Die Roberta Keil Galerie eröffnet am Samstag in Wien

Am Ende des vergangenen Jahres verwiesen einige marktwirtschaftliche Indikatoren in der österreichischen Galerienszene darauf, als dass nach der Schließung von Wonnerth Dejaco einige andere Ausstellungsräume diesem Beispiel folgen müssten. Bis Anfang März wurden jedoch diese Annahmen falsifiziert. Und mit der Galerie von Roberta Keil gibt’s sogar schwungvoll-kontrastreichen Zuwachs in der Szene.
„Hier ist …“ Diese Kurztextzeile der österreichischen Pop-Ikone Falco bleibt hier einmal unkommentiert stehen.
Beim Besuch am vergangenen Samstag präsentierte sich der Ausstellungsraum der gebürtigen Wienerin Roberta Keil in der Wiener Breite Gasse mit unzähligen verpackten, über den Space verteilten Bildern und Skulpturen. „Es war eine lange Fahrt mit dem Transporter“, erzählt Roberta Keil im Gespräch mit PARNASS. Sie hätte am Tag zuvor noch die Finissage einer Ausstellung in Berlin gehabt, danach alles relativ schnell abgebaut, im Transporter verpackt und sich auf nach Wien gemacht, berichtet die Kunsthistorikerin über ihre etwas hektische Ankunft in der Donaumetropole. Denn am kommenden Samstag eröffnet sie hier als Galerie ihre Premierenausstellung mit dem Titel „Zu viel Hitze“.
Klingt die Eröffnung einer Galerie in diesen Tagen nicht etwas kühn und verwegen? Und das in Wien? Wenn man jedoch mit der 1991 in Wien geborenen Galeristin über ihren Lebensweg und ihre Konzeption diskutiert, dann wirkt es letztendlich nicht mehr ganz so riskant und an sich wohlüberlegt.

Elisa Breyer, No Matter how hard i try, i ́ll never be clean enough, 2025, Öl auf Leinwand, 85x70cm
Über Hamburg, New York und Berlin zurück nach Wien
Roberta Keil hat in Wien studiert und in Hamburg ein Erasmus-Studium absolviert. Nach ihrem Abschluss führten sie Zwischenaufenthalte über Kapstadt und New York (ein Praktikum im MoMA) nach Berlin. Hier sammelte sie praktische (Verkaufs-)Erfahrung bei den Auktionshäusern Bassenge und Grisebach. Im Zuge der Organisation von Auktionen für das KW (Kunstwerke Berlin) und für diverse Charitys vertiefte sich ihr direkter Kontakt zu zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern. Diese Auseinandersetzungen und inhaltlichen Vertiefungen führten bei Roberta Keil dazu, dass in ihr die Idee reifte, selbst eine Galerie zu eröffnen. Mit dem Grundkonzept junge Künstlerinnen und Künstler aus Wien und Berlin in den beiden Städten wechselseitig zu präsentieren. Zu Beginn als Pop-Up-Galerie in den Metropolen – das spart zwar Fixkosten, aber hindert an der konstanten und wichtigen Sammler:innenbetreuung, wenn die nicht wissen, wo sie schnell und unkompliziert persönlichen Kontakt aufnehmen können.
Daher doch Fixpunkt Wien:
Bei all den negativen Dingen, die sich zurzeit in Berlin abspielen, ist diese Stadt trotzdem ein Hotspot für aktuelle Kunst. Aber es gibt halt gar keinen Markt – die Galerien müssen in anderen deutsch-sprachigen Städten ihr Backup, ihr Hauptquartier haben!
Deswegen hat sie fast über ein halbes Jahr in Wien einen Raum gesucht und in der Breite Gasse gefunden: „Es hat irrsinnig lange gedauert, etwas Passables zu finden, wenn man bedenkt, wie viel Leerstand es in der Stadt gibt“, erklärt sie. Sie war schon nahe daran, in Fünfhaus oder Ottakring zu eröffnen. Aber die Immobilität der Wiener:innen hat sie davon abgehalten.
Wenn sie aber in vielen Dingen so unbeweglich sind, warum dann doch Wien?
„Sie sind treu!“, gibt sie unumwunden zu. „Wenn du hier einmal Sammler:innen gewonnen hast, dann kommen sie immer wieder. In Berlin suchen sie das Weite – und das ist etwa aufgrund der Distanzen im wortwörtlichen Sinn zu verstehen.“

Roberta Keil © Toska Schwarzaugl
Roberta Keil vermittelt den Eindruck, für eine junge, aufgeschlossene und direkte Galerist:innengeneration zu stehen, die es sehr eloquent bewerkstelligt, zeitgenössische Kunst „on the edge“ ohne große Schnörkel zu vermitteln (und hoffentlich auch zu verkaufen). In die Diskussion über ihre Premierenausstellung „Zu viel Hitze“ flicht sie smart Thomas Bernhard und – titelgebend – Falco ein, legt ihr Preisniveau, das sich meist zwischen 2.000 und maximal 10.000 Euro bewegen wird, dar und verweist darauf, dass sie anfangs mit drei Künstler:innen zusammenarbeiten wird. Mit dem dezidierten Ziel, dass sich das Portfolio innerhalb eines Jahres auf sechs Künstler:innen erweitern wird. Des Weiteren wird sie mit dem Kollektiv „Pegasus Product“, das sich aus einem Fotografen und zwei Malern zusammensetzt, bei der SPARK – quasi als Einstiegsmesse in Wien – vertreten sein. Sie muss jedoch hinzufügen, dass sich „Pegasus Product“ nicht als Kollektiv, sondern als Gemeinschaftspraxis sieht. Aus dieser Bezeichnung und ihren Arbeiten leitet sie für die Gemeinschaftspraxis einen dunklen Humor à la Thomas Bernhard ab.
Ohne Berlin geht’s für mich nicht!
Roberta Keil, die auch weiterhin Ausstellungen in Berlin kuratieren wird, und ihre Galerie sind mit Sicherheit ein spannender und kontrastreicher Zugang für die heimische Galerienszene. Es bleibt zu hoffen, dass der eingangs zitierte Falco-Halbsatz niemals in seiner ganzen Länge auf die Galerie zutreffen wird:

PegasusProduct, Mikrochair (Penny), 2022, Mikrowelle, Spanplatte, Handtuch, Pfandschloss, Möbelfuß, Möbelrollen, ca 45x55x37 cm, Foto: Pegasus Product
„Zu heiß für mich in dieser Stadt.
Hier ist
Zu viel weiß, ich sehe mich nicht satt
Es hat
Zu viel Hitze und da friere ich
Ja, diese Stadt hat nichts für mich und dich …“
Galerie Roberta Keil
Breite Gasse 12, 1070 Wien
Österreich
Vernissage „Zu viel Hitze“
(mit Arbeiten von Elisa Breyer, Louisa Frauenheim, Madita Kloss, Pegasus Product, Brittany Tucker, Albrecht/Wilke und Sahar Zukerman)
Samstag, 8. März 2025