Berlin ruft! die Highlights des Gallery Weekends 2025

NAGEL DRAXLER, Portrait Nadya Tolokonnikova, © Pussy Riot

Premieren über Premieren. Neue Zusammenarbeiten, einmalige Projekte: Das 21. Berliner Gallery Weekend vom 2. bis 4. Mai erfindet sich jedes Jahr neu. Und bleibt sich treu: Ein Wochenende lang eröffnen Berliner Galerien gleichzeitig ihre neuen Ausstellungen. In diesem Jahr sind es 51, die an 61 Standorten etablierte und neue, erstmals ausgestellte und extra in Auftrag gegebene Kunst in 80 Ausstellungen präsentieren. Dazu kommen zahlreiche Kunstgespräche. Einige Galerien setzen bewusst auf Zusammenarbeit und denken aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Gallery Weekend darüber nach, nicht nur die gleichen Künstler zur gleichen Zeit zu zeigen, sondern häufiger Eröffnungen und Eröffnungspartys gemeinsam zu organisieren.


Doch wie immer bei einem solchen Kunst-Event: Niemand wird alles sehen können – zumindest nicht am ersten Mai-Wochenende. Doch die Ausstellungen bleiben geöffnet und läuten einen Kunstfrühling voller Entdeckungen ein. Denn die Berliner Galeristinnen und Galeristen stehen für Vielfalt. Marie-Blanche Carlier, die 1991 die Galerie Carlier/Gebauer mitgründete, sagte angesichts von Forderungen, auch die Galerienszene stattlich zu fördern: „Staatliche Förderung kann auch problematisch sein, indem es eine künstliche Szene schafft mit den immer wiederkehrenden Namen. Es entspricht dann nicht unbedingt der Komplexität der Kunst. Es werden häufig die gleichen Positionen gefördert. Was uns Galerien ausmacht, ist auch, dass wir hundertprozentig eigenständig agieren müssen und dies schafft eben auch eine große Vielfalt.“

Um sich im Dickicht der Möglichkeiten optimal zu orientieren, bieten die Organisatoren des Gallery Weekend Touren auf ihrer Internetseite an. Hier eine kleine Auswahl besonderer Projekte von Uta Baier.


Galerie Buchholz, Galerie Nagel Draxler, Neue Nationalgalerie

Die Neue Nationalgalerie ist zwar keine Galerie, beteiligt sich aber trotzdem am Gallery Weekend. Direktor Klaus Biesenbach lädt zu mehreren Art Talks in sein Museum. Am Samstag (3. Mai) spricht er mit den Künstlerinnen Anne Imhof und Nadya Tolokonnikova (Pussy Riot) über das Erschaffen neuer Welten in der Kunst.
Die Arbeiten der beiden Künstlerinnen sind in den Berliner Galerien prominent vertreten: Anne Imhof stellt in der Galerie Buchholz aus, Nadya Tolokonnikova bei Nagel/Draxler.

Außerdem zeigt die Neue Nationalgalerie ihr neuestes Geschenk: „Deutschland versenken“ aus dem Projekt „Deutschland ’99“ von Christoph Schlingensief. Da das Video „Deutschland versenken“, das in New York entstand, nur eineinhalb Minuten dauert, bleibt sicher Zeit für die Ausstellung „Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft“. Auch zu Schlingensiefs Arbeiten gibt es ein Gespräch. Klaus Biesenbach spricht am Freitag (2. Mai) um 11 Uhr mit dem designierten Intendanten der Berliner Volksbühne Matthias Lilienthal. 

Galerie Buchholz: Fasanenstr. 30
Galerie Nagel Draxler: Weydingerstr. 2/4

Neue Nationalgalerie: Potsdamer Str. 50

Anne Imhof, Romeo, 2025, Öl auf Leinwand, Courtesy Galerie Buchholz

Anne Imhof, Romeo, 2025, Öl auf Leinwand, Courtesy Galerie Buchholz


Galerie Nome

Die Galerie Nome ist nicht nur zum ersten Mal Teil des Gallery Weekend, sie arbeitet auch erstmals mit der in Berlin lebenden Künstlerin, Archivarin und Spiele-Entwicklerin Danielle Brathwaite-Shirley zusammen. Die Ausstellung „UNCENSORED“ zeigt neue Arbeiten, darunter Gemälde, Zeichnungen, Kleiderständer, Ton- und Video-Arbeiten, „die den Betrachter mit Emotionen konfrontieren, die wir oft unterdrücken“, heißt es in der Ankündigung. Danielle Brathwaite-Shirley sagt über ihre Motivation: „Ich schaffe Arbeiten, die versuchen, Schwarze Trans-Erfahrungen zu archivieren.“ Im Mittelpunkt steht bei ihrer Kunst immer der Körper, den sie in verschiedene Umgebungen versetzt.

Galerie Nome: Potsdamer Str. 72

Danielle Brathwaite-Shirley, Skeptical, 2025. Archival Inkjet Print, 100 x 70 cm Courtesy the artist and NOME, Berlin

Danielle Brathwaite-Shirley, Skeptical, 2025. Archival Inkjet Print, 100 x 70 cm Courtesy the artist and NOME, Berlin


Ebensperger

Die Galerie Ebensperger hat großen Spaß daran, ungewöhnliche Orte zu bespielen. Zwischen 2013 und 2023 hatte sie ihre Räume in einem ehemaligen Krematorium, jetzt zeigt sie Kunst in Berlins ältestem Gasometer-Rundbau in der Fichtestraße in Berlin-Kreuzberg. Das Gasometer wurde 1874-76 gebaut, 1940 zu einem „Mutter-Kind-Bunker“ mit entsprechend dicken Wänden und Decken umgebaut. Nach dem Krieg war das Gasometer Wohnort für ausgebombte Berliner, später Gefängnis, Altenheim, Obdachlosenasyl, ab 1963 Lager. Im Volksmund wurde es einigermaßen passend „Bunker der Hoffnungslosen“ genannt. Heute gibt es dort Wohnungen mit Dachgärten, historische Ausstellungsräume und die Galerie Ebensperger, die zum Gallery Weekend gleich drei Ausstellungen präsentiert. Sie zeigt Bonnie Camplin & The Beat Messenger mit ihrem Langzeit-Gesprächsprojekt „The Holographic Universe“, Ludwig Schönherrs „Elektronikfilme“ und Julius Deutschbauers „Bibliothek der ungelesenen Bücher“. Deutschbauer stellt seine Bibliothek vor und wird Besucher zu ihren ungelesenen Büchern befragen.

Galerie Ebensperger: Fichtestraße 6

Bonnie Camplin, Jamaica 1, 2016, Filzstift auf Papier, Foto: Ludgar Paffrath

Bonnie Camplin, Jamaica 1, 2016, Filzstift auf Papier, Foto: Ludgar Paffrath


Schiefe Zähne

Schiefe Zähne ist nicht nur ein lustiger Name für eine Galerie, er steht für den Erfolg eines Künstlerprojektes. Die 2017 von Hannes Schmidt gegründete Galerie wurde in diesem Jahr vom Kunstmagazin Frieze zu einer der „Five Galleries to Watch“ gekürt. Zum Weekend eröffnet Hannes Schmidt die zweite Einzelausstellung von Phung-Tien Phan. Die in Essen geborene und dort lebende Künstlerin zeigt in ihrer Ausstellung „Kein Charakter“ neue Arbeiten aus ihrer Dino-Serie, in der sie Spielzeugdinosaurier mit alltäglichen Gegenständen zu geschichtenerzählenden, gern erratisch-wunderlichen, skulpturalen Assemblagen zusammenfügt. 

Galerie Schiefe Zähne: Potsdamer Str. 103

Phung-Tien Phan, Trust Camp (normal), 2018, Stuhl, Chicco-Mobile, Fliegengitter, Lüsterkristalle, Rosenzweige, 45 x 70 x 160 cm

Phung-Tien Phan, Trust Camp (normal), 2018, Stuhl, Chicco-Mobile, Fliegengitter, Lüsterkristalle, Rosenzweige, 45 x 70 x 160 cm


KaDeWe 

Die größte und am längsten zugängliche Ausstellung findet in diesem Jahr nicht in einer klassischen Galerie statt, sondern im berühmtesten Kaufhaus der Stadt, dem KaDeWe. Ganz in der New Yorker Tradition der 1960er Jahre stellt das Kaufhaus seine zehn Schaufenster der Kunst zur Verfügung.

Tauentzienstr. 21-24

SCHAU, FENSTER im KaDeWe, 2025, Isabella Ducrot, Big Bella Terra, 2024, Courtesy Isabella Durcrot und Capitain Petzel, Berlin, Foto ©Ludger Paffrath

SCHAU, FENSTER im KaDeWe, 2025, Isabella Ducrot, Big Bella Terra, 2024, Courtesy Isabella Durcrot und Capitain Petzel, Berlin, Foto ©Ludger Paffrath


Ein Tipp abseits des Gallery Weekends: Kraftwerk

In den imposanten Räumlichkeiten des Kraftwerk Berlin findet nicht nur das Gallery Weekend-Dinner statt, sondern auch eine besonders empfehlenswerte Ausstellung der französischen Künstlerin Laure Prouvost.

Wer das Kraftwerk betritt, findet sich in einer neuen Zauberwelt wieder. Tücher wallen, Wesen fliegen, Gerüche wabern, Videobilder flimmern.
Für die Ausstellung WE FELT A STAR DYING hat sich die Künstlerin mit der Quantenphysik beschäftigt. Das Projekt ist eine Auftragsarbeit der LAS Art Foundation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen. Laure Prouvost hat für dieses Projekt nicht nur mit dem Philosophen Tobias Rees und dem Wissenschaftler Hartmut Neven gesprochen, sie hatte auch die Möglichkeit, Wissenschaftler zu treffen, die mit einem Quantencomputer arbeiten und die mit einem neuen KI-Modell experimentieren, das auf Daten aus diesem Quantencomputer zurückgreift. Die Übersetzung von Laure Prouvosts Erfahrungen in eine Installation ist ebenso erratisch wie beglückend. 

Kraftwerk Mitte, Köpenicker Straße 70
Achtung: Ticketerwerb ausschließlich online

Laure Prouvost, WE FELT A STAR DYING 2025. Installationsansicht im Kraftwerk, Berlin. In Auftrag gegeben von LAS Art Foundation, gemeinsam mit OGR Torino. © 2025 Laure Prouvost. Foto: Andrea Rossetti © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Laure Prouvost, WE FELT A STAR DYING 2025. Installationsansicht im Kraftwerk, Berlin.  In Auftrag gegeben von LAS Art Foundation, gemeinsam mit OGR Torino. © 2025 Laure Prouvost. Foto: Andrea Rossetti © VG Bild-Kunst, Bonn 2025


GALLERY WEEKEND BERLIN

02. – 04.05.25

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Gallery Weekend Berlin 2025, Logo

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