Do you think this artwork should be censored? Meta does!
Und wieder einmal hat Meta Kunstwerke, in denen nackte Körperteile zu sehen sind, zensuriert. PARNASS war ebenfalls schon einmal betroffen, als wir das Cover mit einer wunderbaren Malerei von Vivian Greven gepostet haben. Nun traf es – erneut – das Leopold Museum, konkret Bilder und Zeichnungen von Christian Schad und Egon Schiele.
Vor allem, wenn es um scheinbar sexuelle Inhalte geht, ist Metas Algorithmus unerbittlich, dafür ist er bei Gewaltdarstellungen zumeist umso toleranter. Die Prüderie der USA ist hier voll in ihrem Element, man darf zwar bereits in jungen Jahren Waffen mit sich führen, aber Nacktheit geht nicht! Laut Richtlinien von Meta dürfen Werbetreibende keine Anzeigen schalten, in denen Nacktheit oder sexuelle Handlungen von Erwachsenen abgebildet werden – und das trifft auch bereits angedeutete Nacktheit, die nur durch ein digitales Overlay kaschiert wird und Bilder, die sich auf einzelne Körperteile wie Unterleib, Gesäß, weibliche Brüste fokussieren oder Posen darstellen, die sexuelle Aktivitäten simulieren. Ob es sich dabei um Pornografie oder Kunst handelt, erkennt der Algorithmus nicht. Und so schießt Meta damit, dass auch künstlerische Darstellungen von der Zensur betroffen sind, in seinem durchaus wichtigen Anliegen, ihre Digitalplattformen von Pornografie zu schützen, regelmäßig über das Ziel. Kunstwerke von Alten Meistern bis zur Gegenwartskunst werden zensuriert und die Institution, die diese Inhalte gepostet haben, gesperrt oder neuerdings mit einem Shadowban belegt.
Neue Sachlichkeit im Fokus von Meta
Christian Schads „Selbstbildnis mit einem Modell“ von 1927 dient als Werbe- Marketingsujet der aktuellen Ausstellung „Neue Sachlichkeit“ des Leopold Museums. Prompt wurde das Museum mit einem Shadowban belegt. Meta umgeht damit das aufwendige Sperren, blockiert jedoch den Account, die Beiträge werden nicht mehr angezeigt, die Institution verliert an Reichweite. Das Leopold Museum reagierte prompt – und lanciert eine gelungene Kampagne, die mit der expliziten Frage: „Do you think this artwork should be censored? auch zur Diskussion einlädt und bittet darum, das Sujet zu teilen, um einmal mehr auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Die Kampagne hat binnen kurzer Zeit bereits eine Reichweite von 100.000 Aufrufen erreicht – und wird vor allem auch von vielen Künstler:innen geteilt, so die Online-Abteilung des Leopold-Museums, sind sie doch selbst Betroffene.
Sucht Meta auch explizit nach homoerotischen Inhalten?
Betroffen war auch eine Lithografie nach der Silberstiftzeichnung des Künstlers „Liebende Knaben“ von 1929. Beinahe 100 Jahre später ist man eben in Sachen Bildsujets nicht mehr so offen. Ebenso eine Zeichnung von Egon Schiele von 1910, die den Künstler Erwin Dominik Osen zeigt. Zu sehen ist Osen als Akt mit überkreuzten Armen – keine sexuelle Handlung, keine weiblichen Brüste und keine Geschlechtsorgane. Vielmehr ist Osen als androgyne Figur in der für Schiele typischen Formensprache dargestellt. Das Bild war Teil des Blogs „Gay in Wien um 1900“ auf der Webpage des Leopoldmuseums – und wurde prompt zensuriert. Genügt also bereits das Wort „gay“ in einer Headline, um bei Meta in Ungnade zu fallen? Müssen wir uns jetzt unsere Inhalte von Algorithmen diktieren lassen, die Texte und Bilder kontextuell nicht erfassen können – oder wollen? Es ist nicht das erste Mal, dass man versucht, den US-Konzern darauf aufmerksam zu machen, dass Kunstwerke anderen Kriterien unterliegen.
#ToArtItsFreedom – Vienna strips on Only Fans
2017 schlug der Wien Tourismus mit der preisgekrönten Kampagne #ToArtItsFreedom einen proaktiven Weg ein und setzte diesen 2021 mit der Aktion „Vienna strips on OnlyFans" fort und forderte zu einem Diskurs über die Freiheit der Kunst auf. Auf dem Social Network „OnlyFans", wurden Kunstwerke gezeigt, die Teile des internationalen Kunstkanons sind, aber aufgrund von Nacktheit auf anderen sozialen Medien der Zensur unterliegen. – to be continued, denn Meta setzt seine Zensur ungehindert fort.