Zehn Fragen zu Ökologie und Nachhaltigkeit in der Kunstwelt

Glossar | 8 | Natur – was ist das?

Natur – was ist das?


Als Natur wird in der westlichen-europäischen Philosophie bezeichnet, was nicht von Menschen geschaffen wurde, und als Gegenbegriff zu der von ihm gestalteten Kultur verhandelt.

Nachdem die Natur zur menschlichen Existenz in Beziehung gesetzt wird, kann der Begriff Natur nie wertfrei sein. Er wird stets nach subjektiven, soziopolitischen, aber auch ästhetischen und religiösen Kriterien beurteilt. Natur ist also nicht nur etwas objektiv Vorgegebenes, sondern auch immer Repräsentation von Natur als kulturelle Konstruktion. Heute stellt sich angesichts von Übernutzung natürlicher Ressourcen, von Klimawandel und sich häufenden Ereignissen, die nach menschlichen Dimensionen als Naturkatastrophen angesehen werden, zunehmend die Frage, inwieweit in das »System Natur« überhaupt eingegriffen werden kann beziehungsweise inwieweit die Menschheit selbst als verändernde Kraft zu sehen ist. Seit der Industriellen Revolution greift der Mensch massiv in die Umwelt ein und löst unumkehrbare Prozesse aus. Der Begriff »Anthropozän«, den der niederländische Chemiker und Atmosphärenforscher Paul J. Crutzen im Jahr 2000 für unser Zeitalter aufbrachte, beschreibt den Paradigmenwechsel: Erstmals hat der Einfluss der menschlichen Aktivitäten auf den Erdball derart starke Auswirkungen, dass die Menschheit selbst zu einer geologischen Kraft wurde.

Ist unser Naturbegriff noch zeitgemäß?

Bereits im 17. Jahrhundert listete der englische Philosoph und Forscher Robert Boyle verschiedene Bedeutungen von Natur auf und diskutierte, ob man ganz auf den Begriff verzichten sollte, weil er so unklar sei, so Christian Schwägerl. Der Naturphilosoph Gernot Böhme ging bereits 1989 in seinem Buch „Für eine ökologische Naturästhetik“ der Frage nach: „Was ist Natur?“. Darin plädiert er auch dafür, dass wir erkennen müssen, dass wir nicht außerhalb der Natur stehen, sondern selbst Natur sind. Der Begriff Natur war in den letzten Jahrzehnten einem großen Wandel unterzogen. Eine der markantesten Publikationen dazu lieferte der ebenso populäre wie umstrittene US-amerikanische Publizist und Philosoph Timothy Morton in seinem 2016 auch auf Deutsch erschienenen Buch „Ökologie ohne Natur. Eine neue Sicht der Umwelt“. Auch Ausstellungen wie unter anderen „Parlament der Pflanzen“ im Kunstmuseum Liechtenstein und „Was ist Natur“ im Museum Sinclair-Haus, Stiftung Kunst und Kultur in Bad Homburg, liefern eine neue Erzählweise über die komplexen Verflechtungen von Mensch, Natur, Ökologie und rütteln an unsere anthropozentrischen Sichtweise. Die Frage „Was ist Natur?“ fordert vor allem auch die Auseinandersetzung mit unserer Vorstellung von Natur ein, wie wir „Natur“ erfahren und mit ihr umgehen. 

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