Kunsthalle Praha

Gregor Hildebrandt

Es ist die erste große institutionelle Solo-Schau des deutschen Künstlers, noch dazu in einem neuen Museum. Und sie kann sich sehen lassen: Gregor Hildebrandt inszeniert rund 80 Arbeiten in ortsspezifischen Settings und aktiviert die Räume mit wechselnden Ausstellungsgästen sowie Performances – großartig.


Erst im Februar 2022 öffnete die Kunsthalle Praha in einem sehenswert revitalisierten ehemaligen Umspannwerk ihre Tore. Gegründet als Privatinitiative der Pudil Family Foundation möchte das Ausstellungshaus den Diskurs zur gegenwärtigen Kunstin Prag auf ein nächstes Level heben und die tschechische mit der internationalen Kunstszene verbinden. So entschied man sich bewusst für den deutschen Begriff „Kunsthalle“ im Titel und – nach der Eröffnung mit einer Gruppenausstellung rund um das Thema Kinetismus – für den eben nicht tschechischen, sondern deutschen Künstler Gregor Hildebrandt (*1974 Bad Homburg vor der Höhe) für die zweite Hauptausstellung. Es ist die Achse Berlin-Prag, die die Kuratorin Christelle Havranek besonders reizte. Die gebürtige Französin beobachtet ein großes Interesse an jungen Prager Künstlern in der nur vier Zugstunden entfernten deutschen Hauptstadt und möchte auch die andere Richtung – also den Blick von Berlin nach Prag – weiter anregen.

So traf es sich perfekt, dass Georg Hildebrandt vorschlug, den Berliner Offspace „Grzegorzki Shows“, den der Künstler gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Alicja Kwade unter seinem Atelier betreibt, als Nachbau in der Prager Ausstellung zu integrieren. In diesem werden während der Ausstellungsdauer im Wechsel vergangene Berliner Ausstellungen von Künstlerfreunden Hildebrandts gezeigt. Bands aus dem eigenen Label „Grzegorzki Records“ – teilweise mit Studierenden aus Hildebrandts Münchner Klasse – treten an ausgewählten Abenden im Erdgeschoss der Kunsthalle Praha auf. So wollte die Kuratorin nicht nur eine „statische Ausstellung“ zeigen, sondern auch „ein Stück des Lebens des Künstlers in Berlin“ nach Prag holen. Doch bei aller willkommenen Ablenkung durch Gastkünstler, die Hauptflächen der mehrstöckigen Ausstellungshalle gehören Georg Hildebrandt. Sie bieten einen dichten und gelungenen Werk-Parcours, auf dem er seine bisher größte Soloschau mit rund 80 Arbeiten präsentiert.

Gregor Hildebrandt, Ausstellungsansicht, Kunsthalle Praha, 2022 © Vojtěch Veškrna

Man wollte einen Künstler zeigen, der bereits gut etabliert, in Tschechien aber noch nicht bekannt ist, so Direktorin Ivana Goossen, und ihm mit der über 800 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche auch die Möglichkeit geben, einen wesentlichen Moment in seiner Karriere zu präsentieren. Dies ist zweifellos gelungen. Denn die seit 2017, also noch lange vor der Fertigstellung der heutigen Ausstellungsarchitektur, ortsspezifisch entwickelte Ausstellung ist ein Erlebnis für den Besucher. Aus Hildebrandts bekannter Manier, gebogene Vinylplatten zu Objekten zu verarbeiten, werden in einem weiteren Schritt meterhohe Ausstellungswände. Im Inneren des rhythmisch gestalteten Labyrinths in Schwarzweiß ergeben sich intime Werkbegegnungen. Andernorts beindruckt die großer Gestik. Die Musik ist der ständige Begleiter. Allerdings nicht über Tonspuren, sondern über die Artefakte der Tonträger, die Hildebrandt zerstückelt und neu aus Tonbändern zusammensetzt. Mosaike aus Schallplatten oder Kassettenschatullen inszeniert er als Bildhintergrund ebenso wie als Bildvordergrund.

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Gregor Hildebrandt, Ausstellungsansicht, Kunsthalle Praha, 2022 © Vojtěch Veškrna

Kunsthalle Praha

Gregor Hildebrandt

A Blink of an Eye and the Years are Behind Us

bis 13. Februar 2023

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