Ein Gespräch mit Anouk Lamm Anouk
Anouk Lamm Anouk zählt zu den Shootingstars der jungen Kunstszene Österreichs. Wir stellten Anouk Lamm Anouk bereits in unserem Special Up&Coming vor, seitdem nahm deren künstlerische Karriere ordentlich Fahrt auf. Im Herbst 2024 stehen mehrere große Ausstellungen an, für die Anouk Lamm Anouk aktuell an neuen Werken arbeitet. Wir fanden es daher an der Zeit, Anouk wieder einmal in deren Wiener Atelier zu besuchen. Lesen Sie das ganze Gespräch in der aktuellen Ausgabe 03/2024.
INTERNATIONALE WELLEN
Bislang vereinte Anouk Lamm Anouk Wohnen und Arbeiten in der großen hellen Wohnung, in der Anouk gemeinsam mit deren Frau, der Juristin Marleen Anouk-Roubik, wohnt. Doch Anouks rege Ausstellungstätigkeit verlangte nach mehr Platz, es gibt viel zu tun. Seit der Diplomausstellung 2021 im Hotel Sacher hat Anouk international reüssiert, es folgte eine erste museale Einzelausstellung und Soloshows in Seoul. In diesem Herbst stehen eine Einzelausstellung bei Patricia Low in Venedig an, sowie eine Ausstellung im Rahmen der Eröffnung der KÖNIG BERGSON in München, die Teilnahme an der Art Cologne und an der New Yorker Amory Show mit Pablo’s Birthday. Eine Soloshow bei Gisela Clement in Bonn sowie weitere Einzelausstellungen in Deutschland sind in Planung.
Der Erfolg ist naturgemäß Anouks Werk geschuldet, aber auch deren inneren Berufung und Konsequenz. Selbstbewusst und zielstrebig geht Anouk Lamm Anouk deren Weg und wirkt dabei sehr klar, reflektiert und selbstbestimmt. „Ich habe bereits als Kind ständig gezeichnet, überall wo ich mit meinen Eltern hingegangen bin, hatte ich einen kleinen Malkoffer dabei. Es war eine Art Persönlichkeitsaspekt oder Wesenszug, der offenbar von Anfang an in mir angelegt war. Inhaltlich war schon früh die thematische Trias Kunst, Tiere, Natur vorhanden.“
Eine eigene visuelle Sprache zu entwickeln, die Abstraktion und Figuration vereint, war Anouk Lamm Anouk bereits sehr früh ein Anliegen. „Es war mir wichtig, mir ein eigenes Fundament zu schaffen, und daher habe ich mir zunächst wenig Kunst angesehen. Erst als dieses Fundament stark genug war, habe ich begonnen, mich sehr aktiv mit anderen Künstlern und Künstlerinnen auseinanderzusetzen. Viele, wie etwa die französische Tiermalerin Rosa Bonheur, die 1822 geboren wurde, Hosen getragen hat und offen lesbisch gelebt hat, ebenso wie Hilma af Klint, die zu ihrer Zeit nicht verstanden wurde, aber dennoch unermüdlich an ihrem Werk gearbeitet hat, oder Nicole Eisenmann, sind in jedem Fall Vorbilder.“
LEERE ALS FUNDAMENT DER FÜLLE
Anouks Œuvre umfasst sowohl Malerei als auch dreidimensionale Werke. Die Arbeiten entstehen zumeist in Serien, stets nebeneinander und in einem ineinander übergehenden Arbeitsprozess. „Lesbian Jazz“ und „post/pre“ sind die bislang umfangreichsten und auch bekanntesten Serien. Diese, zumeist im Format 2 × 2 Meter gemalten Bilder sind sind eine bewusste Abkehr von unserem konsumorientieren und bildgefluteten Alltag.
„Klarheit und der Mut zur Leere sind ein Schlüssel, um sich selbst zu finden und auszubrechen aus einer kapitalistischen Welt, in der wir funktionieren müssen, in der uns vorgeschrieben wird, wie man zu sein hat.“, erklärt Anouk Lamm Anouk. Die Werke sind Reflektionen über die Welt, in der Anouk lebt. Es geht Anouk dabei nicht um die eigene Biografie, sondern generell um queere Sichtbarkeit in der Kunst. "Es geht auch um Anerkennung – und die soll für alle sein."
AUFLÖSUNG DER HIERARCHIEN
Das Pferd wie auch die anderen Tiere bilden einen weiteren Schwerpunkt in Anouk Lamm Anouks künstlerischer Arbeit, den Anouk unter dem Begriff „Antispezismus“ zusammenfasst. Es geht dabei um einen neuen Naturbegriff im Sinne eines harmonischen und ebenbürtigen Zusammenlebens von Mensch, Tier und Natur. Neue Beziehungen entstehen, quer zu Vorstellungen biologischer Verwandtschaften, eine Auflösung der Hierarchien, in der auch Anouk eine Änderung bestehender Herrschaftsbeziehungen sieht.
Vor allem die Rolle von queeren Menschen, insbesondere Frauen, in der Geschichte der Tierrechte, beschäftigt Anouk. Diesen Themen geht Anouk in den Serien „Human/Hound“,„Human/Horse“ oder „Human/Feline“ nach. Die Serien werden gemeinsam mit Arbeiten aus „Lesbian Jazz“ Teil der Ausstellung „From Human, Horses and Hounds“ bei Patricia Low sein.
Zum Thema Antispezismus sind auch skulpturale Werke in Arbeit, eine Bronzeskulptur sowie eine installative Serie aus 13 Lämmern. Diese sehen auf den ersten Blick ident aus, doch bei näherer Betrachtung ist jedes Lamm individuell. Tieren spicht man Individualität ab, verpackt ihre Produkte in Vakuum und betrachtet sie als Sache – diese Arbeit ist eine Referenz darauf, wie Menschen mit Tieren umgehen, so Anouk.
NOSTALGIA FOR A FUTURE
Blickt Anouk Lamm Anouk pessimistisch in die Zukunft? "Nein, ich bin von Natur aus optimistisch. Dennoch, es ist eine ungewisse Zukunft, der wir entgegengehen“, sagt Anouk. Aus diesem Gefühl heraus entsteht seit 2023 die Serie "Nostalgia for a Future", die jeweils zwei Hunde zeigt, die mit dem Rücken zu den Betrachtenden zum Horizont einer sehr reduzierten und nicht näher definierten Landschaft blicken. Es ist keine Nostalgie im Sinne des "Früher war alles besser", sondern ein Gefühl für eine potenzielle, unklare Zukunft. Trotz dieser nostalgischen Haltung ist Anouk aber auch überzeugt, "dass sich dieses Ungewisse unserer Zukunft gemeinsam leichter bewältigen lässt.“
Dieser Artikel wurde gekürzt. Lesen Sie weiter in der aktuellen Ausgabe 03/2024.