Gespräch mit Lui Wienerroither und Ebi Kohlbacher

Ein geschlossenes Palais und viel Optimismus

Kunst ist ein Faktor. Auch der Kunsthandel ist nach dem Shut Down wieder vorsichtig optimistisch. Ein Gespräch mit Lui Wienerroither und Ebi Kohlbacher.


Zur TEFAF in Maastricht kamen zwar durchaus Besucher, viele davon Holländer, die grundsätzlich die Messe besuchen, doch bei den Käufern, Sammlern waren die Einbußen bei den Besucherzahlen groß, nur 50-60% der sonst üblichen Gäste waren gekommen. Hoffte man nach der Eröffnung, als bereits klar wurde, dass einige wichtige Sammler nicht anreisen würden, auf das zweite Wochenende, so wurde die Messe von den Ereignissen eingeholt und schloss frühzeitig. Auch wenn einige Galerien verkaufen konnten, war der Schaden groß. Viele Kunsthändler, darunter auch Wienerroither & Kohlbacher wurden von der vorzeitigen Absage der Messe und dem Ausfall des Sammlerpublikums hart getroffen. Nach der Rückkehr nach Wien, musste man entsprechend handeln. Man nütze die Möglichkeiten der Kurzarbeit für die Mitarbeiter und beschloss den zweiten Standort – das großzügige Palais Schönborn-Batthyány aufzugeben. Doch aktuell sind die beiden Galeristen wieder vorsichtig optimistisch. Wir haben sie diese Woche besucht.

PARNASS: Nach der TEFAF Maastricht ward Ihr nicht sehr optimistisch. Wie geht es euch aktuell?

Lui Wienerroither: Die TEFAF war ein schwerer Einschnitt und uns ist es tatsächlich nicht sehr gut gegangen, viele unserer Kunden sind nicht gekommen. Ein zentraler Punkt ist, dass wir sehr qualitätsvolle Ware haben, aber dadurch natürlich auch entsprechende Verbindlichkeiten. Hochwertige Ware ist mit hohen Kapitaleinsatz verbunden. Das heißt, wenn dann nur Kosten entstehen, aber die Einnahmemöglichkeiten wegfallen, dann wird es kritisch, da wir ja dieses Finanzierungsrisiko tragen. Aber um zum Positiven zu kommen. Wir haben durch unsere Online-Aktivitäten einiges bewegen können und das hat uns sehr geholfen, die Liquiditätslücken zu schließen. Wir haben hier neue Tools entwickelt, wie etwa unseren Onlinekatalog, der doch sehr gut angenommen wurde.

Für viele ist es auch ein Impuls jetzt einzusteigen und mit einer Sammlung zu beginnen und so konnten wir auch an neue Sammler etwas verkaufen.

Lui Wienerroither

Prunkräume W&K Palais ©  W&K-Wienerroither & Kohlbacher I Fine Art VIenna

Ebi Kohlbacher: Dadurch, dass die Leute aktuell nicht Reisen können, nicht in die Restaurants gehen können, die Aktivitäten insgesamt sehr eingeschränkt sind, gibt es, so haben wir bemerkt, ein viel größeres Interesse Online zu blättern, zu schauen und auch unsere attraktiven Preisangebote zu nutzen. Die Krise wird vorbeigehen und die Preise wieder steigen, so dass viele Sammler jetzt auch die Chance nützen, gute Kunstwerke zu einem attraktiveren Preis zu erwerben.

P: Betrifft diese Krise euer Portfolio an Gegenwartskünstlern, oder auch euer Segment der Klassischen Moderne? Wie sieht hier zur Zeit der Markt aus?

LW/EK: Nein im Gegenteil. Wir haben gerade im Bereich der Klassischen Moderne verkauft. Gerade sie hat jetzt große Chancen, weil die Leute jetzt auch bis zu einem gewissen Grad Anlagen suchen. Durch die Ausgaben der Regierung ist auch die Gefahr der Inflation vorhanden, Die Kunst als Sachwertbereich und als Anlage wird dadurch attraktiver. Für viele ist es auch ein Impuls jetzt einzusteigen und mit einer Sammlung zu beginnen und so konnten wir auch an neue Sammler etwas verkaufen. Die Menschen sind mit Anleihen und Wertpapieren aktuell sehr vorsichtig. Daher sind wir überzeugt, dass gerade der Bereich der Klassischen Moderne wieder sehr attraktiv wird.

EK: Wir konnten aber aktuell auch eine prachtvolle Arbeit von Max Weiler an einen Sammler verkaufen, der das Bild vor einiger Zeit auf einem unserer Messestände gesehen hat und sich jetzt zum Kauf entschlossen hat. Durch den Slow Down kommt man wieder dazu, sich mit der Kunst zu beschäftigen.

P: Stichwort Slow Down. Wird sich der Kunstbetrieb verändern?

EK: Ganz sicher. Auch wir haben durch die vielen Messebeteiligungen und Ausstellungen einen unglaublichen Speed erzeugt. Wir haben zwar viel umgesetzt, aber haben dadurch auch wieder sehr hohe Kosten gehabt, sodass am Ende das Risiko sehr gestiegen ist und nicht in Relation zum Gewinn stand. Wir nutzen auch die Zeit mit unseren internationalen Sammlern in Kontakt zu bleiben, führen viele Telefonate. Das hat, finde ich auch wieder eine ganz besondere Qualität.

P: Ist die Zeit der großen Kunstparties und Events vorbei, tritt an diese Stelle wieder ein das Conaisseurship?

EK: Für mich sind die Messen, wie Art Basel Miami Beach, die nur noch aus Parties besteht, nicht mehr relevant. Aber auch bei anderen Messen hat man bemerkt: Die Händler waren ausgeblutet. Nur noch ein kleiner Teil hat etwas verdient. Daher ja, es ist total notwendig, dass sich das nun wieder bereinigt. Ich bin überzeugt, es wird ein Reset geben und wir werden wieder klein beginnen. Es wird sich zeigen, ob alle Messen überleben werden, das betrifft auch so Big Player wie die Art Basel, wo der Konzern dahinter aktuell in großen Schwierigkeiten steckt. Viele Händler auch wir, haben jetzt nicht die Nerven eine große Summe in eine Messe zu stecken, ohne zu wissen, ob überhaupt internationale Sammler kommen.

Lui Wienerroither, Foto: L.Caputo

Es wird sich zeigen, ob alle Messen überleben werden, das betrifft auch so Big Player wie die Art Basel, wo der Konzern dahinter aktuell in großen Schwierigkeiten steckt.

Ebi Kohlbacher

P: Mehr Qualität statt Quantität?

LW: Auf jeden Fall. Es wird zu einer gewissen Bereinigung des Marktes kommen. Vieles an Veranstaltungen, bei denen sich die Händler am Limit bewegt haben, wird wahrscheinlich nicht mehr weiter bestehen. Eine Gefahr besteht sicher auch für sehr kleine Galerien. Wie sehr das Mittelsegment betroffen ist, kann man jetzt noch nicht absehen, aber es wird schwer. Auch durch die Macht der Messe, die bis in das Ausstellungsprogramm hineinregieren.

EK: Ob sich die Vielfalt der Messen, allein hier in Österreich hält? Wir haben immer sehr viele Messen gemacht. Auch um mit einer anderen Messe, die schlechte Performance der vorherigen aufzufangen. Ich denke wir werden in Zukunft sehr genau überlegen, welche Messen wir machen. Mein Traum wäre nur an den drei wichtigsten Messen teilzunehmen, den Speed und die Kosten rauszunehmen. Ich denke diese Überlegungen stellen auch andere Händler an. Für dieses Jahr kann man eine Reisetätigkeit nicht verantworten und damit auch keine Besucher auf den Messen, d.h. ich glaube nicht, dass die für Herbst angekündigten Messen wirklich stattfinden werden.

Stiegenaufgang W&K Palais © W&K-Wienerroither & Kohlbacher I Fine Art VIenna

Die Bespielung des Palais ist nun doch nicht ganz ad acta gelegt.

Lui Wienerroither

P: Ist es jetzt Zeit auch verstärkt das heimische Publikum zu gewinnen?

LW: Natürlich sind wir stark international orientiert, dennoch glaube ich, es ist jetzt die Zeit den Fokus wieder stärker auch auf den heimischen Sammler zu richten. Gerade jetzt ist die Chance vorhanden, da die Reisetätigkeit noch lange eingeschränkt bleiben wird. Es ist ja interessant, dass wir österreichische Sammler in Maastricht oder auf anderen Messen sehen, sie jedoch kaum bis nie in die Galerie kommen. Diese auch in Wien für einen Besuch zu gewinnen, wird eine der Aufgaben in der nächsten Zeit sein.

EK: Aber natürlich kaufen die Leute bei einem Messebesuch in einer anderen Stadt auch ein Erlebnis. Es ist auch die Atmosphäre die zum Kauf bewegt. Das wird schwer sein zu vermitteln.

P: Es gibt aktuell auch viele Forderungen seitens der Galerien, wie erhöhte Ankaufsbudgets für Museen, die sie in heimische Galerien investieren. Was sind eure Desiderate? Wäre die Senkung der Mehrwertsteuer nicht auch ein wichtiger Schritt?

EK: Ankäufe von den Museen wäre eine sehr gute Idee und eine stärkere Kooperation wünschenswert. Und die Senkung der Mehrwertsteuer wäre eine große Hilfestellung. Die Erhöhung um drei Prozent klingt nicht nach sehr viel. Ist jedoch gewaltig. Wenn ich Ware aus dem Ausland hereinbringe, ist oft die Mehrwertsteuer, die ich abführen muss, höher als die Spanne, die ich aufschlagen kann. Bedenkt man, dass man dem Sammler zumeist dann noch einen Rabatt gewährt, ist das Segment des Gewinns sehr eng, oder gar nicht mehr vorhanden. Auch um international wieder konkurrenzfähig zu sein, wäre eine Senkung höchst notwendig, zumindest auf zehn Prozent, sieben Prozent wären noch besser. Es wäre ein große Hilfestellung für die Künstler und den Handel.

P: Nach der Rückkehr aus Maastricht habt ihr gemeint, die Ausstellung im Palais völlig aufzugeben, wie sieht dies aktuell aus?

LW: Die Bespielung des Palais ist nun doch nicht ganz ad acta gelegt. Daniel Schönborn hat uns zunächst einmal sehr kulant, die Miete auf ein Minimum gesetzt. Das heißt wir haben jetzt Zeit zu überlegen. Mit Sicherheit jedoch können wir den Betrieb in dieser Form, auch mit der Anzahl an hoch qualifizierten Mitarbeitern nicht aufrecht erhalten. Das ist nicht mehr zu schaffen.

Mit Sicherheit jedoch können wir den Betrieb im Palais in dieser Form, auch mit der Anzahl an hoch qualifizierten Mitarbeitern nicht aufrecht erhalten (...)

Lui Wienerroither

Aber wir werden uns überlegen in welcher Form wir das Palais, bis zu einem gewissen Teil weiter bespielen, das heißt auch mit veränderten Öffnungszeiten. Denn sind wir uns ehrlich, nach der Vernissage, wo immer viele Leute kamen und wir tolle Feste feiern konnten, waren es zumeist nur noch Gelegenheitsbesucher. Meist haben sich die Verkäufe rund um die Eröffnung entschieden, oder wenn wir individuell mit einem Sammler die Ausstellung besucht haben. Wir haben faktisch einen Museumsbetrieb aufrecht erhalten und finanziert. Das heißt, man kann mit knapperen Öffnungszeiten, reduziert auf Kernzeiten oder mit kleinen Gruppen nach Voranmeldung dies auch sehr gut betreuen. Auch stellt sich die Frage, konzentrieren wir uns auf die sogenannten „weißen Galerieräume“ oder bespielen wir auch die Prunkräume. Das ist derzeit alles noch etwas in Schwebe. Es wird reduziert werden, denn es ist in der bisherigen Form schlicht nicht finanzierbar. Wir haben die Ausstellungen und den Betrieb ja aus unseren Kapital heraus finanziert, aus den Einnahmen der Messen etc.

W&K Palais © W&K-Wienerroither & Kohlbacher I Fine Art VIenna

EK: Ja wir haben das bisher ja sehr gerne gemacht in den letzten vier Jahren. Jede der Ausstellungen war wunderschön. Aber es ist ein enormer Kostenfaktor, der nun nicht wie bisher finanzierbar ist.

P: Was heißt das aktuell konkret für die laufende Ausstellung Jakob Gasteiger?

EK: Die Ausstellung ist derzeit noch zu sehen, und auch die geplante Schau Hans Kupelwieser wird kommen. Es wird natürlich keine Publikumseröffnung geben, aber dafür werden wir sehr viel Online machen und im Rahmen der erlaubten Rahmenbedingungen auch kleine, interessierte Gruppen durchführen. Dazu gibt es noch allerdings noch keine konkreten Überlegungen, wir werden sehen, was möglich ist. Aber insgesamt sind wir überzeugt: Qualität wird sich durchsetzen. Kunst ist ein Faktor. Die aktive Nachfrage von Leuten ist vorhanden, besser als ich es erwartet habe.

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