SILVIA LANGEN TRAF DIE SAMMLERIN INGVILD GOETZ ZUM GESPRÄCH

Frauen - Power in München

INGVILD GOETZ | Foto: Thomas Schmidt, Hamburg Courtesy Sammlung Goetz, Ingvild Goetz, München

Die Sammlung Goetz feiert 2018 ihr 25-jähriges Bestehen mit einer dreiteiligen Ausstellung, die sich dem künstlerischen Schaffen von Frauen widmet. Sowohl im eigenen Sammlungsgebäude in München-Oberföhring wie auch im Haus der Kunst werden nahezu 200 Arbeiten gezeigt, angefangen von Zeichnungen über Fotografien, Gemälde und Skulpturen bis hin zu Filmen und umfangreichen Installationen von mehr als 40 Künstlerinnen in einem generationsübergreifenden Dialog.


PARNASS: Frau Goetz, Sie wählen für Ihre große Jubiläumsausstellung das Thema „Künstlerinnen im Dialog“. Wie wichtig ist Ihnen das Thema Frau für Ihre Sammlung? INGVILD GOETZ: Obwohl mehr als ein Drittel der Werke in meiner Sammlung von Frauen geschaffen wurden, ist das kein Schwerpunkt für mich. Es hat sich eher unbewusst ergeben, weil mich die Themen und Fragestellungen, die Bildsprache und die Wahl der Materialien der Künstlerinnen interessierten. Vielleicht liegt es daran, weil ich selbst eine Frau bin. So habe ich schon früh heute bedeutende Künstlerinnen und Gruppierungen gesammelt und diese Positionen über die Jahre hinweg durch Ankäufe erweitert. Aber ich begeistere mich auch für ganz junge Künstlerinnen und habe da einige spannende Entdeckungen gemacht. Bei der Herangehensweise, der Wahl der Themen und den künstlerischen Materialien gibt es sehr interessante Parallelen und Entwicklungslinien zwischen den Generationen zu beobachten. Deshalb wollten wir die Werke dieser Frauen in der dreiteiligen Ausstellung in einen generationsübergreifenden Dialog stellen.

P: Sie engagieren sich auch gesellschaftspolitisch für Frauen. IG: Gesellschaftspolitisch bin ich jemand, der unbedingt die Frauen stärken möchte. Aber ich bin keine Feministin. Ich denke, die Frauen sind im Augenblick alle stark genug, um sich selber durchzusetzen. Wenn ich meine Generation mit der heutigen vergleiche, sind da Welten dazwischen. Es hat sich so viel getan! Die Männer können nicht mehr an den Frauen vorbei und die meisten Männer wollen das auch gar nicht mehr. Sie finden es ganz okay so. Aber Frauen werden einfach schlechter repräsentiert. Auch in der Kunst verdienen viele Frauen weniger als Männer. Viele Künstlerinnen, die eine hohe Qualität haben, sind immer noch deutlich preiswerter als ihre männlichen Kollegen.

P: Sie haben Einzelpositionen von Frauen wie Yayoi Kusama, Rosemarie Trockel oder Mona Hatoum schon früh in Ihrer Sammlung aufgebaut. Sind es spezifische Frauenthemen, die Sie an deren Kunst interessiert? IG: Nein, es ist eher die ungeheure Vielseitigkeit in ihren Arbeiten, die mich fasziniert, der gesellschaftspolitische Anspruch, den etwa Mona Hatoum mit ihrem Werk verbindet, der Mut, ungewöhnliche Materialien einzusetzen, wie die Wolle bei Rosemarie Trockel, oder wie bei Yayoi Kusama, ihre eigene Biografie miteinzubeziehen.

»GENERATIONS PART 1« | Installationsansicht Sammlung Goetz, 2018 | © by the artists, Courtesy Sammlung Goetz, München, Foto: Thomas Dashuber

»GENERATIONS PART 1« | Installationsansicht Sammlung Goetz, 2018 | © by the artists, Courtesy Sammlung Goetz, München, Foto: Thomas Dashuber

Meiner Ansicht nach sind Frauen viel mutiger, was den Umgang mit ihrem Körper und ihrer eigenen Biografie angeht.

Ingvild Goetz

P: Welche Schwerpunkte setzen Sie jeweils in den drei Ausstellungsteilen Ihrer Jubiläumsausstellung? IG: Im ersten Teil steht die Aneignung von Alltagsmaterialien und Praktiken aus dem Kunsthandwerk im Vordergrund. Ebenso spielt die Auseinandersetzung mit Werbung und Design eine Rolle. Im zweiten Teil, unserer aktuellen Ausstellung im Haus der Kunst, dreht sich alles um die Darstellung des weiblichen Körpers in bewegten Bildern. Dabei werden Tabus gebrochen und konventionelle gesellschaftliche Vorstellungen kritisch hinterfragt. Im letzten Teil setzten wir einen Schwerpunkt auf ältere Künstlerinnen wie Louise Bourgeois oder Geta Brătescu, die einen autobiografischen Ansatz in ihrem Werk verfolgen. Interessant ist da vor allem, welche Impulse diese Wegbereiterinnen der jüngeren Generation gegeben haben. Insgesamt war es mir wichtig, dass nicht nur die bekannten künstlerischen Positionen gezeigt werden, die ich schon früh aufgebaut und über die Jahre hinweg gesammelt habe, sondern auch einige Neuentdeckungen beziehungsweise Wiederentdeckungen dabei sind. Das macht es für mich so spannend.

P: Welchen Anteil tragen die Kuratorinnen Cornelia Gockel und Susanne Touw? IG: Zum 25. Jubiläum der Sammlung Goetz wollte ich einmal nur die Werke von Künstlerinnen präsentieren, die schließlich mehr als ein Drittel meiner Sammlung ausmachen. Zusammen mit Karsten Löckemann, dem Hauptkurator der Sammlung Goetz, habe ich dann das Ausstellungskonzept für eine dreiteilige generationsübergreifende Gegenüberstellung entwickelt. Cornelia Gockel und Susanne Touw, unsere beiden Kuratorinnen für Medienkunst, haben sich eine Fragestellung für den zweiten Teil im Haus der Kunst überlegt, geeignete Werke aus unserem Sammlungsbestand dafür ausgewählt und im ehemaligen Luftschutzkeller des Hauses der Kunst inszeniert. P: Dieser zweite Teil der Ausstellung umfasst ausschließlich Videoarbeiten, in denen sich die Künstlerinnen mit Körperlichkeit, Sexualität, Geschlecht und Identität auseinandersetzen. Was für eine Bedeutung nimmt für Sie hier das Format Video ein? IG: Die Videotechnik ist ja schon seit ihren Anfängen wegen der leichten Handhabung zur Dokumentation von Performances und filmischen Experimenten allein im Atelier eingesetzt worden. Aber es werden hier nicht nur Filme gezeigt, sondern auch Filmstills, Fotografien und Skulpturen, die in diesem Zusammenhang entstanden sind.

P: Sind diese Themen vor allem für Frauen relevant? Gehen Männer in der Kunst anders damit um als die Frauen? IG: Ja, meiner Ansicht nach sind Frauen viel mutiger, was den Umgang mit ihrem Körper und ihrer eigenen Biografie angeht. Es ist vielleicht eine Art Ermächtigung, von der traditionellen Rolle als Muse und Modell wegzukommen und selbst zu entscheiden, auf welche Weise sie sich und ihren Körper präsentieren.


Lesen Sie das gesamte Interview in unserer Ausgabe PARNASS 03/2018!

BARBARA KASTEN | Construct PC XI, 1982, Polacolor Foto, 60,9 × 50,8 cm | © by the artist, Courtesy Sammlung Goetz, München

BARBARA KASTEN | Construct PC XI, 1982, Polacolor Foto, 60,9 × 50,8 cm | © by the artist, Courtesy Sammlung Goetz, München

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