Max Hollein | Foto: Eileen Travell

Seit August 2018 ist der gebürtige Wiener Max Hollein Direktor des Metropolitan Museums in New York. Das 1872 gegründete Museum umfasst Kunst von nahezu allen Epochen, Stilen und Ländern. Die Kunstgeschichte nicht mehr nur aus der westlichen Perspektive zu betrachten, ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt und auch ein Anliegen von Max Hollein. Er will die lineare Lesart der Kunstgeschichte aufbrechen und stattdessen aus multiplen Perspektiven und Blickwinkeln erzählen. Wir sprachen mit Max Hollein über seine Pläne für das Metropolitan Museum und über die Faszination von New York.


PARNASS: Sie haben angekündigt, dass der Michael C. Rockefeller Wing um 70 Millionen US-Dollar renoviert wird. Sehen Sie das als Teil eines neuen Masterplans im Kontext des „global canon of art history”? Weiters wurde im Dialoginterview mit Daniel H. Weiss in der „New York Times“ angedeutet, dass Sie der Moderne und der Zeitgenössischen Kunst im Zuge der Umgestaltung des Southwest Wing einen neuen Stellenwert im Museum geben wollen. Gleichzeitig steht nun endgültig fest, dass Sie sich auf das Haupthaus an der Fifth Avenue konzentrieren wollen. Im September ist die Entscheidung gefallen, dass das Met Breuer 2020 an die Frick Collection übergeben wird. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Max Hollein: Das Met befindet sich in ständigem, engen Austausch mit den Museen in New York. Ausgangspunkt war und ist unser Bestreben, die Definition von Moderner und Zeitgenössischer Kunst im Met an der Fifth Avenue zu erweitern und hier das große Southwest-Wing-Projekt voranzutreiben. Andererseits befindet sich die Frick Collection kurz vor einer umfassenden Erweiterung und Renovierung, welche die Schließung der dortigen Galerien notwendig machen.

Noch bevor ich das Amt des Direktors formal angetreten habe, sprach ich mit Dan Weiss sowie dem Board über unsere Strategie für Modern und Contemporary sowie die Möglichkeit, dass die Frick Collection die Flächen im Breuer Building, das noch immer dem Whitney Museum gehört, im Jahr 2020 übernimmt. Es ist eine längere Entscheidungsentwicklung, an der ich erst in der letzten Phase teilgenommen habe und mit der ich voll übereinstimme.

P: Gerade was die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts angeht, haben Sie betont, nicht mit den bereits vorhandenen Institutionen wie Museum of Modern Art, Whitney Museum of American Art und dem Guggenheim konkurrieren zu wollen, sehr wohl aber das Programm der Gegenwartskunst im Met ausbauen und vertiefen wollen. Sie sehen auch dieses Programm in einem erweiterten globalen Kontext. Die Sammlung ist in letzter Zeit durch Ankäufe von Werken aus Asien, Süd- und Mittelamerika, Afrika oder dem Mittleren Osten, wie etwa einer Arbeit des ägyptischen Künstlers Abdel Hadi El-Gazzar, erweitert worden. Was planen Sie konkret? Wie setzen Sie den Kanon der amerikanischen und europäischen Kunst nach 1945 in den Kontext einer weltweiten Kunstgeschichte und ist das überschaubar für den Besucher?

MH: Die weltweite Kontextualisierung unserer Sammlungen – und das ist ein wichtiges Anliegen – gelingt nur, indem wir uns von der Präsentation einer einzigen, mehr oder weniger linearen Geschichte der kulturellen Entwicklung verabschieden und stattdessen kulturelle Verbindungen sowie die Multiplizität, Verbundenheit und Parallelität der kulturellen Entwicklung aufzeigen.

Wir arbeiten derzeit an der Neupräsentation unseres Sammlungsbereichs Kunst aus Afrika, Ozeanien und den Amerikas. Dieser Bereich grenzt beispielsweise an die Galerien mit antiker griechischer und römischer Kunst sowie an Moderne und Gegenwart, sodass wir hier ganz bewusst Verbindungen und Dialoge aufzeigen können, etwa wie sehr das Alte Griechenland und Rom mit Afrika verbunden waren und wie stark die Entwicklungen von moderner Kunst mit diesem Bereich in Dialog stehen.

Max Hollein | Foto: Eileen Travell

Max Hollein | Foto: Eileen Travell

P: Welche Rolle wird Zeitgenössische Kunst künftig im Museum spielen? Planen Sie diese auch in Bezug zu älterer Kunst zu setzen, sind Interventionen vorgesehen oder soll sie auf die Galerieräume beschränkt sein?

MH: Das Met hat immer schon zeitgenössisch über alle Kulturen hinweg gesammelt – es fällt bei der Betrachtung nur nicht immer sofort auf, auch weil viele die Erwartung mitbringen, in Sammlungsbereichen wie zum Beispiel Asien oder Afrika nur „alte Kunst“ zu finden. Dabei wären sie überrascht, wie viele Objekte aus dem 20. Jahrhundert dort zu sehen sind. Unser eher westlich trainiertes Auge erkennt sie nur nicht als moderne oder zeitgenössische Kunst.

Für uns als enzyklopädische Institution ist es wichtig, die „klassischen“ Vorstellungen von Moderne und Gegenwart zu erweitern, und dies vor dem Hintergrund einer globalen Perspektive von 1880 bis heute. In unserem neu zu errichtenden Flügel für Moderne und Zeitgenössische Kunst werden wir das berücksichtigen – und auch hier Dialoge und Korrespondenten über verschiedene Kulturen als auch Epochen zeigen.

Für uns als enzyklopädische Institution ist es wichtig, die „klassischen“ Vorstellungen von Moderne und Gegenwart zu erweitern, und dies vor dem Hintergrund einer globalen Perspektive von 1880 bis heute.

Max Hollein

Gleichzeitig gibt es viele andere, bisher ungenutzte Bereiche im Museum, die wir, in enger Zusammenarbeit mit Künstlern, temporär mit Gegenwartskunst bespielen wollen. Unsere große Eingangshalle oder auch die acht Skulpturennischen, die seit der Eröffnung des Met im Jahr 1880 die ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt wurden, sind dafür prädestiniert.


Das vollständige Interview lesen Sie im PARNASS 4/2018!

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