Künstlerinnen im Schatten ihrer berühmten Partner

Overshadowed – Anna-Eva Bergman

Anna-Eva Bergman und Hans Hartung, Leucate, Frankreich, 1929, © Fondation Hartung-Bergman

„Ich muss ganz frei sein und allein, und vor allem viel Zeit – keine Hauspflichten und andere Sorgen, nur meiner eigenen Arbeit nachgehen […] Leb’ wohl, Hans! – und lass deine Kunst immer in erster Linie stehen wie bisher.“ 1937 trennt sich Anna-Eva Bergman von ihrem Ehemann Hans Hartung, um ihre künstlerische Autonomie zu sichern. Ein radikaler Schritt, der heute umso mehr an Bedeutung gewinnt, da Bergmans Werk nach Jahren des Schattendaseins endlich institutionell und kritisch neu bewertet wird. 

In unserer Serie "Overshadowed" rücken wir diese Künstlerinnen in ihr verdientes Rampenlicht und geben ihnen den Raum, der ihnen bereits zu Lebzeiten gebührt hätte. Anna-Eva Berman ist nach Susan Rothenberg und Christa Hauer die dritte Künstlerin, der wir uns widmen.


 

Die atmosphärisch aufgeladenen Arbeiten von Anna-Eva Bergman entfalten eine stille, spirituelle Kraft, getragen vom präzisen Einsatz von Metallfolien – Gold, Silber, Kupfer, Blei oder Wismut –, deren reflektierende Oberflächen ein changierendes Lichtspiel inszenieren. Während sich in der Nachkriegsmoderne der gestische Duktus des Abstrakten Expressionismus durchsetzte, hielt Bergman an einer Bildsprache fest, die sich aus landschaftlicher Anschauung speiste, dabei jedoch in streng abstrakte, reduzierte Form überführt wurde. Damit behauptete sie eine singuläre Position im internationalen Kunstgeschehen der Nachkriegszeit – jenseits modischer Strömungen und mit einem konsequent eigenen Stil, dessen minimalistische Klarheit und metaphysische Tiefe heute von neuer Aktualität sind.

In beiden Werken ist die Natur omnipräsent sowie eine starke Anziehungskraft des Lichtes. Auch kosmische Themen durchziehen beide Œuvres.

Paula Watzl

Auch die dramatischen Seiten der Beziehung werden im Werk sichtbar – etwa in jenen Arbeiten, die Hartung schuf, als Bergman ihn verließ, das erste Mal aus freien Stücken und auch das zweite Mal, als sie vor ihm starb.
In den letzten Jahren hat Bergman institutionell massiv an Profil gewonnen: 2023 realisierte das Musée d’Art Moderne de Paris ihre erste großangelegte Retrospektive mit über 200 Arbeiten, 2024 folgte die viel beachtete Soloschau „Becoming Anna Eva Bergman“ im Nasjonalmuseet Oslo.

Anna-Eva Bergman N°26–1962 Feu (Fire), 1962, Öl und Blattmetall auf Leinwand, 250 x 200 cm, © Fondation Hartung-Bergman, Bildrecht, Wien 2025

Anna-Eva Bergman N°26–1962 Feu (Fire), 1962, Öl und Blattmetall auf Leinwand, 250 x 200 cm, © Fondation Hartung-Bergman, Bildrecht, Wien 2025

Lange war dies nicht so. Hans Hartung, den sie 1957 zum zweiten Mal heiratete, war der bekannte Name, der gefragte Künstler. Doch bis heute werden beide Nachlässe gemeinsam betreut. Im südfranzösischen Antibes im ehemaligen Wohn- und Arbeitshaus des Paares arbeitet heute die Fondation Hartung-Bergman – seit kurzem auch offen für Besucher:innen. Ganz bewusst hat man bisher auf gemeinsame Ausstellungen der beiden Künstler:innen verzichtet. Die Verantwortlichen der Fondation wollten Anna-Eva Bergman Zeit und Raum geben, sich einzeln zu präsentieren, nicht als „die Frau von Hans Hartung“, als die sie lange galt.

Dieses Paar ist so unterschiedlich. Sie glauben an dieselben Dinge, aber drücken sie völlig unterschiedlich aus.

Pierre Wat, Kurator Fondation Hartung-Bergman
Kunsthalle Praha, Ausstellungsansicht 2025, Foto: Vojtěch Veškrna

Kunsthalle Praha, Ausstellungsansicht 2025, Foto: Vojtěch Veškrna

Nach den großen Ausstellungen in Frankreich und Norwegen wandte sich das Blatt kürzlich aber und Hans Hartung wurde plötzlich zu „Mr. Bergman“, erklärt Kurator Pierre Wat (Fondation Hartung-Bergman). So sah man nun, da beide Künstler:innen ähnliche Bekanntheit erlangt hatten, den geeigneten Moment für eine gemeinsame Ausstellung gekommen.

Realisiert wurde sie in Prag, wohin das Paar einst anlässlich Bergmans 22. Geburtstages fuhr und wo es sich nun in der Kunsthalle Praha mit rund 300 Ausstellungsstücken lautstark wiedertrifft.

 

Weiter lesen Sie in der PARNASS Herbst-Ausgabe 03/2025.

 

 

Anna-Eva Bergman, N°34-1965 Montagne sombre (Dark Mountain(, 1965, Öl und Blattmetall auf Leinwand, 130 x 195 cm © Fondation Hartung-Bergman 

Anna-Eva Bergman, N°34-1965 Montagne sombre (Dark Mountain(, 1965, Öl und Blattmetall auf Leinwand, 130 x 195 cm © Fondation Hartung-Bergman 

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