Der Bildhauer verstarb am 24. Dezember

Hermann Walenta

Hermann Walenta, Apokatastase, 1970, Lindabrunner Konglomerat (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag 2005)

Der Bildhauer Hermann Walenta, der in Riegersburg (Bezirk Hollabrunn) lebte, ist am 24. Dezember im Alter von 95 Jahren gestorben. Hermann Walentas Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 1958 mit dem Förderungspreis der Stadt Wien sowie 1977 mit dem Kulturpreis des Landes Niederösterreich. Walenta war auch als Grafiker und Maler tätig.


Hermann Walenta gehörte zu jener österreichischen Bildhauergeneration, die unmittelbar nach dem Krieg an der Akademie der bildenden Künste ihr künstlerischen Weg begannen. Die Studenten der Meisterklasse Fritz Wotruba zählten damals zur Avantgarde. Die Steinskulptur stand im Fokus der damaligen Gegenwartskunst.  Im Gegensatz zu anderen Künstlern seiner Generation, wie Joannis Avramidis oder den etwas jüngeren Bildhauern wie Andreas Urteil, Alfred Hrdlicka und Roland Goeschl wurde sein Werk jedoch weit weniger der Öffentlichkeit bekannt. Doch zählt Walenta zu den interessantesten Bildhauern seiner Zeit, der bereits früh eine eigenständige, an internationalen Vorbildern orientierte Formensprache entwickelte. 2005 erschien eine umfassende Monografie zu seinem Werk im Löcker Verlag.

 

Geboren 1923 im niederösterreichischen Drosendorf a.d. Thaya, begann er bereits während der Kriegsjahre sein Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste bei Josef Müllner. Dieses musste er jedoch kriegsbedingt unterbrechen. 1945 nahm er das Studium wieder auf und studierte in den Meisterklassen Müllner und Wotruba. 1948 schuf er einen „Sitzenden“ aus Kunststein, der auf den ersten Blick das formale Prinzip Wilhelm Lehmbrucks als Ausgangsbasis zu haben scheint, vor allem in der Überlängung der Figur und auch im nach innen gekehrten Ausdruck. Doch bereits hier mutiert die Figurenform zu einer Verbindung von Hohlraum und dem geschlossenen Steinblock. Besonders der geschwungene Rücken und die Rechteckform der Arme scheinen vielmehr der Frage nach der Durchdringung von Körper und Raum nachzugehen. Interessanterweise zeigen seine ebenfalls um 1948 entstandenen Monotypien eine zeitweilig divergierende Auffassung der Figur im Raum. Einerseits folgen manche Blätter einer expressiven Formensprache, die auf einer Auseinandersetzung mit Zeichnungen von Schiele zu basieren scheinen, während einige bereits die Verkantung der Arme und die geschwungene, sich nach unten verbreiternde Rückenform zeigen.
 

Die Figurenform mutierte zu einer Verbindung von Hohlraum und dem geschlossenen Steinblock.

Silvie Aigner

 

Hermann Walenta, Sitzender, 1949, Kunststein (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag, 2005) 

Hermann Walenta, Sitzender, 1949, Kunststein (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag, 2005) 

In den 1950er-Jahren mutieren seine Figuren zu vegetabilen Formen, die weit in den Raum hinausragen und vor allem von der Rhythmik der Durchbrechung der Skulptur durch den Hohlraum geprägt sind. Damit ist Hermann Walenta mit Ausnahme von Wander Bertoni der einzige Bildhauer aus dem Umfeld Wotrubas, der die mit Alexander Archipenko um 1912 eingeschlagene Richtung der biomorphen, vegetabilen Skulptur rezipiert und im eigentlichen Sinne parallel zur englischen Skulptur in seiner eigenen Formensprache weiterentwickelt hat. Bereits Archipenko vollzog nach einer Phase kubistischer Skulpturen den Schritt zu einer Durchdringung und Analyse des Raumes. Anders als der Futurist Boccioni arbeitete er mit dem Prinzip der „Höhlung“, wobei die Figur als Motiv bestimmend blieb. In den 1930er-Jahren wurde in Arbeiten von Brancusi oder Hans Arp die Tendenz zum Organischen weiterverfolgt und zeigt sich in Skulpturen von u.a. Hans Hartung oder später auch im Werk der englischen Bildhauerin Barbara Hepworth. Auch Henry Moore folgte in den 1950er-Jahren dem Prinzip der Durchdringung der festen, geschlossenen Form durch Hohlräume, ohne jedoch die Figur als Motiv gänzlich aufzugeben, während Barbara Hepworth mit mehrteiligen, organischen und bewegten Formen arbeitet.

Hermann Walenta, Ikarus, 1964, Serpentin-Kunststein (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag 2005)

Hermann Walenta ist dieser internationalen Skulptur weit mehr verpflichtet als den zeitgleichen Tendenzen in Österreich. Das Figurative hatte er bereits Ende der 1950er-Jahre hinter sich gelassen und den Schwerpunkt seiner Konzeption auf organische Motive und weit in den Raum ausgreifende Skulpturen in bewegter Dynamik gelegt. Die Skulpturenform und der Binnenraum scheinen sich gegenseitig zu bedingen und die jeweilige Bewegung als Gegenstück aufzunehmen. Die verwendeten Materialien sind Kunststein, Bronze, Holz, Serpentin, Marmor und Sandstein. Walenta nahm an vielen Symposien teil, so u.a. auch in Lindabrunn, St. Margarethen und Krastal. (www.hermannwalenta.at)

Hermann Walenta, Morphogenese, 1990/1991, Laaser Marmor (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag 2005)

Hermann Walenta, Morphogenese, 1990/1991, Laaser Marmor (© bei den Fotografen: Hermann Walenta, Werke, Löcker Verlag 2005)

Das könnte Sie auch interessieren