Die beste aller Welten!?

Zur Feier des 20-Jahr-Jubiläums des renommierten Kardinal König Kunstpreises zeigt das Lentos Kunstmuseum in Linz neuere Werke der zehn bisherigen Preisträger. Alle Arbeiten folgen dem Anspruch der Kunstpreis-Jury, sich mit gesellschaftlichen Phänomenen unserer Zeit in einer weltoffenen Art auseinanderzusetzen.
Schlicht und schön ist die Ausstellung im Untergeschoss des Lentos auf den ersten Blick. Es ist die ganze Bandbreite der zeitgenössischen Medien und der zeitgemäßen Themenstellungen, die die Besucher:innen in ihren Bann zieht. Und die Auswahl der Künstler:innen, übrigens alle mit Österreichbezug, spiegelt die Liste der Gewinner:innen der alle zwei Jahre ausgelobten Auszeichnung wider.
Da hängen Jacke und Hose des Hans Schabus an der Wand – Objekte aus der Serie „Ikarus“. Zuerst in einer dem Wachsausschmelzverfahren verwandten Technik durch Hitze von fast 600 Grad verbrannt und in Aluminium abgegossen, stoßen sie Assoziationen zu Identität und Vergänglichkeit an. Seine scheinbar durch den Raum schreitende Skulptur „Hi, how are you“ reflektiert die schwierigen Bedingungen der Kunstproduktion während der vergangenen Pandemie. Schabus war der allererste Preisträger der begehrten Auszeichnung und seine hier gezeigten Arbeiten können als beispielhaft für die Ausstellung gelesen werden.
Kuratorin Brigitte Reutner-Doneus hat jede:n Künstler:in im Atelier besucht, um eine Auswahl zu treffen. „Erst in der Zusammensicht aller Werke hat sich dann der Titel ergeben“, erzählt sie.

Hans Schabus, Ikarus (moosgrau), 2017, Foto: Stefan Lux, © Bildrecht Wien, 2024
‚Die beste aller Welten!?‘ wirft die Frage auf, ob wir tatsächlich in der bestmöglichen Welt leben oder mit Problemen konfrontiert sind, die dringend gelöst werden müssen.
Vis–a-vis lehnen meterhohe, historische Kiefernpfähle des alten Berliner Schlosses an der Wand. Christian Kosmas Mayer hat diese in seine Kunst integriert, hat sie mit Schnitzereien aufgeladen und wirft damit Fragen zum Umgang mit der Geschichte und dem kulturellen Erbe auf.
Eine fast artverwandte Thematik findet sich in Marco Lulić’ Videoarbeit „The Buildung“. Er reflektiert über die Denkmalkultur und das öffentliche Gedächtnis. Sein Film spielt im Rathaus der deutschen Kleinstadt Marl, das als Beispiel moderner Architektur unter Denkmalschutz steht, und konfrontiert dieses mit der Architekturtheorie von unter anderem Le Corbusier, Walter Gropius und Zaha Hadid. Die Auseinandersetzung mit Architektur und Theorie bringt Fragen zur Entwicklung und Funktion von Städten im Wandel der Zeit zur Sprache.

Christian Kosmas Mayer, Atlas/Pilot, 2016/2020, Foto: Dávid Biró, © Bildrecht Wien, 2024

Julia Haller, Ohne Titel, 2022, Foto: Malle Madsen, Bildrecht, Wien 2024
Eine weitere Position ist die in der Steiermark und Wien beheimatete Künstlerin Angelika Loderer. Inspiriert von den Beobachtungen noch funktionierender Ökosysteme, beispielsweise Maulwurfsgängen, nimmt sie Abdrücke von Hohlräumen und Negativformen und macht damit auf die Rolle von menschenunabhängigen Systemen aufmerksam.
Beeindruckend auch das Video des Künstlerkollektivs Nicole Six und Paul Petritsch „Pilot – Dialogisch den Horizont expandieren, von Klagenfurt nach Klagenfurt, 2021“, die Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozesse rund um menschliche Pionierleistungen und Entdeckungsfahrten stimulieren, ebenso wie die Arbeit der diesjährigen Preisträgerin Nika Kupyrova. Die in der Ukraine geborene Künstlerin lebt seit vielen Jahren in Wien und setzt diverse Medien für ihr raumgreifendes Ensemble „Woman in Green“ ein. Sie nimmt dabei Motive aus dem Roman „The Hollow“ von Agatha Christie auf. Monsieur Poirot kann in diesem Krimi den Mordfall erst dann lösen, als er beginnt, die tradierten weiblichen Rollenmuster zu hinterfragen.
Für viele Preisträger:innen ist er [der Kardinal König Kunstpreis] ein bedeutender Meilenstein in ihrer künstlerischen Karriere.

Nina Kupyrova, p 127, 2022, © Bildrecht, Wien, 2024
Die Palette der gezeigten Arbeiten, die „bewusst nicht chronologisch angeordnet sind, sondern einem thematischen Ansatz folgen, um ein Narrativ aufzubauen, das die Vielfalt und Tiefe der künstlerischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen zeigt“, wie die Kuratorin betont, „lässt einen roten Faden entstehen, der die Werke miteinander verbindet und die Betrachter:innen auf eine Reise durch verschiedene Interpretationen der gegenwärtigen Welt mitnimmt.“
Der Kardinal König Kunstfonds wurde dank einer Initiative des umtriebigen Prälaten und Kunsthistorikers der Erzdiözese Salzburg Johannes Neuhardt ins Leben gerufen, nimmt die Weltoffenheit des 2004 verstorbenen Kardinals zum Vorbild und gilt seitdem als Beispiel für den fruchtbaren Dialog zwischen Kunst und Kirche. „Für viele Preisträger:innen ist er ein bedeutender Meilenstein in ihrer künstlerischen Karriere, um sich zu etablieren und zu medialer Präsenz zu gelangen“, so die Kuratorin der Ausstellung.

Kerstin von Gabain, Pinocchio I, 2023, Foto: EXILE, Wien
Lentos Kunstmuseum
Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz
Österreich
Die beste aller Welten!?
20 Jahre Kardinal König Kunstpreis
bis 02.02.25