Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek ist zurückgetreten

Überraschend kam der Rücktritt heute nicht, zu groß war die Kritik, durchaus auch in den eigenen Reihen der Partei, an Ulrike Lunacek. Eigentlich wollte sie heute gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudi Anschober den weiteren Fahrplan für die kommenden Öffnungen im Kunst- und Kulturbereich bekanntgeben, stattdessen bat sie zu einer persönlichen Erklärung ins Kulturstaatsekretariat. Lunacek sah sich bereits wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt mit den Shut-Down Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie konfrontiert. Sie verfügt über viele politische Skills – in der Europapolitik, in ihrem Einsatz für Minderheiten, etc. – ein Netzwerk im Kunst und Kulturbereich konnte sie nicht aufweisen. Schon bei ihrer Bestellung verwunderte und verärgerte die Personalentscheidung des Vizekanzlers für in der Kultur bislang nicht tätige Staatssekretärin die Branche. Dieses fehlende Netzwerk konnte sie sich in dieser kurzen Zeit nicht erarbeiten und fehlte ihr in der Krisenbewältigung. Ein Einarbeiten war aufgrund der Situation nicht möglich. Darüber hinaus, so war man sich einig, seien auch viele Kommunikationsfehler passiert und große Perspektiven nicht angesprochen worden. Vor allem die erste, lang erwartete Pressekonferenz am 17. April 2020, offenbarte ein offensichtliches Kommunikationsdefizit: Stichwort Museumsöffnungen.

Doch muss man auch festhalten: Im Gegensatz zu Frankreich und auch Deutschland, hat man hier die Kunst und Kultur in dieser Krise allein der zuständigen Staatssekretärin überlassen. Der zuständige Minister selbst, Vizekanzler Werner Kogler, oder auch die Staatschefs, haben anders wie Manuel Macron in Frankreich oder Angela Merkel in Deutschland für Kunst- und Kultur keine Partei ergriffen. Rückendeckung hatte Lunacek keine, so gesehen ist ihr Rücktritt nicht nur ihr alleiniges Versagen. Kunst ist vieles mehr als nur ein Wirtschaftsfaktor. Dennoch – wenn schon mehr nicht Grund genug ist, die Branche wertzuschätzen, ihr Perspektiven zu geben, – so sollten die Zahlen weltweit und national doch wohl auch überzeugen. In ihrer Rücktrittsrede fand Lunacek klare Worte und meinte, man hätte in den letzten Tagen keine Chance mehr gegeben, trotz vieler Videokonferenzen, die sie mit Vertretern und Vertreterinnen der Kunst und Kultur geführt hat und trotz der Schnürung weiterer Unterstützungspakete. Sie räume nun den Platz für ihre Nachfolgerin. Lunacek beschloss ihre Rede mit drei Wünschen, in denen sie unterstrich wie wichtig die Unterstützung jener Künstler und Künstlerinnen ist, die in prekären Situationen leben und kritisierte zugleich, dass diese in allen Vorgängerregierungen ignoriert wurden.

(...) alle bisher erfolgten 500 Euro Zahlungen im Rahmen des COVID -19 Fonds der Künstlersozialversicherung auf 1000 Euro zu verdoppeln.

Ulrike Lunacek

„Nun ist die Existenzbedrohung nicht mehr zu übersehen“, so Lunacek. „Als Tropfen auf den heißen Stein“, hat sie heute noch die Anweisung gegeben, ab „sofort alle bisher erfolgten 500 Euro Zahlungen im Rahmen des COVID -19 Fonds der Künstlersozialversicherung auf 1000 Euro zu verdoppeln. Rückwirkend auf die gesamte erste Phase.“ Gleichzeitig fordert sie grundlegende Änderungen dieser Situation für die Künstler und Künstlerinnen, die im Prekariat arbeiten und leben. „Honorare die nicht nur das Überleben sichern, sondern das Leben, müssen in Zukunft gewährleistet sein“, so Lunacek. Das Thema Fair Pay Strategie hat Lunacek gleich am Beginn ihrer Amtszeit auch angesprochen. Der zweite Wunsch betrifft das Kulturbudget an sich, ohne dass sie dezidiert eine Erhöhung ansprach, meinte sie Österreich spiele im Bereich der Kunst und Kultur in der Champions League mit insgesamt rund 180.000 Beschäftigen ist sie ein hoher Wirtschaftsfaktor. Um die Einnahmensausfälle und das Überleben der Vielfalt in der Branche zu gewährleisten sei es ihr Wunsch an die gesamte Regierung sicherzustellen, dass hier auch im Postcorona-Wiederaufbau genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen werden und dies, so äußerte sie in ihrem dritten Wunsch weiterhin unter dem Aspekt der Freiheit der Kunst. Es wird nun an ihrer Nachfolgerin liegen, eine Erhöhung des Kulturbudgets mit dem Finanzministerium zu verhandeln – dazu müsste jedoch auch der gesamten Regierung, den zuständigen Ministern und dem Bundeskanzler die Kultur ein zentrales Anliegen sein.

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