“It’s for anyone” – Josh Smith in Wien
Der amerikanische Künstler Josh Smith ist ein Multitalent: Er betätigt sich nicht nur als Maler. Er tritt seit der Pandemie auf Instagram als Botschafter der Kunstwelt in Erscheinung. Außerdem moderiert er auf YouTube eine regelmäßige Serie namens »Studio News«. Während der Sendungen erzählt er manchmal über seinen künstlerischen Schaffensprozess – bei manchen Ausgaben schweigt er einfach. Nun stellt Smith mit seiner ersten gleichbenannten Ausstellung in Wien eine Serie von 16 neuen Leinwänden vor.
»Studio News«
Josh Smith ist ein falscher Fährtenleger. Komödiant und Fährtenleger, um ihn exakter zu beschreiben. Um es vorwegzunehmen: Mit der Ausstellung »Studio News« in der Wiener Dependance der Züricher Galerie Eva Presenhuber entzieht sich der in New York lebende Künstler mit ironisch-leichter Geste einer nachhaltig-profunden Kritik. Im Angesicht der »News« aka der neuen Arbeiten, die sein Atelier, einem mehrstöckigen Warehouse – Wohn- und Arbeitsraum des Künstlers mit Bibliothek inklusive Salatgarten im Keller – in New York City verlassen haben, endet eine qualitativ-künstlerische Analyse nach einiger Zeit in einer Sackgasse.
Die »Studio News« des charmant-humorvollen Künstlers einer ernsthaften Kritik zu unterziehen, ist kein leichtes Unterfangen. Die aktuellen Leinwände bemalt, besprüht der Künstler mit Totenköpfen, Skeletten, Fledermäusen, Kürbissen, Katzen, Wasserspinnen oder Cobras. Für die Motive hat der Künstler Schablonen angefertigt und platziert sie an den verschiedenen Stellen der Leinwände. Das Procedere generiert einen sehr farbenfrohen, etwas chaotischen und poppigen Eindruck.
Der erste Eindruck der Inszenierung legt die Vermutung nahe, dass es sich bei den unterschiedlichen Schablonen um listige Querverweise auf Kunstgeschichte, Religionen und/oder Gesellschaftspolitik handelt. Wie etwa auf die Tradition des »Día de Muertos« in Mexiko, das Zeichen der Schlange in vielen prähistorischen Religionen und Gesellschaften oder die Wasserspinnen als post-apokalyptisches Warnzeichen.
Komödiantisches Talent – aber kann die Kunst mithalten?
Bei Josh Smith regiert in seiner aktuellen Werkserie das Prinzip Zufall: Wenn seines Erachtens, wie er bei einem Podiumsgespräch unterstrichen hat, auf einer Leinwand noch Platz vorhanden war, hat er ohne viel Nachzudenken ein Motiv genommen und es darauf platziert. Wobei erwähnt werden muss, dass er in der Farbgebung der Grundierung konzis vorgegangen ist und nicht dem Zufall gehuldigt hat. Die Farbdramaturgie ist durchdacht und nuanciert eingesetzt. Hier stellt sich die Frage, ob Smith mit seinem performativen Vorgehen auf eine oberflächliche, KI-gesteuerte Social-Media-Gesellschaft repliziert. Einem Feld, dem er sich – wie anfangs erwähnt – in den vergangenen Jahren verstärkt widmet.
Wenn man frühe Arbeiten des 1976 geborenen Künstlers betrachtet, in denen er Titelseiten von Zeitungen und Magazinen mit sozialkritischen Slogans zu Collagen verarbeitete, ist das eine naheliegende Frage.
Doch das ist bei dieser Präsentation nicht anzunehmen. Diese Serie von Josh Smith, in der er bei einigen Gemälden, laut eigenem Bekunden, nicht weiß, ob sie überhaupt schon fertig sind, kann mit einem Zitat resümiert werden:
Farb-dramaturgisch stilsicher inszeniert, lässiger Einsatz der Motiv-Schablonen, überraschend bis dekorativ. Inwieweit sich Sammlerinnen oder Sammler für 115.000 Euro auf diese falschen Fährten einlassen, steht auf einer anderen Seite.
Aber vielleicht verlegt Josh Smith in diesem Lebensabschnitt seine künstlerische Fokussierung auch mehr auf sein performativ-komödiantisches Talent. Sein kurzweiliges wie witziges Podiumsgespräch mit der designierten Direktorin der Kunsthalle Wien, Michelle Cotton, genießt in der Wiener Szene bereits Legendenstatus. Würde man/frau heute alle vermeintlichen Live-Zuhörerinnen und -Zuhörer zusammenzählen, hätte das Gespräch im Audi-Max der Hauptuni stattfinden müssen.
Galerie Eva Presenhuber
Lichtenfelsgasse 5, 1010 Wien
Österreich
Josh Smith, »Studio News«
bis 20. Juli 2024