heirat ihre eigene künstlerische Tätigkeit auf, unterstützten die Karriere ihrer Partner, organisierten den Alltag. Kinder, Kunst und Karriere ließen sich nicht immer vereinbaren. Wir stellen 2025 in der Serie »Overshadowed« einige Künstlerinnen vor, die ein interessantes Œuvre haben und in ihrem Bereich Pionierinnen waren. Fangen wir bei Susan Rothenberg an.


Susan Rothenberg (1945–2020) war eine der wenigen Künstlerinnen, die in die Männerdomäne des Neoexpressionismus Eingang fanden. Ihre emblematischen Pferdegemälde gelten als Ikonen der US-amerikanischen Malerei der 1970er-Jahre. Rothenberg war in zweiter Ehe mit dem Künstler Bruce Nauman verheiratet und lebte mit ihm zurückgezogen in New Mexico. Das trug dazu bei, dass nach einer Reihe internationaler Ausstellungen in den 1980er-Jahren ihr Werk in Europa kaum mehr präsent war und sie zunehmend im Schatten ihres Ehemannes stand. Darüber hinaus wird ihr Œuvre bis heute vorwiegend auf ihre frühen Pferdebilder reduziert, die mittlerweile auch am Kunstmarkt hohe Preise erzielen. Die Kunsthalle Krems zeigt nun einen Einblick in das vielfältige Werk der Künstlerin, die dieses Jahr 80 Jahre alt geworden wäre. 

Ich habe mich in die Kunstwelt nicht nur hineingemalt, sondern auch hineingetanzt.

Susan Rothenberg

Susan Rothenberg wurde 1945 in Buffalo, New York, geboren. Nach einer Bildhauerlehre und Tanzausbildung studierte sie an der Fine Arts School der Cornell University in Ithaca. Bereits früh war sie in die pulsierende New Yorker Kunstszene involviert. Als Tänzerin und Assistentin von Joan Jonas und Nancy Graves interessierte sie sich für Performance-Kunst und schlug die Brücke zwischen minimalistischer Ästhetik und emotionaler Körpersprache. „Eine kurze Zeit lang dachte ich, ich würde Performerin oder Tänzerin werden. Ich hatte eine Menge innerer Energie, die rausmusste, und ich gehe die Dinge gern körperlich und direkt an, und Tanzen und Performance waren eine Art, das zu tun, auch wenn ich mich als Malerin sah. [...] Ich habe mich in die Kunstwelt nicht nur hineingemalt, sondern auch hineingetanzt“, zitiert sie Kurator und Autor Michael Auping, ein langjähriger Wegbegleiter der Künstlerin.

Susan Rothenberg, Pink Raven, 2012, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

Susan Rothenberg, Pink Raven, 2012, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

1971 heiratete Rothenberg den Bildhauer George Trakas, von dem sie sich 1979 trennte. Ihre ersten Gehversuche in der bildenden Kunst entsprachen dem damaligen Kanon einer abstrakt-minimalistischen Farbfeldmalerei oder waren Materialarbeiten, inspiriert von Eva Hesse, Bruce Nauman und Richard Serra. Diese Orientierungsphase fiel in eine Zeit, in der Konzeptkunst, Minimalismus und Farbfeldmalerei, Performancekunst sowie das aufkommende Interesse für Figuration und expressiven Gestus sich das Feld der Kunstszene teilten. Mitte der 1970er-Jahre wandte sich Rothenberg endgültig der Malerei zu und schuf mit „First Horse“ 1974 ihr erstes Pferdebild.

DIE PFERDEBILDER 

Die frühen Bilder zeigen schematisch gemalte Pferde auf monochromem Grund, wobei trotz des Motivs eine minimalistische und abstrakte Bildkonzeption dominiert. Eine vertikale Linie in der Bildmitte betont die Flächigkeit der Komposition. „Rothenberg verstand Figuration nicht als körperlich-illusionistische Abbildung der Wirklichkeit, sondern als malerisches Organisieren der Bildfläche bis hin zu den Bildrändern durch ein figuratives Motiv, was an Jasper Johns’ Sujets der Flaggen, Zahlen und Zielscheiben erinnert“, so Florian Steininger, künstlerischer Direktor der Kunsthalle Krems. Das Pferd war, wie Rothenberg selbst einmal erklärte, „ein Vehikel, [...] ich hatte auch keine emotionale Beziehung zu Pferden. […] Das Pferd war einfach ein ruhiges Motiv. Ich konnte bei der damaligen Philosophie bleiben – das Bild flach und anti-illusionistisch zu halten –, aber ich konnte auch diese große, weiche, schwere, starke, mächtige Form verwenden.“

Susan Rothenberg, Algarve, 1974, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

Susan Rothenberg, Algarve, 1974, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

Ich wollte den Körper in Farbe fassen, ihn aus seiner anatomischen Begrenztheit befreien.

Susan Rothenberg

Den minimalistischen Pferdebildern folgten Werke, die in ihrer Farbigkeit an die Höhlenmalerei von Altamira erinnerten, die die Künstlerin von Fotos kannte. Die silhouettenhaften Pferde wurden zunehmend körperlicher. Anstelle der früheren Linie wurden nun organische Knochenformen als kompositorische Elemente eingesetzt. In den Bildern um 1980 löste sie dann die Pferdekörper auf, zu sehen sind nur noch Fragmente. Die Werkphase der Pferdebilder umfasst nur einen relativ kurzen Zeitraum von 1974 bis 1980, doch bis heute sind sie Rothenbergs größter Erfolg und am Kunstmarkt gefragt. Kosteten in den ersten Ausstellungen die größeren Pferdebilder damals rund 1.700 US-Dollar, so liegt der aktuelle Auktionsrekord für ihre Pferdegemälde bei knapp unter 2 Millionen US-Dollar, erzielt 2024 bei Christie’s für das große Bild „ United States II“ (1976).
 

Weiter lesen Sie in der aktuellen PARNASS-Ausgabe 01/2025.

Susan Rothenberg, Impending Doom, 1996–97, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

Susan Rothenberg, Impending Doom, 1996–97, © Hall Collection. Courtesy Hall Art Foundation, Bildrecht, Wien 2025

Susan Rothenberg, Galisteo, NM, 2008, Foto: Jason Schmidt

Susan Rothenberg, Galisteo, NM, 2008, Foto: Jason Schmidt

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