Gerold Miller in Wien
Scharf am Punkt und doch allseitig offen. Monochrom reduziert oder plakativ neonfarben. Gerold Miller ist Meister der präzisen Widersprüche und präsentiert sich aktuell sehenswert in Wien.
Fragen nach Grenzen und Beziehungen der Kunst
Wie zwei Klammern, die sich eng umschließen, umrahmt „total object 360“ einen Flecken Ausstellungswand und umkreist dabei Fragen, die sich die Kunst nun schon viele Jahrzehnte stellt:
Gerade wurde die große Schwester dieser Arbeit „total object 347“ auf der Art Cologne von den Freunden der ART COLOGNE e.V. angekauft (Van Horn, 70.000 Euro) und geht als Dauerleihgabe an das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK). Die kleine Variante, in tiefviolett hängt nun in Wien und um sie herum gruppiert sich sehenswert die Bandbreite der Arbeit Gerold Millers (*1961 Altshausen, DE).
Objekte an der Wand reflektieren mit einem „Verstärker“ im Raum. Dieser raumgreifende Spiegel-Winkel ist einer der bekanntesten Kniffe des deutschen Künstlers. In verschiedenen Varianten und Dimensionen hat er damit bereits an den unterschiedlichsten Orten aufgezeigt und seine Wirkmacht auch im Freien unter Beweis gestellt. Miller hat eine sehenswerte Ausstellungsbiografie vorzuweisen, mit dabei sind Orte wie die Nationalgalerie in Berlin, das Louisiana Museum of Modern Art in Dänemark, das Kunstmuseum Stuttgart oder die Fondation Cartier in Paris. Oft sind seine Werke in Gruppenausstellungen in der Tradition der Minimal Art und Geometrischen Abstraktion zu sehen, doch verleiht Miller den Ideen des Minimal einen Gegenwartsanstrich.
Nicht nur wortwörtlich durch das technophile perfekte Lackfinish der Aluminium- und Stahlkörper, sondern auch durch soziokulturell bedingte Screen-Assoziationen. Ebenso sind Repetition und Serie im kunsthistorischen Kontext verankert und die gefundenen Formen werden auch von Miller akribisch auf ihr Bestehen in verschiedenen Größenverhältnissen geprüft.
Zwischen Konstruktion und Wandel: Millers Spiel mit Form, Farbe und Licht
In Wien präsentiert Miller ein Konvolut für ihn typischer Formen und Farben, glänzend wechselt mit matt, das zufällige mit dem absoluten. Spielerisch und nüchtern zugleich überlassen sie den Sinnen viel Freiraum. „Als junger Mensch entscheidest du dich früh, ob du abbildest oder ob du konstruierst. Ich habe mich für letzteres entschieden“, erklärt der Künstler im Gespräch mit Collectors Agenda (hier nachzulesen). So konstruiert Miller Objekte im einzelnen und Wahrnehmungsräume im Zusammenhang. Die Eindrücke sind stets im Wandel begriffen, der Zeitverlauf des Tages verändert die Lichtsituation markant, die spiegelnden Flächen drehen sich und werden sodann durch neue Reflexionen bei Lampenschein abgelöst. Zirkuläre Abläufe als Angebot an die Betrachtenden – man kann wiederkommen, bleiben oder sich einfach mit dem Schnappschuss der Sekunde begnügen.
Collectors Agenda
Franz-Josefs-Kai 3, Suite 16, 1010 Wien
Österreich
Gerold Miller
14. November bis 21. Dezember 2024