PARNASS Up&Coming

Im Porträt – Violetta Ehnsperg

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, im Hintergrund Sofa von Mia Lipp, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg (*1991, Graz) arbeitet zwischen Malerei, Textil und Installation – und verwebt dabei biografische Bezüge mit gesellschaftlichen Fragestellungen. 2025 wurde sie von CHANEL Österreich auf Empfehlung von PARNASS als vielversprechende Nachwuchskünstlerin ausgewählt. Anlässlich dieser besonderen Auswahl unterstützt CHANEL sie bei der Realisierung eines neuen Kunstprojekts. Ehnsperg arbeitet in einem ehemaligen Büro- und Industrieareal im 12. Wiener Gemeindebezirk, wo sie ein weitläufiges Atelier eingerichtet hat, samt mehrstöckigem Arbeitsraum, Kostümfundus und großem Garten mit Badeteich. Ebenda haben wir die Künstlerin zum Gespräch getroffen.


 

PARNASS: Deine Bilder sind Manifeste der Leichtigkeit. Warum ist dir das wichtig?
VIOLETTA EHNSPERG:
Leichtigkeit ist für mich kein oberflächliches Thema, sondern eine bewusste Entscheidung. In einer Zeit, die von Überladung, Schwere und Daueranspannung geprägt ist, interessiert mich das Gegengewicht – ein visuelles Denken in Offenheit, Bewegung und Ungezwungenheit. Malerei ist für mich ein Ausdruck meiner inneren Welt, ein Aufschrei gegen die ständigen Erwartungshaltungen der Gesellschaft und zugleich ein Akt der Befreiung. Mir geht es darum, Räume zu öffnen, die sich nicht sofort festlegen lassen. Gerade abstrakte, farbige Malerei wird oft unterschätzt. Man sagt schnell: „nur schön“ oder „nicht relevant genug“. Ich kenne diese Kritik – auch die, dass Abstraktion manchmal gesellschaftliche Themen ausblendet oder zu allgemein bleibt. Das stimmt teilweise, und ich nehme das ernst. Aber gerade deshalb interessiert mich die Abstraktion: weil sie eben nicht festlegt, weil sie viel zulässt. 

Meine Bilder sind keine Antworten, sondern Angebote.

Violetta Ehnsperg

P: Was bedeutet Wiedererkennbarkeit in deinem Werk?
VE:
Wiedererkennbarkeit ist für mich kein Ziel an sich, sondern das Ergebnis einer konsequenten persönlichen Haltung zur Malerei. Meine Farbwahl, der Umgang mit Fläche, Leerstelle und Komposition entstehen nicht aus dem Wunsch nach Stil, sondern aus einem inneren Drang, bestimmte Spannungen sichtbar zu machen. Ein abstraktes Bild lässt sich nie vollständig entschlüsseln. Es bleibt immer ein Rest an Unzugänglichkeit, ein Moment des Nichtwissens. Die grellen Farben, die oft als Signatur meiner Arbeit wahrgenommen werden, sollen fordern – sie wollen nicht übersehen werden. Der bewusste Umgang mit Leerstellen schafft Räume, in denen sich etwas zeigen oder auch entziehen kann.

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Wenn meine Arbeiten wiedererkennbar sind, dann vielleicht, weil sie eine bestimmte Haltung transportieren: Direktheit, Ambivalenz, die Weigerung, sich zu glätten.

Violetta Ehnsperg

P: Du malst nicht nur: Deine Praxis pendelt zwischen Medien, die du ineinander verschränkst. Wie ergänzen sich die verschiedenen Zugänge für dich?
VE:
Meine künstlerische Praxis lässt sich nicht auf ein Medium beschränken. Malerei, Installation, Mode, Kostüm – ich arbeite gern in selbst geschaffenen Räumen, in denen sich meine Welt entfalten kann. An der Uni sagte man mir einmal: „Nur wenn du dich auf Malerei konzentrierst, wirst du sie ernst genug nehmen.“ Das ist für mich schwer nachvollziehbar – diese Idee, sich einzuengen, um Tiefe zu erreichen. Mein Denken braucht Weite – ein freies Spielfeld. Die Medien greifen ineinander und jedes Medium hat seinen eigenen Rhythmus. Die Malerei zum Beispiel verlangt höchste Konzentration. Ich arbeite ohne Entwurf, alles geschieht im Moment – es ist ein freier Fall, intensiv und voller Risiko. Es ist ein Spannungsfeld zwischen mir und der Leinwand. Wenn ich genug von dieser Spannung habe, gehe ich ins Nähzimmer. Nähen ist für mich ein Ausgleich – planbar, beruhigend, strukturiert. Und wenn mir das wiederum zu ruhig wird, wenn ich mehr will, dann beginne ich, mir Installationen auszudenken.

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

P: Textilien sind ein zentraler Bestandteil deiner Praxis. Wie wählst du die Stoffe aus und welche Erinnerungen stehen hinter diesen Materialien?
VE:
 Die Grundlage meiner textilen Arbeiten bilden Leinwände, die ich bemale, färbe, zerschneide, besticke und zusammennähe. Daneben verwende ich ganz unterschiedliche Stoffreste – alte Kleidungsstücke, die ich sammle und weiterverarbeite, Bordüren, Bommel und andere Materialien. Viele dieser Stoffe stammen aus Secondhand-Läden oder wurden mir geschenkt. Zudem besitze ich eine Sammlung von Kostümen aus einem aufgelösten Fundus, die ich ebenfalls in meine Arbeiten integriere. Je nach Projekt bitte ich Menschen aus meiner Umgebung, mir Stoffe mitzubringen. Jeder Stoff trägt seine eigene Geschichte in sich. Diese Vielschichtigkeit interessiert mich und bildet eine nicht nur materielle, sondern auch erzählerische Grundlage meiner Arbeit. Die Verbindung von Materialität und Geschichte kommt besonders bei meinen Tapisserien zum Ausdruck.

Was Mode und Kunst für mich verbindet, ist das Thema Identität.

Violetta Ehnsperg

P: Deine Biografie ist für deine Kunst nicht unwesentlich – inwiefern spielt dein thailändischer Hintergrund eine Rolle?
VE: 
Mein thailändischer Background bietet fortwährend Anregungen, besonders für meine textilen und installativen Arbeiten. Die leuchtenden Farben der Tempel, die verschiedenen Muster und die Traditionen der Thais prägen mein ästhetisches Empfinden und fließen subtil in meine Werke ein. Im Herbst starte ich mein Maria-Lassnig-Reisestipendium, um mich noch intensiver mit der Geschichte und Kultur Thailands auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt meines Projekts steht die Gestaltung eines großformatigen Wandteppichs. Das Thema „Knüpfen“ und „Verknüpfen“ spielt in meiner künstlerischen Arbeit eine zentrale Rolle. 

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Das ganze Interview ist in unserem Up&Coming Special 2025 nachzulesen.

 


TIPP: Im Herbst 2025 werden Werke von Violetta Ehnsperg im Wiener Kunstraum Art World | Anderl Weber gezeigt.


 

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, im Hintergrund Sofa von Mia Lipp, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, im Hintergrund Sofa von Mia Lipp, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

Violetta Ehnsperg, Atelier 2025, © Paola Lesslhumer

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