Lucas Zallmann: "W.H.A.T. Y.M.G."

Lucas Zallmann, Cloudpainting, 2017, Acryl auf Leinwand, 180x140 cm

Where Have All The Young Man Gone? “…You can do whatever the fuck you want with your goddamn lives”, hallt die Stimme von Axl Rose derzeit durch die SCAG in der Schleifmühlgasse. Zu hören ist ein Exzerpt aus einer Motivationsrede die der Frontmann der Rockband Guns N’ Roses Anfang der 1990er hielt.


Lucas Zallmann (*1979 Wien), der die Worte von Axl Rose auf Platte gepresst hat und nun in seiner Solo-Ausstellung in der Galerie auf und ab spielt, war damals ein sehr junger Mann. Heute, immer noch jung, gibt Zallmann seiner Ausstellung den Titel „Where Have All The Young Man Gone?“, so lautet eine Zeile in Pete Seeger’s Antikriegslied „Where Have All the Flowers Gone”.

„Es stimmt inzwischen nicht mehr, man kann heute nicht mehr alles werden“, erklärt er in der Galerie neben dem Plattenspieler. Die Welt hat sich stark verändert. Wirtschaftlichkeit hat sich verändert und unsere Rolle in ihr ebenso. Soziale Rollenbilder sind ein wichtiges Thema für den Künstler. Zentral beschäftigt ihn vor allem die Art und Weise wie sich unsere Gesellschaft derzeit verändert. Auch, weil sich unsere Umwelteinflüsse stark wandeln. So nahm Zallmann in den letzten Jahren gegenwärtige Hormonveränderungen menschlicher und tierischer Körper in Augenschein.

Die Hormonspiegel der biologischen Geschlechter und damit auch ihre Auswirkung auf unser Handeln verändern sich in den letzten Jahren akut. Überzähliges Östrogen, das über die Antibabypille und Plastik seit Jahrzehnten in unser Grundwasser gelangt einerseits und unsere stark zuckerhaltige Ernährung, die unsere Insulinspiegel ansteigen lässt und somit eine Überproduktion von Testosteron antreibt, andererseits, haben unseren Hormongrundstock aus dem Gleichgewicht gebracht. Zunehmend entfremden wir uns von unserem biologischen Geschlecht, auch als Konsequenz der Individualisierung. Doch was bedeutet dieser Verlust eines natürlichen Körperverhältnisses? Was bedeutet das für unsere Beziehungen? Und wohin geht die Veränderung? Bis zum Kollaps und zur Unfruchtbarkeit?

Zallmanns Gemälde eines Fisches mit gewandeltem Geschlecht, Resultat der Östrogen Dominanz im Wasser, mahnt uns deutlich zu Bewusstsein. Der Künstler forschte weiter und erkannte, dass in der Gegenüberstellung der chemischen Formeln von Östrogen und Testosteron, die das geschlechtsspezifische Aussehen und Verhalten stark beeinflussen, als einziger Unterschied ein H, das für Wasserstoff steht, bleibt.

Lucas Zallmann, Cloudpainting, 2017, Acryl auf Leinwand, 180x140 cm

Lucas Zallmann, Cloudpainting, 2017, Acryl auf Leinwand, 180x140 cm


Non-Smiling Smiley

Dieses H wird Leitmotiv der Ausstellung. Zallmann macht es zum Icon – zum „Non-Smiling Smiley”. Entlehnt den klassischen Smiley, die geschlechtslose Ikone, den 1970ern (einer „besseren Zeit“) und führt sie in die Jetzt-Zeit, wo es nicht nur politisch wenig zu lachen gibt. Zallmanns Smilies sind aus Vinyl-Farbe, synthetischem Östrogenen, und lachen nicht mehr. Sie sympathisieren mit den jungen Männern denen, so Zallmann, die Helden abgehen während großer Leistungsdruck auf ihnen lastet. Heirat und Kinder sind dabei auch zunehmend eine Frage der Herkunft, ein Wirtschaftsproblem. Am Ende geht es immer auch um Status. Um die Differenz unserer gesellschaftlichen und biologischen Bedürfnisse und der Gleichzeitigkeit widersprüchlicher Ideale. Um Ungleichheit.

„Testosteron macht aggressiv, es führt zu einer Ellbogengesellschaft“, so Zallmann. Und Vorteile haben nur jene die Zugang zu einer Form von gesunder und nachhaltiger Ernährung haben die sich immer öfter auf eine wirtschaftliche Bildungselite begrenzt. Doch auch wenn man sucht sich bewusst zu ernähren bleibt immer auch ein Grad an „Auslieferung“, unnachvollziehbare Komponenten unserer komplex gewordenen Nahrungskette. „Don’t let anybody get in your way“, ruft Axl Rose vom Plattenspieler her. Als Fluchtpunkt bietet uns Zallmann seinen Ausblick in die Wolken an. Ein Triptychon, Acryl auf Leinwand, der nicht greifbaren Welt. Ein naiver Kontrast.

SCAG

Schleifmühlgasse 3, 1040 Wien
Österreich

Lucas Zallmann. W.H.A.T. Y.M.G.

bis 24. Februar 2018

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